Auf ein Bierchen mit Herzblut - der Sonntagsstammtisch

  • Von Bürokratiemonstern, die bestimmt gerne Rolf Zuckowski hören


    "Nu Mensch," denkt sich das Herzblut, "wie riechts denn heute hier schon von Weitem?" Er öffnet die Tür, sein Weg führt ihn sofort zur Wirtin: "Hior Chefin, grüß dich - sach bloß, du hast och schon so wie ich de ersten Weihnachtskekse gebacken?" Sie hat noch einen draufgelegt - in der Kinderecke stehn 2 Tische und dort schwingen paar kleine Würmchen mit mehlbestäubter Nase fleißig das Nudelholz aufm Mürbeteig. Und so bekommt heute jeder hier als Kompott einen handwerklich einwandfreien Keks zum Probieren. Der Stammtisch hat bei dem Anblick schon seit geraumer Zeit einen Heidenspaß, die Begrüßungsorgie ist grade passé, da fällt doch irgend jemandem ein: "Na wenn das kein Grund für ein Liedl is, dreie, viere - In der Weihnachtsbäck..." - weiter kommt der Barde nicht, weil da hat er die Rechnung ohne unser Herzblut gemacht "Biste Stille, versau mir nich noch mehr die dynamische Laune!" Er schaut sich um: "Sind die Kinder naus? Hände waschen? Ah ja, na dann...das Lied geht ganz anders, das is von Helmut Sanftenschneider, den habsch das mal bei Nightwash singen hören. Und das geht nämlich so: Klick :teufel: Nachdem die Lachtränen getrocknet wurden und die Wirtin ihm ein kicherndes "Banause - du kriechst dann den kleensten Keks" zugerufen hat, will man von ihm wissen, was er denn bei seiner Kneterei am Backblech anhört. "Och jedes Jahr aus alter Tradition das Gleiche, Gerhard Polt's "Abvent"-CD, die Weihnachts-CD von Olaf Böhme und die Roten Rosen mit Wir warten aufs Christkind, da gibts Pogo in den Ausstechförmchen sach ich euch. Und weil wir quasi beim Thema sind...


    Am Mittwoch hatten wir Sachsen ja wieder unseren Alleinstellungsmerkmal-Feiertag, den Buß- und Bettag. Und das Wetter war eigentlich wirklich in der Richtung meiner persönlichen Definition - entweder du fährst um mal rauszukommen bissl mitm Bus durch die Gegend oder du bleibst im Bett. Richtig hell wollte es nicht werden und so hab ich das gemacht, was ich an dem Tag immer mach - der Weihnachtsstollen wurde gebacken. Uraltes und weitervererbtes Rezept, am Tag vorher wurden die Rosinen und Korinten in Rum eingelegt, am Morgen das Hefestöckl angesetzt - der Rest waren mal wieder althergebrachte Zutaten und körperliche Schwerstarbeit beim Kneten. Ab in den Backofen und nach ner Stunde "Oahr, der duftet dieses Jahr aber wieder!" Stollentüten sind bei mir immer vorrätig, ein extra dafür aufgehobener Schuhkarton auch...er ruht jetzt bis zum Anschneiden aufm Balkon. Danach, die Backröhre war noch so schön warm, wurden die ersten beiden Bleche Weihnachtskekse gebacken und diese mit nem Apfel in ne blecherne Kekstruhe zum Durchziehen zwischengelagert. Als Belohnung gabs dann einen dicken Pfannkuchen mit Äbbelbreifüllung und ein Rosinenbrötchen vom Bäcker des Vertrauens, beides wurde am Vortag von mir dort erstanden, ganz ohne Kassenzettel...


    ...den das wohl niemals sein Hirn einschaltende bundesdeutsche Bürokratiemonster auch meinem Bäcker ab dem 1. Januar nächsten Jahres vorschreiben will. Dafür mal ein Blick zurück: Schon vor paar Jahren mussten auch die Bäckereien und Fleischereien zwangsweise ordentlich Geld in die Hand nehmen und sich komplett neue Kassensysteme mit der Möglichkeit des Speicherns eines jeden noch so kleinen Vorgangs anschaffen. Damit nicht genug, wo neue Hardware, da erschallt auch immer gleich der Ruf nach neuer Software und gleichzeitig kommt auch der Onkel Datenschutz um die Ecke - und so mussten alle auch ein neues Verschlüsselungssystem erwerben. Das alles reicht unserem Monster aber noch nicht und auch sein Auftraggeber, das Bundesfinanzministerium, suchte nach Wegen, die boshafte Brötchen- und Wursthinterzie...ähh Steuerhinterziehung sowie schwarzes Geld in den Kassen auch bei Bäckern und Fleischern möglichst unmöglich zu machen. Und mit diesem Generalverdacht und der Ausübung der Macht erfand man fürs nächste Jahr eine neue "Kassensicherungsverordnung", im Bürokratiemonsterdeutsch "KassenSichV" genannt. Ich zitiere mal aus dieser:

    • "Ab dem 1. Januar 2020 müssen alle elektronischen Aufzeichnungssysteme über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.
    • Über eine einheitliche digitale Schnittstelle muss jederzeit eine fehlerfreie Datenübermittlung von Grundaufzeichnungen an das Finanzamt möglich sein.
    • Alle Geschäftsvorfälle müssen mit Belegen nachgewiesen werden.
    • Alle elektronischen Kassen müssen bei dem Finanzamt gemeldet werden." Zitat Ende.

    Diese anzuschaffende zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung bekam dabei einen vergleichsweise unspektakulären Namen verpasst, sie hört auf "TSE" und besteht aus 3 Modulen: Das Sicherheitsmodul, dies wiederum bestehend aus der "SMA" (Secure Module Application) und der "CSP" (Crypto Service Provider). Dazu kommt das Speichermedium und zu schlechter Letzt noch die digitale Schnittstelle. Ob man mit Letzterer auch Brot oder Wurst in Scheiben schneiden kann, hat das Bürokratiemonster offenbar noch nicht getestet. Und nicht jede "TSE" darf auch verwendet werden, sie muss wie gesagt unbedingt zertifiziert sein. Und dafür sorgt dann ausschließlich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik "BSI" mit sicherlich auch der einen oder anderen Kaufempfehlung für zu verwendende Geräte. Damit nicht genug - die Belege müssen auch verpflichtend ausgegeben werden. Zu jedem Geschäftsfall! Und ausdrücklich ist in dieser Belegausgabepflicht der Kunde nicht verpflichtet, diesen auch mitzunehmen.


    Und nun stelle man sich mal folgendes Szenario vor: Da weilt die gute Greta aus welchen Gründen auch immer mal in Deutschland, sie verspürt Appetit und Hunger und ihr Weg führt sie schnurstracks zum nächsten Bäcker um die Ecke. "Eine Streuselschnecke bitte, liebe Bäckereifachverkäuferin!" Das Hefeteil ist schnell eingetütet und in Windeseile erfährt das zuständige Finanzamt auf dem überwachenden Monitor "Beim Bäcker um die Ecke, da fehlt jetzt eine Streuselschnecke." :ohje: Die Kasse schnurrt vor sich hin und spuckt einen Beleg aus. Und der ist nicht nur aus Papier, der ist aus Thermopapier! Und unsere Greta grübelt, was mach ich nur mit dem Wisch für eine Streuselschnecke? Und was bedeutet das für meine Umwelt? Und so wirds vermutlich 80% der Kunden ab Januar auch gehn - sie werden den Kassenzettel entweder gar nicht annehmen oder postwendend wahlweise in den drinnen bereitgestellten Papierkorb oder in die umwelttechnisch draußen bereitgestellte Pampa werfen.


    Der Landesobermeister des sächsischen Bäckereiinnungsverbandes, selbst auch Bäcker, hat sich dieser Tage mal die Mühe gemacht und diesen Wahnsinn plastisch erklärt: Alleine in Sachsen gibts etwa 1000 Bäckereien, die durchschnittlich 585 Kunden am Tag begrüßen dürfen. Wenn ab Januar dann für jeden Kunden ein Beleg mit etwa 20cm Länge ausgedruckt wird, entstünde Thermopapiermüll von etwa 117 km Länge, also etwa von Dresden nach Leizpzig. Täglich! In 24 Stunden! :stoehn: Und so kommt auch der Innungschef zum Schluss, seine gesamte Branche muss hochverdächtig sein "Als ob wir alle Verbrecher wären und Steuern hinterziehen." Man versucht nun, eine Ausnahmeregelung zu bekommen. Denn die sieht die KassenSichV ausdrücklich vor: "Aus Gründen der Zumutbarkeit und der tatsächlichen Möglichkeit, diese Regelung im täglichen Betrieb umzusetzen, besteht im Einzelfall auch die Möglichkeit, sich von der Belegausgabepflicht befreien uns zu lassen. Hierfür musst Du Dich als Gastronom an das Finanzamt wenden." Man darf gespannt sein, ob die sich flächendeckend drauf einlassen. Sonst gibts keine Streuselschnecke. Schmecken lassen, Greta...und den Zettel nimmst du schön mit! :D


    Mahlzeit und schönen Sonntag, euer Herzblut. :winke:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Alles schwarz


    "Herzblut, heut gibts nüschd zum Nachtisch, de Chefin hat de Kekse anbrenn' lassen!" Unser Stammtischpoet hat sich schon gewundert, was denn beim Betreten des Lokals so müffelt und da liegen sie neben dem Tresen - zwei Bleche mit runden Kohlescheibchen, sorgsam mit nem Wischtuch zugedeckt. Unsre Wirtin seufzt "Ach Mensch, die ganze Orbeed...sach jetzt nüschd Verkehrtes!" Er weiß was sich gehört, begrüßt sie erstmal aufmunternd, holt aus seiner Jackentasche ne größere Tüte mit Schleifchen raus und meint: "Du, musste mich so quälen, gelbes Wischtuch un schwarze Kekse? ;) Hior meine Gudä, ä kleener Gruß aus meiner Backstube - ich wünsch dior 'n scheen 1. Advent!" Sie strahlt und kann sich nich beherrschen "Mensch, die schmecken awor och, die wärn bestimmt nich alt." Auf seine erste gute Tat folgt die zweite, indem er auch dem Stammtisch ne Tüte präsentiert. Sie nehmen es wahr, dennoch dreht sich bereits alles um die Erlebnisse der letzten Tage, die in der Farbe der dahingeschiedenen Kekse unsrer Chefin daherkamen. Dass das Herzblut da seinen Senf dazugeben muss, is wohl klar:


    So, nu hamwer die schwarze Woche endlich hinter uns. Schwarze Woche, schwarzer Freitag, schwarzes Wochenende - der anglizistische Shoppingwahn taumelte auch diesmal von einem Höhepunkt zum nächsten, final gibts bei uns heute noch den verkaufsoffenen Sonntag. Auch ich konnte mich dem diesmal nicht entziehen, mein altes Handy - Spitzname "Kampfeisen" - lag nach ich weiß schon gar nich mehr wieviel treuen Jahren von der Plastikhülle her in den allerletzten Zügen und wurde quasi nur noch vom Tastenfeld und dem Akku zusammengehalten. Und da ich einer bin, der nicht alle 2 Jahre immer wieder auf die allerneuesten Schreie der Anbieter hört, hab ich mir wie bei meinem Kampfeisen damals (war weit, weit vorm Krieg) etwas Vorlaufzeit gegönnt, um alle Eventualitäten der nächsten Jahre abzuwägen. An dieser Stelle kurz mal ein Dankeschön für die Ratschläge einiger User in meine Richtung...ab jetzt muss ich mich in die für mich völlig neue Welt auch erstmal reinfitzen, für jeden sachdienlichen Tipp bin ich euch auch weiterhin dankbar. Mein altes Kampfeisen aber, ich bleib ihm treu: Es dient mir ab jetzt ganz einfach als Wecker und als Eieruhr, wegwerfen is nich - Herzblut for Fiudschor! :D


    Was ich aber diese Woche beim Smartphonekauf sowie davor und danach im betreffenden Einkaufstempel miterlebt hab, grenzt schon an einen resistenten Wahnsinnsvirus, bei dem keine Antibiotika mehr hilft. Seit Montag fragt man sich, wofür brauchen die das alles, was für Massen tummeln sich hier schon ab 10 Uhr und woher haben die trotz Preissenkungen das viele Geld? Das visuelle Epizentrum des schwarzen Horrors erschloss sich mir am anglizistisch gleichnamigen Freitag: Ich hatte Spätdienst und wollte wie immer vormittags meine Einkäufe erledigen. Da krieg ich doch auf der Fahrt zum Einkaufstempel von drei Familien sichtbar sehr mäßigen Niveaus ein höchst interessantes Gespräch in die Ohren gelegt. Um auch wirklich ein jedes Schnäppchen mitsamt ihren Kindern abzufassen, haben die erstmal für klein Jason, Jennifer-Claire und Samantha-Merle ein ganz anderes Schnäppchen abgefasst - nämlich die Krankmeldung für die Schule. Irgendwann stieg dann noch ne vierte Mutter mit ihrem Kind ein und man bereitete nun im Kanon das anstehende Shoppingerlebnis der nächsten Stunden vor. Im Einkaufstempel angekommen, überall Familien - es wurden mehr und mehr - mit Kindern, die eigentlich um die Zeit in der Schule sein müssten. Eine Beraterin konnte am Infostand im Elektronikmarkt nicht an sich halten und fragte vorsichtig bei so ner Familie an, ob heute gar keine Schule wär, offenherzige Antwort des Kindes: "Mama hat dort angerufen, ich bin heute mal krank. Heute is ja Black Friday und heute is ja auch noch Fridays for Future." :look: Danach trafen sich die Blicke der Infotante und vom kopfschüttelnden Herzblut und wir haben uns wahrscheinlich gleichermaßen über den geistigen und emotionalen Zustand jener Eltern in schwarzem Trainingsoutfit ernsthafte Sorgen gemacht. Da verfinstern sich mittlerweile bei so manchen Mitmenschen zügellos die Denk- und Handlungssynapsen - Black Brains in Black Parents meets nicht mehr nur den Black Friday.


    Und dann gehts ab aufn Weihnachtsmarkt, isser bei euch auch schon eröffnet? Die gleichen Buden wie immer, die gleiche grausame Lautsprecher-Mugge wie immer, die gleichen Fressalien wie immer und wie in den letzten Jahren auch Dinge, die mit nem traditionell hochangesehnen Weihnachtsmarkt am Randerzgebirge nichts mehr zu tun haben. Und selbst bei den Touries Kopfschütteln hervorrufen. Und damit mein' ich nicht diesen Weihnachtsbaumkadaver, den se uns diesmal aufn Marktplatz hingestellt haben. Bei uns wars am Freitagabend soweit, dieses Jahr kommt man endlich den Budenbetreibern entgegen und hat die Öffnungszeiten von Sonntag bis Donnerstag bis 20 Uhr und nur noch am Freitag und Sonnabend bis 21 Uhr festgelegt. Richtig so, denn abends verkaufen nur die Fress- und Saufbuden noch ordentlich was, besonders eine Partei sieht das hier in Chemnitz anders und sieht den König Kunde in vorweihnachtlicher Gefahr. Egal, wer da alles, zu welchen Konditionen, in welchem Alter und von wem geschickt, in den Buden frierend aushalten muss. Die ersten Schnapsleichen und angeheiterten Rentnerhuligäns durfte ich also am Freitagabend auf der Heimfahrt von Mutti schon im Bus bewundern. Es roch wirklich nach Allem und der Busfahrer meinte deswegen vorn zu mir "Eichndlisch wolldsch nachert in meiner Bause was essen, nu isses mior endgüldsch forgang'...wie de Wahnies!" :balla: Ich meinte nur zu ihm "Ja, heut kommt alles zusamm' - dor Weihnachtsmarkt, dor Berufsverkehr, 's Wetter, dor Blägg Freidäi un de Fiudschor-Demonstrantengruppen."


    Und davon gibts ja auch eine, die diese Woche auf sich aufmerksam machte, die sog. Students for Future oder wie sie sich selbst betiteln "S4F". Am Montag besetzten Studenten das Audimax der Dresdner TU für Vorträge und Debatten übers klimatische Thema. Das Rektorat stimmte dem zu, dies könne bis Freitag täglich von 9 bis 20 Uhr stattfinden. Bedingung war die Einhaltung der Hausregeln, darunter auch ein Übernachtungsverbot. Die Unileitung musste daraufhin feststellen, dass "online im großen Stil" auch über diese Woche hinaus Schlafplätze im Audimax angeboten wurden und die Studenten und Aktivisten auch die Nacht zum Freitag dort verbringen wollten. Diesen Abmachungsbruch bezeichnete man als "unbeherrschbare Situation, die die TU Dresden nicht länger verantworten konnte." Was folgte, war die Räumung des Hörsaals durch die Polizei, die Studentenseite sprach wie zu erwarten von unverhältnismäßiger Gewalt und es hätten so wörtlich "Unbekannte" den Saal im Netz schon vorm Montag als Schlafplatz angeboten. :vogelzeigen: Worum gings eigentlich? Das Bündnis "Ende Gelände" fordert einen sofortigen Ausstieg aus der Kohleverstromung und hatte im Lausitzer und Leipziger Braunkohlerevier zu diversen Klimaprotesten, Mahnwachen, Blockaden sowie Besetzungen von Tagebauen und Kraftwerken aufgerufen. Wie das gestern ausging, ist bekannt.


    Es ist für unseren studentischen Nachwuchs völlig legitim, sich mit diesem Thema befassen, auch und vor allen Dingen in den Uni's und mit ihren Professoren. Sich aber mit solchen Kräften zu umgeben und zu brüsten, denen der Sinn auch nach Anderem steht, ist einer wissenschaftlichen Zukunft schädlich. Und sie greifen damit nebenbei noch ganze Regionen und deren unschuldigen Einwohner an, die davon leben und leben müssen. Weil es geht zuallererst um deren Heimat und Zukunft. Sie machen sich - wissentlich oder schlimmer noch unwissentlich (?) - mit solchen Aktionen zum Mittäter dessen, was vor fast 3 Jahrzehnten in diesen Regionen angerichtet wurde und was die auch gesellschaftlichen Auswirkungen angeht. Ihr bestimmt mit diesen törricht-dümmlichen Aktionen nicht, wann "Ende Gelände" ist. Ihr dürft euch gerne dafür einsetzen, greift dabei aber endlich zu seriösen Methoden bei den richtigen Ansprechpartnern: :ossi: Sorgt bei denen mit euren hoffentlich brauchbaren Ideen dafür, dass solche Regionen und ihre Bewohner ein vernünftiges Leben führen können, mit einem vernünftigen Ein- und Auskommen, mit vernünftigen Zukunftsaussichten. Und weil alle Theorie grau ist - packt noch besser selbst dabei mit an. Sonst seh ich für euch theoretisch aufstrebende und am Ende marktkonforme "Elite" endgültig Schwarz, denn das wahre Leben da draußen ist kein Audimax. Der womöglich auch mit Kohlestrom beheizt wird, damit euch der praxisferne Arsch nicht abfriert. Welcher wiederum mit ökologisch einwandfreien Markenklamotten aus Fernost bedeckt ist.


    Advent, Advent - ein Lichtlein brennt...besonders auch in der Lausitz. Ich wünsch euch einen schönen selbigen Ersten. Euer Herzblut. :winke:

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  • Wer so schummelt, kriescht nüschd zum Nachtisch


    Na heute gehts aber rund bei uns im Stammlokal: Jedes Kind, was seinen Teller ordentlich aufisst, bekommt von der Wirtin einen kleinen Schokonikolaus. So die Ansage auf der alten Tafel draussen vor der Tür. Das Herzblut ruft ihr beim obligatorischen Begrüßen zu: "Hior Cheffin, gültet das och für uns, mior sin dor alle irschendwie Kinder gebliem?! Und wenn ich zweema ess, kriesch ich da och zwee Leckerli's?" ;) Seine Rechnung wird von ihr prompt mit nem feixenden "alter Fresssack" gekontert und sie widmet sich wie gehabt den Bestellungen. Das Bier will dem Herzblut heut gar nicht so richtig schmecken, er hat ne Horror-Woche hinter sich mit dem großen Finale am Nikolaus-Freitag und er hätte auf 2 "Geschenke" im imaginären Stiefel gut und gerne verzichten können. So sucht er sich bissl Ablenkung mitm geübten Blick an die Nachbartische: Viele Familien mit Kindern dabei und besonders der Nachwuchs lässt sich beim zu erwartenden Schoko-Nachtisch nicht zweimal bitten. Da werden die Fischstäbchen und Eierkuchen im Akkord verhaftet und besonders die Makaroni's habens denen angetan. Das Herzblut ruft laut: "Hior, mal bissl Prosa: Das Makaroni staunt, darf das denn sein, mior schaut wer in de Öffnung rein! Doch die Trauer is kurz, denn der Blick geht gradaus - und kommt off dor andren Seite wieder raus." :D Zwei Tische weiter kämpft ein kleines Mädchen mit den Eierteigwaren und zack, die ganze Schnute bis zum Kinn voller Tomatensoße. Unser Redner bemüht sich, nicht lachen und ist der Kleinen dankbar, dass sie ihm heute mit der Tomatensoße auf die Sprünge hilft.


    Bei dem ganzen chemischen Fraß, dem wir bewußt oder unbewußt beim Griff ins Supermarktregal ausgesetzt sind, ist es ganz gut, wenns da irgendjemanden gibt, der mal bissl genauer draufschaut. Also nicht nur auf unsre Griffel, sondern direkt in die Regale, noch direkter auf die Verpackungen und ihre Lü...ähh Versprechungen. Damit das auch Hand und Fuß hat, gibts seit 17 Jahren den Verein Foodwatch, der sich im Laufe der Zeit zu nem echten Wadlbeißer Richtung Konzerne und Lobbyisten/Politker entwickelt hat. Selbstgesetzte Aufgabe ist die qualitative Überprüfung von Lebensmitteln und die Durchsetzung von Verbraucherrechten. Und weil das ein e.V. ist, muß das Ganze natürlich auch im Behördendeutsch daherkommen, denn dort heißt es, es ginge um die "Bewertung und Information von Verbrauchern auf dem Gebiet der Agrar- und Lebensmittelproduktion, des Handels und des Absatzes von Verbrauchsgütern sowie der Bereitstellung von Dienstleistungen." :augen:


    Dieses Jahr gabs bei Foodwatch was zum Feiern: Seit 10 Jahren sucht man nun schon die alljährlich dreisteste Werbelüge unter den Herstellern und Anbietern und kürt diese mit dem "Goldenen Windbeutel". 5 Produkte standen auch diesmal vorab zur Abstimmung und 4 Wochen lang machten über 70.000 Verbraucher von ihrem Recht Gebrauch, den Etikettenschwindel gebührend zu "würdigen".


    Auf dem 5 Platz landete mit 6,5% der Stimmen der Riegel "Corny Protein Lower Carb“ von Schwartau, alleine schon der dümmlich-anglizistische Begriff grenzt hierbei an Körperverletzung. Inhaltlich kommt der Riegel mit 24% Zucker und 13% Fett daher. Schwartau will diese "Fitness"-Bombe übrigens nun eiligs vom Markt nehmen und "das Produktkonzept“ seines Proteinriegels „komplett überarbeiten“. Man hätte sich bereits schon vor mehreren Monaten dazu entschieden. Soso. :floet:


    Platz 4 belegten die Kameru...hoppala Herzblut, deine sonntägliche politische Unkorrektheit weckt hier gleich wieder irgendwo schlafende Hunde...also Vierter wurden mit 6,7% die Wasabi Erdnüsse von Rewe "Beste Wahl". Drin sind nur molekuler nachzuweisende 0,003 Prozent vom Wasabi, stattdessen gibts nen Cocktail aus Aroma "Typ Senf" und Farbstoff "Kupferkomplexe der Chlorophylle und Chlorophylline". Ach ja, Erdnüsse sind auch nur 27% in der Verpackung, letztere muss vermutlich fürs vollständige Geschmackserlebnis mitgefressen werden. Rewe hüllt sich dazu bisher in Schweigen.


    Tataa - der 3 Platz geht diesmal mit 7,4% an den "100% Bio Direktsaft Karotte“ von Hipp. Bis zum Frühjahr gabs die Brühe in ner 500ml-Flasche, seitdem schrumpelte das Gläschen auf 330ml und Hipp tröpfelte dazu noch 1% Zitronensaft mit rein. Der Preis aber - der ist heiß und selbst ein Walter Freiwald hätte Probleme gehabt, das seriös zu verkünden: Pro Liter stieg der mit jener neuen Verpackung um 95%. :was: Hipp meinte dazu, dass der Preis lange nicht erhöht worden wäre. Aber ich mein - die überall aufstrebenden Hippster/Innen werden schon passend mit Hipp ihren Durst löschen, die hams doch.


    Aufs Silbertreppchen landete mit 26,1% der Stimmen der "Yakult Original" von eben Yakult. Die bezeichnen ihr Erzeugnis mit 9g Zucker übrigens als "Kleine Flasche Wissenschaft“, das Kleingedruckte verräts: "Jedes kleine Fläschchen enthält mindestens 6,5 Milliarden einzigartiger Shirota Milchsäurebakterien. Das Besondere: Die Shirota Bakterien erreichen den Darm lebend." Wissenschaftlichen Belege für eine gesundheitsfördernde Wirkung gibts aber absolut keine, obwohl Yakult nach eigener Aussage seit 85 Jahren an dem "einzigartigen Bakterienstamm" forscht. Und an dem Punkt...Moooment ma...die Flasche ist doch sehr klein und wenn diese Bakterien den Darm lebend erreichen sollen...also am Ende is das Flüssige gar nicht zum Trinken gedacht und muss stattdessen mit der Flasche im...komplett fürn Arsch und mit 8,40€ pro Liter eine hochdreiste Abzocke und Dummfang für die Unintelligenten. :shock2:


    Der Platz an der Sonne gebührt dieses Jahr mit 53,2% der "Kinder-Tomatensauce“ vom Biohersteller Zwergenwiese - lustiger Name übrigens, klingt wie nach Graslandschaft vor nem Kindergarten. Die Tomatensauce aber hats in sich, kein Gras, sondern stattliche 11% Zucker (6,5 Zuckerwürfel pro Portion), die Erwachsenenversion hat stattdessen nur 4,6% Zucker im Glas. Insgesamt 12 Saucen produzieren die - die Kinderpampe ist am Süßesten. Ordinärer Haushaltszucker kommt dabei gar nicht zum Einsatz, sondern 8% Apfeldicksaft., welcher wiederum aus 60-80% Zucker besteht. Damits nicht gleich auffällt, steht vorn aufm Glas "mild-tomatig mit Apfelsüße", auf der Rückseite dann "mit der natürlichen Süße von Äpfeln - enthält von Natur aus Zucker". Zwergenwiese hat damit kein Problem, sondern postete dazu auf der eigenen Faselbuch-Seite: "Je jünger das Kind, desto süßer 'sollte' das Produkt sein." :vogelzeigen: Foodwatch gaben sie zu bedenken, bei der Süßempfindung würden "für Kinder andere Maßstäbe“ gelten. Aber einwas muss man dem Hersteller lassen - sie haben Arsch in der Hose, wegen der Tomatensoße! Am Dienstag passierte was, das noch nie passierte: Zwergenwiese nahm als Erster überhaupt den Preis auch an. Im Schleswig-Holsteinischen Firmensitz kam der Chef höchstpersönlich vor die Tür, griff sich den Pokal und versprach, nicht nur die Kindertomatensauce, sondern alle Kinderlebensmittel im Sortiment überarbeiten zu wollen. Foodwatch will das weiter beobachten, Zwergenwiese will entsprechend kooperieren und überreichte "als Zeichen der Kooperation" den Lebensmittelhütern eine goldene Zwergenmütze. Spaß muss am Ende doch sein.


    Dachte ich. Dann kam am Mittwoch der Heimatsender um die Ecke und spielte mit den personellen Muskeln. Bei allen unterschiedlichen Auffassungen und aller evtl. auch berechtigten Kritik an dem, was er mitunter äußerte und vor allen Dingen, wo er es in der Vergangenheit äußerte - aber auch ich...ich...ach hört doch auf, auf euren künftig sonntagabendlich weichgespülten Programm-Einheitsbrei verzichtet meinereiner ab jetzt. :(


    In diesem Sinne, der schöne Schein hat auch Kleingedrucktes. Schönen 2. Advent, euer Herzblut. :w1:

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  • Hä?Was war denn am Mittwoch beim MDR? Nüscht mitbekommen..... mehr Infos oder Kontext bitte, @SGD-Herzblut.

    Alles Schei*e Tours powered by SGD 2021 bis dato ....

  • Hä?Was war denn am Mittwoch beim MDR? Nüscht mitbekommen..... mehr Infos oder Kontext bitte, @SGD-Herzblut.

    Mein Bruder im Geiste - sehr, sehr heißes Eisen, die Wogen schlagen meterhoch, es geht um meinen Vor-Namens-Vetter. Und weil ich nicht möchte, das unser kleines Miniatur-Dynamoland hier mehr als erwartbar für gewisse Dinge missbraucht wird, schick ich dir ne PN dazu.

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  • Eine Schande in unsrem Lande


    Unser Herzblut ist fast am Stammlokal angekommen und auf seinen letzten Metern sieht er, wie ein altes Ehepaar einem kleinen Mädchen mit seiner wohl alleinerziehenden Mutter an der Hand etwas zusteckt: Es ist eine riesige Apfelsine und ein Mini-Schokoweihnachtsmann. Die Kleine folgt der Aufforderung ihrer unangenehm berührten Mutter und trällert ihnen ein artiges Dankeschön entgegen. Danach gehen sie ihrer sonntäglichen Spazierwege, die beiden Rentner werdender weile vom Herzblut die Tür aufhaltend ins Warme gebeten. Die Brille läuft wie gehabt sofort an, sein Tastsinn funktioniert aber noch gut und er findet sich sogleich am Tresen wieder. Mit nem "Was würdest du für paar Scheibenwischer auf der Brille geben!" begrüßt ihn lachend unsre Wirtin und er bestellt sich sogleich das, worauf er sich schon die ganze Woche gefreut hat - ein kühles Schwarzes und einen dampfend warmen Sauerbraten mit Klößen. Die Wiedersehensfreude am Stammtisch ist wie immer groß, der Durst ebenso und es grummeln auch bei Einigen so langsam die hungrigen Bäuche. Unserem sonntäglichen Redner geht nur diese Szene von vorhin draußen nicht mehr ausm Kopf: "Wisst iohr eischndlich, wie gut mior's hior ham, dass mior uns das jeden Sonntag hior so leisten könn'? Und nich wie andere, die noch nichmal was dafür könn', eemal in der Woche..." Schlagartig kehrt eine etwas andere Ruhe und Besinnung als sonst ein und alles beginnt aufs Folgende zu lauschen.


    Diese Woche hab ich sie mal wieder gesehn. Dieses ältere Ehepaar stand am Mittwoch früh mit ihren beiden übergroßen Taschenwagen bei Schmuddelwetter an der Bushaltestelle und hoffte wie immer, noch in den Bus mit reinzukommen. Mit Erfolg, ein paar Jugendliche begriffen nach meinem erst freundlichen und schließlich energisch-herzblütigen Hinweis, wozu die Bucht für die Kinderwagen auch sonst noch geeignet ist. Die Frau hatte sichtbar Probleme mit dem Rücken und so wurde flugs aus meinem Sitzplatz ihrer und ihr dankbar nickender Mann studierte derweile eine Liste, welche die Beiden wohl noch abzuarbeiten hatten. Nach ner Weile unterhielten sie sich mit paar offenbar bekannten Fahrgästen über die nach wie vor verachtenswerte Praxis der Jobcenter, unbefristet angestellte Teilzeitbeschäftigte und Minijobber zur Kündigung zwingen zu wollen und stattdessen 2 oder gar 3 Ministellen gleichzeitig aufzudrängen. Natürlich mit 2 Steuerklassen und natürlich mit den entsprechenden Folgen. Für das Jobcenter auch überaus positiven Folgen des händereibend finanziellen Rückflusses. :shock2: Auch die Beiden hatten wohl nen derartigen Erpressungsversuch schon miterlebt, das Arbeitsrecht aber - es gibt ihnen Recht und sie würden vermutlich auch viel lieber ganztags arbeiten. Und mit diesen traurigen Gedanken stiegen sie mitsamt ihren großen Kutschen aus. Man sah sie im Vorbeifahren geduldig bei dem Schweinewetter von Haus zu Haus schlurfen und für einen hießigen Dienstleister die Post austragen, dies wie unsereins mit anhörte, täglich ab 5 Uhr. Bei jedem Wetter. Bei mieser Bezahlung. Und mit dem Gedanken, von einer staatlich finanzierten Behörde und deren warm sitzenden und von der Praxis da draußen wenig Ahnung habenden Angestellten mit etwas Pech und so kurz vor der Rente bald wieder gedemütigt zu werden. Die Beiden sollten mir an diesem Tag nicht das letzte Mal übern Weg laufen...


    Diese Woche hat der Paritätische Gesamtverband den Armutsbericht für 2018 vorgestellt. In dem wird berichtet, die Armut ging in Deutschland leicht zurück, aber die Kluft zwischen wohlhabenden und ärmeren Regionen wuchs weiter. Der Hauptgeschäftsführer gab dabei zu Protokoll: "Der Graben verläuft längst nicht mehr nur zwischen Ost und West." Unser Land kommt bei diesem Thema mittlerweile viergeteilt daher. Die wohlhabenden Länder Bayern und Baden-Württemberg haben zusammen eine Armutsquote von 11,8%, dem gegenüber stehen NRW mit 18,1% und Ostdeutschland mit 17,5%, dazwischen liegen die anderen wetsdeutschen Regionen mit etwa 16%. Trauriger Anführer der Armutsquote ist aber Bremen mit 22,7%. Wir Sachsen stehen bei diesen "Charts" übrigens auf Platz 11 mit 16,6%, vor vier Jahren waren's noch 18,8%. Gestiegen ist die Armut teils dramatisch in Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen. In vielen Regionen ist die Entwicklung auf dem Lande als ernüchternd, besonders auch der Anstieg der Altersarmut. Kein Wunder, wenn mehr als die Hälfte der Renten bei unter 900 € liegt. Und was nützt den alten Leuten dieser glorifizierend durchgerungene Gesetzentwurf einer an sich schon selbstverständlichen Grundrente, wenn sie gar nicht die entsprechenden Arbeitsjahre vorweisen können? Und ab wann gilt man eigentlich aktuell als "arm"? Mit weniger als 60% des mittleren Einkommens zur Verfügung hast du schon diesen Stempel auf der Stirn. Die Armutsschwelle betrug 2018 für einen Single 1035 €, für einen Paarhaushalt mit zwei Kindern unter 14 Jahren 2174 €, bei Alleinerziehenden waren's 1.656 €. Viele alte Leutchen scheuen aus Scham den Gang zum Amt, um eine Grundsicherung ergänzend zur Rente zu beantragen und wählen lieber einen anderen, eigentlich auch demütigenden Weg - den Gang zur Tafel. :(


    Und so hatte ich am Mittwoch Vormittag alles zu Erledigende endlich hinter mir und stand an der Endhaltestelle der Straßenbahn, um von dort aus auf Arbeit zu fahren. Und da kamen sie. Die Beiden von heut morgen. Ohne ihre Wagen, mittlerweile auch mit anderen und vor allen Dingen trockenen Klamotten. Sie kamen mit 2 vollen Dederonbeuteln und nem alten DDR-Einkaufsnetz, sie kamen von der Lebensmittelausgabe der Chemnitzer Tafel, die es bei uns seit 1997 gibt. Wöchentlich werden von dieser etwa 1.400 Bedürftige allen Alters und immer häufiger auch Erwerbstätige mit geringem Einkommen mit Lebensmitteln unterstützt. Am 28. September hatten die Chemnitzer Niners auf dem erneuten Weg zum diesmal hoffentlich wirklichen Aufstieg ihr erstes Heimspiel in der Messer Chemnitz, die Hartmann-Hölle ist bei dem Zuschauerzuspruch einfach zu klein geworden. Und weil auf diesen Tag auch der 13. Deutsche Tafeltag fiel, hatten die Korbjäger um Malte Ziegenhagen eine Idee: Die Zuschauer wurden vorab aufgefordert, doch vorm Spiel noch brauchbare Lebensmittel, wie Obst-, Gemüse-, Wurst- und Fischkonserven sowie Reis, Nudeln, Mehl, Zucker, Kornflakes, Kaffee, Tee, H-Milch, Säfte oder andere alkoholfreie Getränke zu spenden und am Tafel-Stand abzugeben. Die Chemnitzer Tafel ist übrigens nur paar Schritte von der Messe Chemnitz entfernt. Und die Orange Army ließ sich nicht zweimal bitten und schleppte etwa 420 kg haltbare Lebensmittel und Konserven an. Eine in der Halle aufgestellte Spendenbox bekam an jenem Samstag auch ordentlich Futter, insgesamt kamen so 1.352,40 € zusammen, davon 880 € durch Pfandbecher.


    Das ältere Ehepaar aber, es strahlte, weil in ihren Beuteln auch zwei Schokoweihnachtsmänner für ihre beiden Enkelkinder den Gang mit nach Hause antraten. Ich hatte bei dem Anblick mit den Tränen und einer unfassbaren Wut zu kämpfen. In was für einem so reichen und dennoch so erbärmlichen Land leben wir hier? Von was für erbärmlichen Würdenträgern und ihren Hintermännern wird dieses Land seit mehreren Generationen regiert und an der Nase herumgeführt? In der Praxis vor paar Tagen mit "Eure Grundrente kommt nur, wenn ihr weiter mit uns gemeinsame Sache macht" fassungslos mitzuerleben - Sie haben ein beschämendes christliches Auftreten und Sie zeigen damit, wie wenig Ihnen sozialer Frieden und sozialer Anstand bedeuten, Frau "AKK"! :sleep: Und wie erbärmlich und würdelos gehts in so manchem dafür auch noch kopfnickenden Hirn zu? Aber wir haben ja grade wieder überall diese ach so anrührenden Spendenhotlines auf der Mattscheibe, kurz unterbrochen von Showacts mit salbungsvollen Worten. Und was ist das restliche Jahr über? Sind die vorweihnachtlichen Spendenquittungen die beruhigend-besten für den neureichen und nimmersatten Seelenfrieden? Ein Armutszeugnis für eine ganze Nation, die es zulässt, dass immer mehr in Richtung Armut schlittern. Hätt's bei uns früher niemals so gegeben, eine schallende Ohrfeige für viele ehrbare und ein Leben lang geschuftet habende Menschen. Und ein Armutszeugnis, dass es Tafeln und ihre Unterstützer überhaupt geben muss, die diese soziale Kriegserklärung oftmals auch ehrenamtlich und aufopferungsvoll ausbaden. Und Letzteren soll heute dieser Stammtisch gewidmet sein - einen schönen 3. Advent, ihr emsigen Helfer einer jeden noch so kleinen Tafel im steinreichen Deutschland. Stellvertretend auch dir @Bear - ich bin stolz auf dich und auch du bist (m)ein Vorbild. :nuke:


    Euch natürlich auch einen schönen 3. Adventssonntag, euer Herzblut. :winke:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Moin SGD-Herzblut,


    zunächst einmal danke für die Blumen. Als ein Vorbild sehe ich mich nicht, ich tue nur das, was jeder andere in dieser sozialen Schieflage auch tun würde. Vorbilder sind für mich Beschäftigte vom sozialen Außendienst, die verwahrloste Menschen von der Straße aufsammeln (Obdachlose, Drogenabhängige usw.). Sie dann für eine Dusche (neue Kleider) oder ein warmes Essen zu uns bringen. Das sind die wahren Helden, nicht ich! Ja, Bremen nimmt was die Armutsquote angeht leider eine Führungsrolle ein. Hamburg befindet sich mittlerweile auf dem besten Weg dorthin. Immer mehr suchen unsere Einrichtung auf. Auch diejenigen, die früher aus Schamgefühl einen anderen Weg vorgezogen haben.


    Als ich vor einigen Jahren mit meinem Ehrenamt anfing, hat es mich alles ein bisschen mitgenommen, weil mir nicht bewußt war, wie wirkliche Armut eigentlich aussieht. Inzwischen lasse ich dies alles nicht mehr so an mich heran, man stumpft mit der Zeit ab.

  • Wenn der Entenbraten besser schmeckt als Dynamo - der Weihnachtsstammtisch


    Oh, da is wohl schon einer in Weihnachtsstimmung? Das Herzblut begutachtet vor unsrer Stammkneipe die alte Tafel mit den Gerichten des Tages. "Entenkeule mit Pilzen und Klößen, nuja, da haun'wer uns heut ma so nen abgeschossenen Flattervogel zwischen die Kiemen." Er nickt beim freudigen Gedanken an das zu erwartende Mahl und es bimmelt dabei auf seinem Kopf, der heute dort drappierten Weihnachtsmütze mit Glöckchen sei Dank. Beim Betreten des Lokals wird er regelrecht von Düften und Klängen überfallen: Zwei Räuchermänner tun ihr Bestes und was unsre Wirtin und ihr Personal heute in der Küche offenbar wieder zaubern, haut einen echt um! Dazu ist der Laden schon ziemlich voll, ein Geschnatter überall, dass man denkt, da wollen paar Gäste gleich ihre Verwandten vom Tagesgericht verspachteln. Und als Klangtapete sitzt obendrauf noch ne Weihnachts-CD mit irgend einem inbrünstig aber auch wirklich jedes Weihnachtslied intonierenden Kinderchor. Unsre Wirtin nimmt die Bestellungen auf und wird vom Herzblut mit ner großen Tüte Pfefferkuchen und paar selbstgemachten Pralinen beschenkt "Hior, meine Gute - ä paar Leckerli's haste dir für deine Rammelei das ganze Jahr über redlich verdient!" :w62: Die kleinen Freuden können manchmal ganz große sein, sie strahlt jedenfalls wie'n Honigkuchenpferd. Am Stammtisch siehts aus wie immer um diese Zeit vorm großen "Event", man versucht mal kurz den Einkaufswahnsinn im Bier zu ertränken und auf andere Gedanken zu kommen. Nur unserem Stammtischredner sitzen die dunklen Gedanken allzu fest im Kopf und die Meisten ahnen auch, weshalb: Dynamo und das Auftreten des spielenden Personals in den letzten Monaten. Seinen Jahresrückblick Marke Weihnachtsgeschichte wird das wohl auch mit prägen, hört also seine Worte, während die Ente in der Pfanne vor sich hin brutzelt:


    Na, wie siehts aus bei euch, in welche Läden wird euch die Holde kurz vor Weihnachten noch mitschleifen? Ich weiß ja nicht, wie das in eurer(m) Stadt, Dorf oder Siedel die letzten Tage zugegangen ist, seit Beginn der Adventszeit herrscht in der Autofahrerstadt Chemnitz quasi der Ausnahmezustand. Über 108.000 Karren sind derzeit bei uns zugelassen, von der Fahrzeugdichte her (pro 1000 Einwohner 512 Autos) stehen wir damit im Osten an Nr.1 und sind auch bundesweit ganz vorn mit dabei. Momentan haben wir nicht nur die von unzähligen Touri-Bussen, Einwohnern und Industrieglühwein-, Langos- sowie Pilzpfannenfetischisten heimgesuchten Weihnachtsmärkte in der Innenstadt, sondern auch gar wundervolle Dauerbaustellen. Fürs Zubetonieren des Stadtherzens wurde bei uns vor vielen Jahren in der Stadtverwaltung ein in Stein und Hirn gemeißelter Begriff geprägt: Innenstadtbelebung. :look: Und sie ist belebt, verkehrsbelebt: mit Staus, mit Autofahrern, die außer mitm eigenen Rechtsabbiegen vom sonstigen Verkehr oder gar Fußgängern nix am Hut haben, mit an diversen Nachmittagen arbeiterfreien Baustellen und mit einem ÖPNV, dessen "Führungskräfte" vor lauter Selbstbeweihräucherung und um keine abenteuerliche Ausrede verlegen vermutlich alles fahren - nur nicht Bus und Bahn! Eine der neuralgischsten Baustellen ist unsre alte Kaßbergauffahrt mit ner über 100 Jahre alten Brücke, seit dem Frühjahr 2018 läuft das gesamte Bauvorhaben schon, mit der Folge von hochgradig frequentierten Umleitungen auf jenes Kaßbergviertel, auch für die CVAG-Busse. Eigentlich sollte der Verkehr ab Ende Oktober wieder rollen, aber denkste: Aus der Stadtverwaltung kam der kleinlaute Hinweis, aufgrund falscher Bestandsunterlagen müssten noch "bauliche Anpassungen" erfolgen. Der nächste Termin der Fertigstellung war Mitte Dezember, wieder denkste: "Die Straßenbauarbeiten verzögern sich voraussichtlich bis März 2020. Es ist in den vergangenen Wochen zu Verzögerungen bei der Bauausführung gekommen, die zu einer Verschiebung des Bauendes um ca. drei bis vier Wochen führen." Der Grund ist diesmal, dass die beauftragten Asphalt-Mischwerke ab Mitte Dezember aufgrund der niedrigen Temperaturen naturgemäß nicht mehr arbeiten. Hat der Auftraggeber vorher offenbar nicht geahnt, dass man dafür bestimmte Temperaturen braucht. Und so wirds laut SV "erst im Februar beziehungsweise März nächsten Jahres möglich sein, die Asphaltarbeiten abzuschließen." Um noch kaum hörbar einen klitzkleinen Satz hintenranzusetzen: "Sofern nicht ein lang anhaltender Winter dazwischen kommt." ;D Äh, sacht bloß? Der heraufbeschworene Wahnsinn geht also auch "zwischen den Jahren" weiter.


    Wahnsinn, Dauerbaustelle, Unvermögen...Dynamo. Am Freitagabend tat mir der sichtlich bewegte Jungspund Ransford Königsdörffer nach seinem ersten Spiel in der A-Elf Leid, Broll und Ehlers haben mir schon die ganze Hinrunde Leid getan. Man kann vielleicht noch über die Wortwahl der etwa 3000 Fans nach dem Spiel in Nürnberg diskutieren - aber irgendwann reißt halt der Geduldsfaden und was gesagt werden muss, das wird dann auch knallhart gesagt. Wenn du über nun schon viele Jahre diesem Verein die Treue hälst, mit ihm durch dick und dünne gehst, Zeit und auch Geld opferst und die verinnerlichte Unbeugsamkeit bis ins Mark lebst, dann tut das richtig weh, so von den Leuten im eigenen Trikot Woche für Woche paar auf die Fresse zu bekommen. Und es tut umso mehr weh mit ansehn zu müssen, wie mit einer saumäßigen auch mentalen Arbeitseinstellung ein langjährig erfolgreich beschrittener Weg mehr als nur aufs Spiel gesetzt wird. Es tut weh, wie dieses weiße D auf weinrotem Untergrund und mit schwarz-gelbem Bart der Lächerlichkeit preisgegeben und sich nicht bis zum Umfallen dafür eingesetzt wird. :( Es hat umso mehr weh getan, weil man in wenigen Hochglanz-Spielen auf der großen Bühne gezeigt hat, was Leistung und Kampf bedeuten und was man zu Leisten imstande ist. Der graue Alltag hat uns danach wieder eines Besseren belehrt - sie können nicht, sie denken nicht und auch, wenn man ihnen nichts Schlechtes nachsagen sollte, vielleicht wollen ja einige auch nicht. Sondern nur dieses Trikot dieses "großen Vereins mit seinen unvergleichlichen Fans" mehr als gut bezahlt spazieren tragen. Der Abstieg ist jetzt normal und unausweichlich, er ist aber nicht der eigentliche Super-Gau. Es ist viel mehr bei uns in die Brüche gegangen.


    Was jetzt bitter nötig sein wird, ist das Umdrehen aller auch personellen Steine, im Kader und der Führungsetage. Ich wage mal die Prognose, Ralf Minge hat für sich selbst schon ne Entscheidung getroffen und es geht im Grunde nur noch um den Zeitpunkt seiner Demission. Ja, er ist Kraft seines Amtes der Hauptverantwortliche, ich weigere mich aber standhaft, ihm die alleinige praktische Hauptschuld des Ganzen anzulasten. Wir haben meiner Meinung nach vielmehr ein ausgewachsenes Scouting-und Kaderplanungsproblem, sowohl in personeller Verantwortung, als auch in der ideologischen Umsetzung. Und genau dort sollte zuallererst angesetzt werden, wir brauchen Spieler mit Gift und Galle, mit geistiger und spielerischer Reife, keine Mitläufer, sondern Antreiber. Und dafür brauchen wir erstmal einen geeigneten Verantwortlichen. Und ausgerechnet ein Blick in Richtung unserer Klette (die wir wahrscheinlich selbstverschuldet bald los sind) zeigt uns ein erfolgreiches Zusammenspiel von Wille und auch Können. Und eine überaus wirkungsvolle Ansprache. Dass Spieler von uns dort angeheuert haben, kann man beschissen finden - tu ich ja auch - aber sie haben es nicht grundlos getan. Und wenns, wie aktuell nachm 3. Aufguss in der Sauna ne Vertragsverlängerung per Handschlag mit dem großen General ist. Und das Beschissene ist, sie zeigen Leistung...und das in nem echten Team. Selbst das fehlt uns bei soviel Kapitänen und wenig vorhandener Hierarchie. Es wird sich bei uns Einiges verändern müssen und ich bin gespannt, wie Kauczinski ab 3. Januar diese Truppe sowohl personell, als auch im Auftreten neu aufstellt. Und welche Signale die sportliche Leitung in dieser kurzen Pause hinsichtlich der Kaderplanung auch für die kommende Saison sendet. Minge sollte meiner Meinung nach aber unbedingt in unserem Laden bleiben - nur in ner anderen Funktion. Er wird auch weiter gebraucht.


    Ein erniedrigendes und demoralisierendes Weihnachtsgefühl, was unsereins in dieser Form über all die Jahre mit Dynamo noch nicht hatte. Einwas Gutes hat das alles: Schlechter kanns nun nicht mehr werden, nur noch besser und damit mein' ich nicht mehr die nicht lügende Tabelle. Hach - und nochwas Gutes...Mensch Chefin, wie das duftet! Meine Ente wartet aufs Verhaftet zu werden. :essen: In diesem Sinne - ich wünsch euch allen ein schönes Weihnachtsfest, überfresst euch nich und kommt gut ins neue Jahr. Mit dem Beginn der als Rückrunde getarnten dynamischen Abschiedstournee hat unser Stammlokal dann wieder geöffnet. Jetzt gönnen wir aber auch erstmal unsrer Wirtin paar Tage Winterpause, Prost Chefin! Und so kann man zum Schluss nur noch sagen - Ente gut, alles gut. Hoffentlich auch irgendwann mal wieder bei Dynamo.


    Schönen 4. Advent und Frohes Fest, euer Herzblut. :w2::w82:

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    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Herrje, Bruder im Geiste, hast du dich etwa immer noch nicht emotional für den Rest der Saison von diesem Sauhaufen von Leistungsverweigerern entkoppelt? Klar, ganz geht es nicht. Mir gelingt es zumindest seit einigen Wochen, dass die Auftritte und Ergebnisse nicht mehr sind als Nadelstich. Ich fluche dann einmal herzlich drüber, siehe meine Beiträge nach den Spielen in unseren Spieltagsfred und dann ist wieder gut. Dass es mir tagelang die Laune verhagelt hat und man tief frustriert dann auch noch früher oder später das an seinen Mitmenschen (die nix dafür können) auslässt ... Nee, will ich nicht.


    Interessant finde ich, wie sich die Masse unserer Fans entschieden hat, mit der sportlichen Situation umzugehen. UD und ihr Dunstkreis schläfern sich und ihre Umgebung regelmäßit ein oder schunkeln munter zur nächsten Niederlage sich selbst. Pfiffe und Buh-Rufe, die diese Mannschaft eigentlich nach meiner Ansicht am meisten verdient hätte, gibt es fast gar nicht. Nein, die Masse der Leute macht einfach nichts. Desinteresse. Einfach schweigen. 5 Minuten vor Abpfiff bereits aus dem Block raus, insbesondere auswärts. Setzt sich das so fort, ist das Stadion Ende der Saison dann schön leer, Zuschauerzahlen unter 20000 usw..


    Und ich finde auch diese Reaktion gut so! Denn jeden Einzelnen, der bspw. vorgestern in Nürnberg in diesem Gästeblock stand, haben unsere Rasenkasper nicht mehr verdient!


    Was für die restliche Saison passieren muss, darüber wird an allen Ecken und Enden der dynamischen Welt ja weitestgehend die gleiche Meinung vertreten. Es passiert jedoch leider genau das Falsche. Minge muss weg von diesem Posten, dazu Walter gleich hinterher, da sind sich alle einig. Zumindest Mingus wird das auch machen, aber so wie aussieht leider nicht jetzt, sondern erst Ende der Saison. Er wird wohl seinen Vertrag nicht verlängern. Und den Mumm, ihn zu demontieren, hat erwiesenermaßen niemand im AR.


    Dummerweise wird damit nun genau das gemacht, was uns nicht nur nicht helfen wird, sondern für die kommende Saison sogar schadet. Millionenbeträge für Neuzugänge ausgegeben, am Besten noch nur mit Vertrag für Liga 2 und mit Ablösesummen, wenn wir runtergehen sind die Spieler sofort wieder aus ihren Verträgen raus ... usw.. Wenn ich alleine daran denke, wieviel Kohle uns bei Koné flöten gehen wird, falls er nicht in der Winterpause doch noch verscherbelt wird ... Unser 1 Minute nach Abpfiff mit perfekt sitzender Frisur in die Kamera labernder Kapitän, "wie unter aller Sau" die Leistung doch gewesen sei, hat übrigens leider auch für Liga 3 einen gut dotierten Vertrag ...


    Umso mehr interessiert mich nun, was in Liga 3 so passiert. Das Duisburg hochgehen wird, deutet sich ja an. Der 2. Aufsteiger darf dann gerne Audihausen sein. Eine fanlose Kommerz-Retortenbude weniger, mit der wir uns auseinander setzen werden müssen kommende Saison. Wird sowieso lustig, wenn wir uns gegen die nur durch den Finanztropf von Mäzenen oder Investoren am Leben und in Liga 3 gehaltenen Truppen auseinander setzen werden müssen, Uerdingen, 60, Lautern, ...

    Alles Schei*e Tours powered by SGD 2021 bis dato ....

  • Jedem Tierchen sein Pläsierchen oder wenn die Gerichtsakte nach Fürzen riecht


    Eine immer mal wieder vorm Stammlokal rumschleichende hellbraune Katze tut ihr Bestes, um unser Herzblut vom Reingehen abzuhalten. Und er wird schwach...und schwächer...und es ist ein Gekraule und Geschnurre, die Katze sucht sich halt doch den Menschen aus. Irgendwann hat sie aber genug und unser Poet betritt mit schlagartig beschlagender Brille den Ort des sonntäglichen Geschehens. "Ich weeß gar nich, ob man das noch sagen darf - jedenfalls Gesundes Neues euch allen, mögen die Erbschaften und Lottogewinne nur so über euch kommen!" Unsre Wirtin begrüßt ihn feixend und meint: " Da sachste was, gestern wieder nüschd gewonn' und mein Herd liegt in den letzten Zügen, dei Bier wird ab sofort än Fuffzscher teurer, hihihi." Der Stammtisch wartet nach den diskussionslosen Wochen schon sehnsüchtig auf des Herzbluts geistige Ergüsse und man befiehlt ihm, vorm Essen erstmal seine Katzenfellpfoten zu waschen: "Mior ham dich Schwerenöter draußen schon gesehn, uns entgeht nüschd hior!" Als er wiederkommt, steht schon das erste 2020er Bier aufm Tisch und immer noch in Gedanken bei dem Stubentiger von vorhin hat er auch gleich den passenden Einstieg fürs diesjährige Stammtischpalaver.


    Ich hatte ja im März letzten Jahres von diesem Kater Siggi berichtet, der von seinem Frauchen nix mehr groß wissen wollte, sondern als freier Katzen-Bürger lieber durch die Gegend stromerte und sich auch bei nem angrenzenden Pflegedienst paar Streicheleinheiten abholte. Die Polente kam, Siggi ging feixend-miauend, ihr erinnert euch. Auch an die Besitzerin, die nichts unversucht ließ, der Pflegedienstleiterin ne juristische Lampe Marke "Freiheitsberaubung tierischen Eigentums" zu bauen. Es gab einen Strafbefehl wegen offiziell "gemeinschaftlicher Unterschlagung", gegen diesen legte die Pflegedienstleiterin Widerspruch ein, vor 14 Tagen wurde diese Posse nun vorm Amtsgericht Aue verhandelt. Der damit befasste Richter gab dabei dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt und es wurde eine Strafe von 30 Tagessätzen zu je 60€ angeordnet. Der Anwalt kündigte umgehend Berufung an "Meiner Mandantin konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie den Kater eingesperrt hat. Da gibt es keine Beweise." Es gäbe zwar ein Foto ihres Vaters mit Siggi, das Urteil einer gemeinschaftlichen Unterschlagung wäre aber Sippenhaft. Fortsetzung folgt...nur nicht für Siggi selbst: Ihm wurde mittlerweile von seiner ach so um ihn sorgenden Besitzerin der Status eines Freigängers genommen und er darf als ihr Gefangener nicht mal mehr vor die Tür. :(


    Auch nicht vor die Tür sollten unsre tierischen Freunde, wenn sie irgend ein kleines oder großes Wehwehchen plagt. Das heißt, nur in Begleitung des zweibeinigen Frauchens/Herrchens, wenns zum Onkel Tierdoktor geht. Welcher dann nicht zu knapp die Hand aufhält, is noch mal ein Thema für sich. Und wenns gar nich mehr geht und das lahmende Pferd bzw. die Euter-endzündete Kuh partout nich im Wartezimmer Platz nehmen wollen, na dann muss eben der Tierarzt im heimischen Stall vorbeischauen. Ab und an brauch auch so ein Weißkittel bissl Weiterbildung und Fachsimpelei und dafür gibts seit 1998 aller 2 Jahre den Leipziger Tierärztekongress, mittlerweile ist das der größte Kongress seiner Art im deutschsprachigen Raum. Vom 16.-18. Januar fand er nun also zum 10. Male statt, er stand unter dem Motto "Bitte geraderücken: Das Bild des Tierarztes in der Öffentlichkeit", Mitveranstalter war auch diesmal die Leipziger Uni. Mehr als 6.200 Veterinärmediziner folgten dem Ruf und in mehr als 20 Themengebieten sowie 500 Kursen und Vorträgen laberten über 500 Referenten aus 15 Ländern, bis es auch Rind, Katz und Pferd schwindelig wurde. Damit nicht genug: Zusätzlich gabs die spezielle Industrieausstellung "vetexpo" mit 283 Ausstellern (34 ausm Ausland) und ne neu geschaffene Jobmesse für Tierärzte, die auf den wohlklingenden urdeutschen Namen "Career Corner" hört. :balla:


    Wollt'er mal paar Beispiele für die hochspannenden besprochenen Themen haben? Gut, da will ich mal - es gab u.a. einen Vortrag "Chronischer Nasenausfluss – es ist nicht immer Katzenschnupfen", die Therapie von Verhaltensstörungen bei Papageien, Mehrkatzenhaushalten oder bei Kastrationen von Hund und Katze. Regen Zulauf fand wie zu hören auch das Programm "Die Dresdener Tierarzneischule und Sachsens Pferde im 19. Jahrhundert" und beim später im heimischen Stall ausgewerteten Vortrag "MRT Diagnostik und Therapie des Fesselgelenkes" hat vermutlich so mancher Ackergaul begeistert mit den schmerzenden Vorderhufen geklappert. ;) Sehr interessant war auch die Thematik "Gesunde Klauen - gesundes Rind." Als ich das gelesen hab, dachte ich erst "Ohoo, die sind aber mutig. Sprechen die auch gleich den in Leipzig geklauten Fußball durch diese Ösi-Rinder mit an, horr!" Stellte sich leider als Trugschluss heraus, es ging nur um die tierischen Rennsemmeln und deren Erkrankungen. Ins Grübeln kam ich auch beim Thema "Operationstechniken bei Schildkröten", wie kriegen die das schnappende Vieh ausm Panzer und offn OP-Tisch? Und muss sie vorher der Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten zustimmen und vor allen Dingen - Wie? All das wurde schlussendlich in "Datenschutz in der Tierarztpraxis – Erfahrungen mit der Datenschutzgrundverordnung in der täglichen Arbeit" besprochen.


    Ein Thema find ich zumindest im Nachgang (auch wenns formell nur 10 Minuten plus 5 Minuten Diskussion angesprochen werden sollte) das Spannendste: "Waschbär - spezielle Rechtsaspekte für ein spezielles Lebensmittel". Dort, wo er herkommt, also in Kanada und den USA, gibt er ja öfters auch nen guten Festbraten ab. Und nun gibts auch hier die Überlegungen, diesen widerrechtlich eingewanderten und allein letztes Jahr in Sachsen mehr als 15.000 Mal abgeschossenen Plagegeist auf so manche Speisekarte zu setzen. Vor paar Jahren gabs das in ner Leipziger Gaststätte schon mal, mit dem Ergebnis - es schmeckte gut, leicht nach Wild und die Kneipe wurde von besorgten "Tierschützer-Bürgern" mit nem astreinen Shitstorm und ner Online-Petition überzogen. Seine Plünderung der Brutnester vieler einheimischer und geschützter Vögel und somit deren schleichende Ausrottung war und ist da erstmal zweitrangig - er sieht doch sooooo süß aus! Im Veterinärmedizinischen Institut wurde nun die Eignung des Fleisches als Lebensmittel untersucht und für gut befunden. Also her mit dem Braten, ich will das Fleesch in der Pfanne zucken sehn, mit nem guten Bier wird abgelöscht :essen: und wenns dann Blähungen gibt...


    ...muahahahaaa Blähungen, das muss ich euch zum Schluss noch erzählen, besonders den evtl. noch nichtsahnenden Auswärtigen hier. Ihr kennt doch vielleicht auch das Sprichwort - Aus einem verzagten A... kommt kein fröhlicher Furz. In Leipzig gabs irgendwann im November letzten Jahres mitten in der Nacht ein hochgradig gutgelauntes Hinterteil. Am Connewitzer Kreuz kam ein Polizeiauto des Weges, ein paar Herrschaften gingen wohl grad spazieren und einer von denen begrüßte die blaue Minna mit 2 erhobenen Mittelfingern. Die Freunde und Helfer stiegen bei soviel Winkewinke aus, einer von ihnen war ein Kommissar und der nette Mann mit seinen steifen Mittelfingern wurde erstmal einer Kontrolle zugeführt. Soweit, so gut...ihr kennt doch Falco's "Kommissar", vielleicht seid ihr ja so textsicher wie ich: "Drah' di net um, oh oh oh. Schau, schau, der Kommissar geht um, oh oh oh. Er wird di anschaun und du weißt warum. Die Lebenslust bringt dich um." Und unser Fingerzeiger kennt offenbar so jedes Punkliedl, nur Falco ist ihm komplett fremd. Denn was macht die Fachkraft? Dreht sich vorm ernst dreinschauenden Kommissar um und lässt seiner blähenden Lebenslust mit ordentlich Geknatter freien Lauf! ;D Der Kommissar nebst Gefolge bekamen Schnappatmung, die Tränchen stiegen in die flatulierten Äuglein und nach nem willkommenen Luftzug frischen Leipziger Nachtwindes fertigten sie ne Anzeige, weil für sie der Tatbestand der Beamtenbeleidigung gleich zweifach verwirklicht war. Nun muss sich unser Furzkasper also verantworten, ein Anwalt hat nun die ehrenvolle Aufgabe, sich mit dem stinkenden Fall zu befassen. Der Strafvorwurf "... sollen Sie in Richtung eines Polizeibeamten flatuliert haben" kam ihm nach eigener Aussage jedenfalls noch nicht unter: "Ein unglaublicher Fall, wir werden erst mal Akteneinsicht beantragen." Auf den Ausgang und das evtl. Strafmaß darf man gespannt sein, vielleicht darf unser Knattergeselle dann ein Jahr keine Hülsenfrüchte mehr essen. Alles klar, Herr Kommissar? :D


    In diesem Sinne, lasst euch die Erbsensuppe schmecken und schönen Sonntag. Euer Herzblut :winke:

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  • Zierschnauzenkrampf fohr Fiudschor


    "Oahr, ein Stimmengewirr hior - binsch hior rischdsch, is das meine Stammkneipe?" Das Herzblut betritt unsre auch heute gut besuchte Arena der guten Laune und sein Blick geht an einen festlich gedeckten und voll besetzten Tisch im hinteren Bereich. Die wirtin gibt bei der herzlichen Begrüßung seiner Neugier nach "Is'n runder Geburtstag, die kommen aus aller Herren Bundesländer. Die Bestellungen aufnehmen war grad eben lustig, hihi." Der Stammtisch diskutiert derweile über diese Panik-Dauerschleife, die uns seit Tagen an chinesischen Viren an die Backe geknallt wird und das Herzblut meint gelassen beim Klopfen aufn Tisch "Nu bleibt doch ma ruhisch, guckt naus: es reechnet, 13 Grad, dor Wind weht in de Fresse - das reicht doch och schon für ne Grippe, oder? Machmors doch einfach so wie die Feierwütschn dort hinten, denen kann niemand die gute Laune mit fremden Bazillen verderben, die quatschen wie geölt und das alles wohlgemerkt in ihrer Heimatsprache, nu horscht nor ma die herrlichen Dialekte an! Und eigentlich kann'sch da och glei mit einsteigen, denn was ich diese Woche wieder erlebt hab:


    Um Himmels Willen, wovon reden die wieder, wo bin ich hier, ist das Ansteckend? Nee liebe Leute, ich nerv euch nich auch noch Corona-mäßig, es reicht ja auch so schon, was uns da seit über ner Woche für düstere Aussichten um die Taschentücher geweht werden. Ich muss ja gestehn, Corona hab ich bisher nur mit Bier in Verbindung gebracht, ja und bei Bier komm ich lieber wieder zu meiner Ausgangsfrage. Letzten Dienstagmittag, die Schulen arbeiteten mal wieder mangels Lehrer und wegen bereits absolvierter Zensurenkonferenzen auf Sparflamme - die Wänster hatten wieder Langeweile, obwohl noch gar keine Ferien sind. Die Größeren von denen - Straßenbahnendhaltestelle, ein Pulk orientierungsloser, Hosenbein hochgekrempelter und dreistreifige weiße Socken tragender Jungerwachsener macht dankenswerterweise im Sitzen die Bordsteinkanten sauber. Ein paar davon mit Billigbier in den sammetzarten Pfötchen und so röhrte es ab und zu von Bushäuschen zu Bushäuschen. Paar andere kleckerten sich mit dem Essensinhalt der Goldenen M-Pappe einen durchs Leben. Einer hatte so nen wummernden überdimensionalen Hundeknochen im Rucksa...nee Herzblut, das darf man doch gar nich mehr sagen: Das heißt doch Body Bag und die kann man jetz grade wieder in diesen Sale-Windows der gerne auch umgeräum..ähh gerelaunchten Sportsware-Stores als Eyecatcher gleich neben den Bike-Tights begutachten. Müsste man den Store-Windows-Stylern nur mal flüstern, was Body-Bag eigentlich im Englischen bedeutet :D ...und Herzblut, es heißt doch auch nicht Essen, sondern ganz stylish Street food.


    Und sie unterhielten sich in einem Slang und mit denglischen Begrifflichkeiten, also ich sags mal so - es klang wie ein Choral von ausgekatschten Kaugummis. Es ging dabei hauptsächlich um bald anstehende Bewerbungen für ne Praktikumsstelle und es war u.a. von Backstore's, Junior Management, Hairstylisten, dem einen mittlerweile allseits mit Grauen begegnendem Sales Manager und sogar einem Ranger die Rede. Höchst interessiert wie ich nun mal bin, hab ich mir diese Form der heimatsprachlichen Wegwerfgesellschaft belustigt bis ordentlich Magensäure fördernd gleich danebenstehend angehört. Einer erkannte mich, ein kurzes Nicken, ein kurzes - oh, ein Wunder - "Hallo" in meine Richtung und bei soviel Berufsstarterprosa konnte ich nich anders als ein gepflegtes "Bewerbt euch doch ma bei so ner personal-service-agency in dor Stadt, da habter echt Chancen off ne Quick-Vermittlung." :victory: Einer aus dieser baldigen Working-Group meinte darauf zu mir "Voll LOL, Alder!" Ein ebenso interessierter Opi stand neben mir, ihm müssen wohl schon die Ohren bei soviel Kauderwelsh geklungen haben, na jedenfalls frug er mich "Verstehn Sie das, was die da fürn eingeschleppten Mist erzähln? Also viel Gehärne ham die noch ne im Nischl!" :ohje: Und weil dann auch gleich der Bus kam, setzte sich dieser Opi neben mich und ich führte ihn in den hochaktuellen Slang der Hippster, der Working Class und der Event-Society ein. Er erfuhr nun auch endlich, was es mit dem Sales-, Object-, Key Account-, Client-, Advertising- und natürlich auch dem Eventmanager auf sich hat. Wir gingen dann über zu den Bezeichnungen für Einkaufsstätten, Büros und Freizeiteinrichtungen und er lernte so das Wirken eines Travel Centers, einer Örtlichkeit für Boulderwand-Climbing und auch eines Back-Stores kennen.


    Grad noch so beim das Gehörte verarbeiten schaut er mich an und meint "Was mir auffällt, in unsrer Stadt wachsen doch diese Läden wie Pilze ausm Boden, wo irgendwas mit Barbershop droff steht, was is'n das fürn Bleedsinn?" An dieser Stelle muss ich anmerken, das ist bei uns in Chemnitz wirklich so und hat auch Auswüchse und (Hinter)Gründe, die ich hier besser nicht weiter vertiefen möchte. Die Kenner ahnen vielleicht, was ich meine. Na jedenfalls wollte ich dem älteren Herrn neben mir auch diese Wissenslücke schließen und da ich ja ohne Schabernack nich kann, gabs vorerst diese Antwort: "Och, das sin Läden, da kann mor sich nen Frisör kaufen, mit nach Hause nehmen und in den Vitrinenschrank zur Deko reinstellen, drum heeßt das Barber-Shop!" Spätestens an dem Punkt war in dem Minibus High-Life und der Fahrer rief vor Lachen nach Hinten "Nu hör nor ma off, wechn dior verfahr'sch mich noch! ;D Der Opi kopfschüttelnd und feixend zu mir: "Alde Leude forarschn, nu das gann'sch leiden! Die ham dor ne Meise, das heeßt Haarschneidor!" Ich hab unsre gemeinsame Fahrt dann noch mit der Erläuterung von King-size, News-Flash, Street food, diesem dämlichen "vs." bei deutschen Sportbegegnungen und dass wir grad in nem Regio-Shuttle sitzen abgerundet, bei Veggie-Day war dann nich nur seine Birne, sondern auch der Kanal voll, originale Antwort: "Ach, de Krautfetischisten - hamse den' nu endlich och än Feiordach gegähm, nu da is ja alles gut." :klatsch: Also die Fahrt werd ich so schnell auch nicht vergessen!


    Gendersternchen, Influencer, Shitstorm, Fake News - jedes Jahr begibt sich eine Jury der Freien Universität Berlin in die Challenge eines Brainstormings und votet einen Anglizismus des Jahres. Letzte Woche durften wir nun wieder das Ergebnis dieses Workshops bewundern, der Anglizismus des Jahres ist der Ausdruck oder die so bezeichnete Phraseoschablone "...for Future". Und wie wurde die Schablone nicht ausge- und überreizt: Das Original is klar, dann gibts noch die Teacher, Scientists, Farmers, Parents - und alle fohr Fiudschor und das alles in Deutschland. Darf man ja schon dankbar sein, dass sich wenigstens die ältere Generation noch halbwegs an ihre Muttersprache erinnert und kreativ als Omas for Future bei Fridays gegen Altersarmut die Pappschilder in die Höhe reckt. Also abgesehn von denen, die an diesem Event auch mit teilnehmen wollen und als Oldies for Future für oder gegen diese Pseudo-Mindestrenten-Verarsche demonstrieren. Sowas weckt natürlich auch das eine oder andere Teufelchen und so gibts seit letztem Jahr auch die Interessenvertretung Fridays for Hubraum. Auf meiner Schulter lauert übrigens auch so'n Kerl, denn bei mir gibts so oft wie möglich ein Fridays for Bier Holing, for Bäcker Gehing und Muddi Besuching. Und hoffentlich irgendwann auch mal wieder ein Fridays for Dynamo Gewinning. :zugabe: Scheiß Anglizismen - wer seine Sprache nich ehrt, is seine Heimat nich wert. Chefin, heudä bringste mir'n Broiler und danach zum Knabbern paar Erdnussflips. Awor de echt'n aus Wurz'n! Hä, das is noch ne Sprache un das sin noch Begriffe?!


    Schönen Sonntag, euer Herzblut. :cool2:

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    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Vom Winde verweht


    "Scheiße, das Ding gann'sch foredeln, wo is'n dor Babbiergorb?" Beim Betreten unseres Stammlokals schüttelt sich das Herzblut den Regen von der Jacke und schaut bedröppelt auf seinen Schirm, der draußen so bearbeitet wurde, dass er reif für die ewigen Jagdgründe is. Die Wirtin reiht sich ins Stammtischgelächter mit ein, weil von dort schalmeits zu ihm rüber: "Muahaha...Nu, was haste dir denn da for ne 3-Euro-Krücke im Drogeriemarkt andrehn lassen, die andre Hälfte liescht wo noch draußen?" :ohje: Unsre Chefin hält ihm den gewünschten Papierkorb unter die Nase und der Knirps findet seine letzte Ruhestätte. Draußen tobt der Wettermob und es ist absehbar, dass heut nicht mehr allzu viele den Weg hierher finden werden. Irgendwie wird an den Tischen heut auch schneller gegessen, man will wohl genauso schnell auch wieder gehn. Ein älteres Ehepaar sitzt dennoch quietschvergnügt mit ihrer Enkeltochter bei Sauerbraten und Eierkuchen am Tisch und man wertet das mitgebrachte Halbjahreszeugnis der Kleinen aus. Der große Eisbecher danach lässt darauf schließen, allzu hoch werden die Zensuren nicht gewesen sein. Der Stammtisch fachsimpelt auch schon über Winterferien, keinen Schnee für die Kinder, stattdessen Sturm und herausfordende Enkelbespaßung durch die Omis und Opis. Das Herzblut kann davon ein Lied singen, denn er weiß, die nächsten 2 Wochen hat er auf Arbeit wieder viel zu tun und danach kommen auch noch die alljährlichen "Bayern-Enkel" auf ihrem Ferientrip bei ihm vorbei. Das Zeugnisthema hats ihm dann auch so angetan, dass er auch gleich...


    So, da ham unsre Wänster also nu endlich ihre Halbjahres-Fleppen in der Tasche. Und was war das wieder für ein heroischer Kampf in den fünf Wochen zwischen dem 6. Januar und 7. Februar?! Die Tinte tropfte nur so in die Aufsatzhefte, die kleinen Köpfchen rauchten, in den Eltergesprächen rauchte es mitunter auch. Und mit den Kurzvorträgen über die Dauer des 30jährigen Krieges, über die Tatsache, dass Photosynthese und zusammengeklebte Bilder nichts miteinander zu tun haben und schließlich auch woran das Tote Meer gestorben ist, kann man auch nach diesem vergangenen Halbjahr wieder ganze Schulchroniken füllen. All dies natürlich nur, wenn ein entsprechender Lehrer vorhanden war und der Unterricht durch im letzten Jahr höchstministerial zusammengekürzte Gründe nicht ausfiel. Ich hab am Freitag meinen Augen nicht getraut, als ich um 8:15 Uhr an der letzte Woche schon letzte Woche besagten Straßenbahnendhaltestelle etliche Kinder stehen sah, gleich angrenzend ist die Schule. Ich frag auch noch so blöde: "Hach, ihr fangt wo heute erst ne Stunde später an und lasst den Tag bissl ruhiger angehn?" Die Antwort "Nee, Herr Lehrer, wir haben unsre Zeugnisse grad bekommen und sollen jetzt nach Hause und in die Ferien gehn" hat mich dann ziemlich umgehaun. :schreck: Im Bus wurde ich danach Zeuge, wie ein Mädchen ihre auf der Arbeit befindliche Mutter anrief und ihr mitteilte, dass a) die Zensuren richtig gut seien und sie b) jetzt alle schon nach Hause geschickt worden wären. Die entsetzte Mutter war gut zu verstehen und gab ihrer Tochter geistesgegenwärtig gleich paar zu erledigende Aufgaben für Zuhause mit aufn Weg. Lehrermangel, Unterrichtsmangel, Einstellungsmangel und eklatanter Mangel an Verständnis, was die Bevölkerung will - Herr Piwartz, gehen auch Sie nach Hause, 5 Minus, setzen! :shock2:


    Könnt ihr euch noch an euren jeweils letzten Schultag vor den Winter- und Sommerferien erinnern? Also bei uns in der Ehemaligen war das Vielerorts so: Meist 3 Unterrichtsstunden, in denen uns bissl was an Hausaufgaben über die Ferien mitgegeben wurde, "Mohr und die Raben von London" oder "Djamila" lesen oder auf von der Lehrerin bestempelten A4-Zeichenblättern den Wetterbericht jeden Tag selbst verfassen, die Stempel sind heute übrigens gut gepflegt in unserem Museum ausgestellt und erzeugen bei mehreren Generationen ein regelmäßiges "Ah" und "Oh" und "Hachja". Wenn das notwendige Protokoll abgearbeitet war, verwandelte sich so mancher Lehrkörper und wurde kumpelhaft: Es wurde was vorgelesen, gemeinsame Ratespiele (Galgenraten olé ;) ) abgearbeitet oder wenn der Lehrer nen Schein dafür hatte, kam auch mal das eine oder andere Filmchen zur Aufführung. So verging der Vormittag zzgl. der Milchpause (Voll-, Schoko- oder Fruchtmilch :D ) wie im Fluge und irgendwann kurz vorm Mittag gabs dann die Fleppen. Meinereiner kam dabei eigentlich nie richtig ins Schwitzen, es flog mir halt so zu und auch bei den Kopfnoten...das Einzige, was bei mir über viele Jahre bemängelt wurde, war die Feststellung, ich müsste viel mehr aus mir rausgehen. Was hätte ich tun sollen, aufm Schulhof mit den Milchkästen huliganisieren oder mit meinem schwarz-gelben Blut die himmelblauen Nachwuchs-Schlachtenbummler noch mehr zur Weißglut bringen, als eh schon? Nee, es war natürlich das sozialistische Klassenkollektiv gemeint und ich war halt der etwas zu ruhige "Sohn meiner Klasse" - allein bei dem Begriff wird das Gelächter der Eingeweihten Stammtischgäste groß sein und die anderen fragen sich "Was will uns dieser komische Kauz damit nur wieder sagen". :O


    Vor zwei Tagen bekamen nun fast 485.000 Schulbesuchspflichtige (meine Worterfindung, lass ich mir patentieren) ihre Halbjahreszeugnisse, für über 34.000 von ihnen gabs dazu die Bildungsempfehlung. Bis Ende Februar können nun die Damen und Herren mit dem Erziehungsauftrag die Früchte ihrer Lenden an ner Oberschule oder nem Gymnasium anmelden. Der Trend geht übrigens mittlerweile Richtung Oberschule, weil so langsam dann doch das Nachdenken und die Vernunft für die beruflichen Zukunftsaussichten einsetzen. Und ein weiterer Trend - ich habs ja hier schon mal angesprochen - der Wunsch vieler Eltern, ihre Kinder so lange wie möglich zusammen lernen und groß werden lassen, Stichwort Gemeinschaftsschule: Die Anmeldezahlen und -wünsche lügen nicht. Und wer hats erfunden? Und weshalb sind wir so vielen so überlegen? Nun hat ja so mancher Zeugnissempfänger seit zwei Tagen das eine oder andere Notenproblemchen, was bei Mama und Papa mitunter sagen wir mal diametral entgegengesetzt positiv ankommt. Die Gründe dafür sind vielfältig und schwanken zwischen Faulheit, Dummheit, voreingenommene oder sich nur mit Wissenstand der guten Schüler befassende Lehrkräfte oder einfach nur massenweise Unterrichtsausfall und der Schüler hat dadurch übern größeren Zeitraum nur eine schlechte Zensur fabriziert und keine Chance, die zu verbessern. Manche Eltern rammeln ja nicht selten wegen jedem Scheiß gleich in die Schule, um sich den Lehrer, Direktor oder noch höher vor die Brust zu nehmen, ohne sich vorher erstmal selbst zu hinterfragen. :look: Wenn man aber wirklich nicht mehr weiter weiß, so gibts auch bei uns in Sachsen jene Zeugnis-Sorgentelefone, bei denen sich die Eltern am Freitag vernünftig beraten und die untröstlichen Kinder trösten lassen konnten. Genau hamwer davon 5 Standorte, nämlich Dresden, Chemnitz, Zwickau, Leipzig und Bautzen. Die Drähte werden wieder geglüht haben und irgendwie wünscht man den Kindern nach den Ferien, dass so manche 6 im Sommer wie weggeweht erscheint. Jetzt hamse aber erstmal sturmfreie Bude, viele Ellie's müssen ja trotzdem die nächsten beiden Wochen arbeiten.


    Ja und bei "wie weggeweht" und "sturmfreie Bude": Es soll ja landauf landab die nächsten Stunden und Tage so Einiges an Frisur und Haus und Hof zerstörenden Witterungsunbilden durch die Gegend pusten und ne Menge Wasser mitbringen. Die Versicherungen werden die nächste Zeit wieder ins Schwitzen geraten und die Harvester kratzen sich grad noch die Borkenkäferraupen von den Reifen und werden sicher alsbald zum nächsten Großeinsatz gerufen. Wo auch immer ihr evtl. hin müsst, passt auf euch auf und liebes Orkantief "Sabine": Treibs nich zu bunt, an einer Stelle darfst du dich aber ungezügelt austoben - in Köln, da gibts einen versifften Keller...keinen Stein auf dem anderen lassen, hörst du, Sabinchen?


    Schönen windigen Sonntag, euer Herzblut. :winke:

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  • Ai Weiwei, der Tresen is entzwei


    Die Tür öffnet sich langsam und irgendwas Vollbepacktes zwängt sich unter Fluchen rein ins Lokal. Mit zwei Werkzeugköfferchen und nem prallgefüllten Campingbeutel bewaffnet betritt das Herzblut die sonntägliche Stammtischmanege "Mensch, is das Enge hior...is die Türe eingeloofen...grüßt euch, iohr Banausen!" Unsere Wirtin sieht diesen hungrigen Heimwerker mit seinen Gerätschaften, setzt ihren Dackelblick auf und säuselt ihm bei der Begrüßung zu "Oahr, dich schickt dor Himmel, kannste mior fälleischd ma...gibt dann och was Scheenes zum Essen..." Viel weiter kommt sie nich, er setzt die Koffer ab, runzelt die Denkerstirn und meint kurz und bündig "Nu sach an meine Gudä, was hastn wieder kaputtgekriecht, muss'sch nochma heemä un schweres Gerät anschleppen?" Sie deutet auf die runterbaumelndend Zierleisten vom Tresentisch "Binsch vorhins mit dor Schürze dran hängengeblieben..." Und dann der Satz, der unseren Erzähler schon seit Urzeiten verfolgt und ihn wohl auch niemals wieder verlassen wird "KANNSTE DIOR DAS MA ANGUGGN?" ;D Und wie er halt so is - binnen 2 Minuten kniet er vor Wirtin und Tresen, zückt paar Holzdübel und Holzleim, schwingt die Holzfeile und kurz danach summt der Akkuschrauber ein finales Sonntagslied. "So ferdsch, un nu sachste mior, wie ich wieder hochkommen soll...mei armes Kreuz." Sie hilft ihm auf, ein kurzes "Danke dior, das Bier geht heut off mich" und die beiden Werkzeugkoffer wandern nebst Eigentümer Richtung Stammtisch. Dort wird alles sogleich intensiv begutachtet "Mensch Herzblut, du hast aber och alles off Lager - du bist ja ä wandelnder Baumarkt!" Er nimmts als Kompliment "Nuja, selbst is dor Mann, es werden bald Zeiten kommen, da kannste erstens lange off nen Handwerker warten und brauchst zweetens och ordentlich Knete für den. Und weil das grad so scheen passt, hört euch ma an, was ich euch zu erzählen hab:"


    Zum Jahreswechsel hatte ich mir vorgenommen, dem Holzwurm in mir ordentlich Futter zu geben und alles Lawede im Haushalt auf Vordermann zu bringen bzw. auch bissl was Neues zu bauen. Ein Küchenbuffetschrank aus Kiefernholz hat mittlerweile seinen Ehren- und Funktionsplatz gefunden, zwei Regale wurden runderneuert und auch im Garten habsch das relativ gute Wetter zum Reparieren der Rosen- und Obstrankgitter genutzt. Die Bohrschrauber haben geglüht und es gab auch nur wenig Kollateralschäden an Bohrern und Schrauben. Nu isses ja so: Wenn du die Bretter zusammenfriemelst, hast du verschiedene Verbindungen, mal als "T", oder über Eck, oder auch übereinander - der geübte Heimwerker weiß, auf was ich raus will. Nun kannst du das ja mit verleimten Holzdübeln verbinden, je länger und/oder auch belasteter die Fläche ist, umso fragiler wird das Ganze aber mitunter auch. Also setzt du zusätzlich den Bohrer an und verschraubst dann alles ordentlich. Wenn das Brett dick genug ist, lässt sich die Schraube dabei mitm Senkbohrer "verstecken" manchmal bleibt der Schraubenkopf aber sichtbar, sieht meist besch... aus. Ich hab ja die Macke, von allem was ich jemals an gekauften Schränken zusammengebaut hab, die übriggebliebenen Schrauben, Dübel etc. aufzubewahren. So auch unzählige kleine Plastekappen in allen möglichen Holzfarben, die man auf solche Schraubenköpfe steckt und diese so unsichtbar macht. Die passen aber nicht auf jede Schraube und so gings mir letzte Woche auch bei nem Vorsaalschrank. :O Also mal dorthin gehn, wo der gute Heimwerker sein Eldorado erlebt - ab in den Baumarkt.


    Die Kappen gabs dort für unverschämte Preise, bin ich gleich weitergelaufen. Irgendwie musses doch möglich sein...und dort, wo das ganze Holzwurmzubehör in den Regalen wartet, habsch dann die Lösung für viele weitere Ideen in den nächsten Jahren entdeckt. Ein kleiner, grün daherkommender Koffer mit ner Bohrlehre, ner Bohrführung, nem speziellen Stufenbohrer mit langer Klinge und ein genauso langer Schraubbit. Für all diejenigen, die sich jetzt am Kopf kratzen und fragen "Von welch unendlichen Heimwerkerweiten redet der nur?" - es geht um einen Bohrer und ne spezielle Halterung, mit der man schräg durch die zu verbindenden Leisten oder Bretter bohren und diese anschließend quasi unsichtbar verschrauben kann. Oahr, das Ding habsch mir glei ausm obersten Regal gekrallt und die 30 Euro offgereecht offn Ladentisch kullern lassen. Heemä, auspacken und ausprobieren war eens! Hach, da lacht das Herzl - 12 bis 38 mm starke Bretter kannste so bearbeiten, der Tiefenstopp lässt sich einwandfrei einstellen, die Bohrlehre ist ultragenau...miiiumm...miiiumm...miiiumm...wie's heeße Messer durch die eiskalte Butter! In dem Köfferchen lungerten übrigens auch noch 8 schräg angeschnittene Holzdübel rum, die sind zum schlussendlichen Abdecken von Bohrloch und Schraube gedacht. Auch nich schlecht, so hat man gleich ne Schablone für weitere jahrelange Erfolge mit Brett und Leiste. Als hirnverbrannter Mist wurden von mir die beigefügten Senkschrauben betitelt, denn wenn da nicht so bewanderte Leute bei Kiefer oder auch Fichte kein Feingefühl am Akkuschrauber haben, sausen die Schrauben in die tiefsten Tiefen und kommen irgendwo am anderen Ende wieder raus. Manchmal frag ich mich echt, welcher Theoretiker mit zwei linken Pfoten auf sowas...egal. :vogelzeigen: Die Schrauben wurden also wie üblich für spätere Aktivitäten aufgehoben und dafür geeignetere mitm Tellerkopf verarbeitet. Holzkitt mit passender Färbung droff, Loch zu, kurzer Feinschliff und ferdsch!


    Gehen wir nochmal zurück in den Baumarkt. "Heimwerker" oder "Selbst is die Frau/der Mann" - diese wunderschönen urdeutschen Begrifflichkeiten werden nun auch exzessiv vergewaltigt. Denn was musste ich mit meinem Bohrlehren-Koffer in der Hand nach dem Besuch der Gartenabteilung in Kassennähe bei den ausliegenden Hilfsbroschüren lesen? Himmel, Gesäß und Nähgarn - das heeßt jetze "DIY-Ratgeber"!!! Und ich Rindvieh kam nich gleich drauf und begehrte neben anderen Fragen um eine zielführende Antwort am Infostand (nee, nich Service-Point). Do it yourself-Ratgeber, aua aua aua...da fällt einem der Korb mit den Primeln aus der Hand! Man brachte mir auch noch vorsichtig bei, dass das Heimwerker-Herzblut nur noch wenig bis nix mit den jungerwachsenen selbsternannten Heimwerkern gemein hat. Die stünden viel mehr auf Kreativität im Heimbereich. Und der Trend ginge deswegen dahin, die Produkte, deren Anleitungen sowie den Service drumherum für die "junge Zielgruppe" so einfach und begriffssicher wie möglich zu halten. Und das in einer Sprache...die mir das geduldig so erzählte, musste bei meinen Bemerkungen schließlich genauso kopfschüttelnd lachen wie ich. Weil ich kam zum Schluss "Ach deshalb heeßt mein Bohrkoffer hier von ner deutschen Firma 'Undercover Jig Set', ich geh zur Kasse un brauch heut Ahmd än Schnaps." :D


    Und wenn ihr denkt, da gibts keine Steigerung...nich bei mir. Ihr kennt doch evtl. auch den chinesischen "Künstler" Ai Weiwei, mittlerweile in England lebend. Und der hat sich jetz was in den Kopf gesetzt sach ich euch. Erst polterte er dieser Tage medial bis zum geht nich mehr über seine ehemalige Exil-Heimat Deutschland, um dann seine künstlerische Ader genau hier zum Baumarkte zu tragen und zu versilbern. Der will jetzt zusammen mit Hornbach (gleichzeitig der Sponsor) die DIY-Freaks animieren, doch auch Zuhause seine Kunstwerke entstehen zu lassen. Für nen kleinen Unkostenbeitrag von 150 bis zu 500€ könne man sein Projekt "Safety Jackets Zipped the Other Way" einfach und in Windeseile nachbauen. Wir reden hier von Eisenstangen, Haken und orangenen Sicherheitsjacken, die auf bis zu 4 Meter Höhe zusammengesetzt werden können. Wie, ihr glaubt mir nich und denkt, ich hab meine Kalenderblätter schon voreilig bis zum 1.4. abgerissen? Ich veralber euch nich, guckt ma hier, die meinen das wirklich Ernst. :stoehn:


    Da kommen also die Schwiegereltern zum sonntäglichen Kaffeetrinken zu Besuch und da hängt in der Stube an der Wand ein Dreimannzelt aus Warnwesten...also wenn das nich DIY is! :klatsch:


    Mögen die Heim-Vernissagen über euch kommen. Schönen Sonntag, euer Herzblut. :cool2:

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  • Von nimmermüden Plagegeistern und Fürzen mit Haken


    Das nach gewissen gestrigen erbärmlichen 90 Minuten schlecht gelaunte Herzblut kämpft sich durch den Sturm, der Regen peitscht ihm ins Gesicht und wie gerne hätte er jetzt Scheibenwischer auf seinem Nasenfahrrad. Er erreicht das Stammlokal, schüttelt sich und noch bevor er die Treppen hochgehn kann, rufts hinter ihm mit kindlichen Stimmen "Hände hoch, das is ein Überfall!" und er spürt irgendwas Stockartiges im Rücken. Er dreht sich um und sieht 2 kleine Cowboys mit aufgepinseltem Bart vor sich, die Zündplätteln hängen aufgeweicht aus ihren Plasterevolvern. :knarre: Er baut sich vor ihnen mit in die Hüften gestützten Händen auf, sie wirken sekündlich kleiner. "Nu sacht schon euer Gedicht an, ich will rein ins Trockne..." Die Beiden beginnen, ihre alljährlich genutzten Phrasen runterzuleiern: "Isch bin dor kleene Joe, dein Geld, das macht mich froh..." Unser Büttenredner kramt in den Taschen "Hior habter zwee Hustenmalze und bissl Traubenzuggor, macht euch'n Bunten dormit!" Die 2 schauen sich bedröppelt an und folgen ihm rein ins Warme. Dort hat unsre Wirtin die letzten Tage wieder ordentlich ihre dekorative Hand angelegt, es ist Faschingszeit. Aus der Küche kommt ein seltener Duft "Oahr Cheffin, nu sach bloß, du hast dich hingestellt und Pfannkuchen selber gemacht?" Sie lächelt in sich rein "Nuja, ich war so frei, ordentlich Marmelade und Eierlikör is och drinne, ä paar mit scharfen Senf habsch och für spezielle Gäste parat." Am Stammtisch hält sich die bereits begonnene Diskussion übers Für und Wider der närrischen Zeit die Waage und als das Herzblut Platz nimmt: "Na, du armes Schwein, was hamse dir denn gestern wieder angetan? Erst bescheißnse euch ausm Keller und dann spielt die eigne Mannschaft mitm Abstiegsgespenst Doppelpass. Und obendrauf zeigen se noch die ganze Woche auf euch, weil ihr euch wehrt und unangenehme Wahrheiten aussprecht, nachdem se euch de Pisse übern Kopp gekippt ham." Er scharrt sich am seit Tagen leicht juckenden Arm. "Was Herzblut, de Pestillenz hamse euch vom Millerntor och noch an' Wanst geknallt?" Ein intensives Grübeln setzt bei ihm ein...wie könnte er das jetzt gleich mit verarbeiten...


    Ha, ich habs! So einfach is der Übergang, manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nich. Und auch da lauern im Unterholz bösartig - die Zecken! Jetzt schon wieder, im Februar! Und auch im Garten, letzten Sonntag geh ich vom Stammtisch auf ne Gugge in die herzblutsche Parzelle, schnippel hier bissl was was den wuchernden Obststräuchern weg und zupf dort das sich pudelwohl fühlende Unkraut und zack - auf einmal saß da was aufm zur dynamischen Faust geballten Unterarm. Und bevor irgendwelche Fachkräfte auch mir dynamischerdings fingerzeigend und pauschalisierend was unterstellen wollen: Nee, wenns sein muss, hab ich derzeit beide Fäuste in Gedanken geballt, in dem Fall wars aber die Linke! Na jedenfalls krabbelte dieses Mistvieh gar nich mehr, sondern saß bereits fest. Weil gleich angrenzend der Wald beginnt, hab ich für sowas immer etwas Kampfbesteck in der Laube, also vorsichtig rausgedreht, die Zecke zappelte noch und unter sehr direkten Flüchen ab mit ihr in hohen Bogen in Nachbars Garten. :sleep: Und wie ich so an die Bäume und Sträucher schau und die Rosentriebe begutachte - überall kreuchts und fleuchts schon an Ameisen und auch Läusen. Der Oberhammer war eine Biene, die sich im dynamischen Gewande an den gelben Krokussen die Kante gab. Die hats richtig gemacht, anders is das ja nich mehr zu ertragen!


    Zurück zu den parasitären Zecken. Wie unsereins diese Woche erfahren musste, sind 2019 bundesweit die FSME-Übertragungen zurückgegangen, in Sachsen und Sachsen-Anhalt dagegen deutlich gestiegen. Und das liegt hauptsächlich an den viel zu milden Wintern, bei denen sich diese vermaledeiten Spinnentierchen offenbar sagen "Was, 7 Grad - ich such mir ma nen Stammtisch fürn gutes Fresserchen." Spekuliert wird damit, dass die Erreger übers Erzgebirge bzw. auch aus dem gelobten Nachbarlande (dort haben die offenbar schon länger ne Plage) zu uns wandern, in Bayern hat man Ähnliches beobachten können. Und so hatten wir im Vergleich zu 2018 mit 12 Erkrankungen im vergangenen Jahr schon 27 solcher Fälle, besonders im Vogtlandkreis, in Dresden, in der Sächsischen Schweiz und im Erzgebirgskreis, zu verzeichnen. Das Perfide an der Geschichte, die FSME-Viren gehen sofort mit dem ersten Biss in den Körper, beim Menschen und auch beim Hund, nur Katzen macht das nix aus. Ich lass mich ja regelmäßig aller paar Jahre in 3 Sitzungen impfen, weil ich ja ein ausgewiesener Feld-, Wald- und Wiesenfetischist bin und alleine beim Pilzesammeln immer mal wieder solche Sauger mit heimschleppe. Also habt keene Angst vorm Onkel Doktor, der macht nur Pieks, bevor es diese unnütze Brut macht.


    Genauso wahnsinnig lassen uns hierzulande auch alle Jahre wieder die Schwammspinnerkolonien werden, die unseren guten alten deutschen Eichen den Garaus machen. So auch in Gera und da las ich diese Woche, dass sich 500 Anwohner im Südosten der thüringischen Stadt kurzerhand mit eigenen selbstgebauten Werkzeugen bewaffneten, weils fürs Entfernen der Raubennester schlicht und einfach noch nichts Passables zu Kaufen gibt. Und das Einfachste ist wohl hierfür auch das Wirksamste - mit ner stinknormalen Klobürste kriegt man den Mist offenbar vorzüglich von den Bäumen. Auch hier ist die Ursache ein viel zu milder Winter, der die schwarze Raupe Nimmersatt explossionsartig in den Fress- und Vermehrungsmodus befördert. Wer's evtl. auch schon mal gesehn hat, viele befallene Eichen sehen danach im Frühsommer aus, als wärs schon wieder Winter, nur paar gnädigerweise übriggelassene Blätter künden vom noch Lebendigsein der Bäume. Während man in Sachsen auf flächendeckendes Besprühen mit ner Chemiekeule von oben verzichten will, grübelt man im besonders betroffenen Thüringen und will sich erst im April dafür oder dagegen entscheiden. Denn damit würden auch andere Insekten und auch die Fressfeinde des Schwammspinners das Zeitliche segnen. Und so schnappt man sich halt besser die Klobürste aus Omis Bad und schrubbt die Bäume sauber. :D Und das is noch nichmal fürn A...


    Fürn Allerwertesten sind für einige Veranstalter von Faschingsumzügen auch die wieder pünktlich auf den Tag eintrudelnden Unwetterwarnungen. Ich versteh da auch bei den Betroffenen die miese Laune, wer bereitet schon gerne ein Jahr lang alles bis ins kleinste Detail vor, um dann entweder weggeschwemmt oder weggeblasen zu werden?! In der Karnevalhochburg Wasungen hatten sie gestern noch Glück, da gings wie jedes Jahr beim dortigen Karnevalsumzug ordentlich zur Sache. Was vielleicht nicht alle wissen, die Wasunger haben mit die älteste Karnevalstradition in Deutschland, älter noch als Mainz oder Köln. Dieses Jahr feiert man bereits die 485. Session, die unter dem Motto "Die Fötz honn Egge" steht, was man mit "Die Fürze haben Eggen" übersetzen kann. Das sagt man dort immer dann, wenn einem etwa ein gewöhnungsbedürftiger und skeptisch machender Vorschlag gemacht wird. Sinnbildlich also "Was hast du denn für Fürze im Kopf, das kannste knicken, wird doch nie im Leben was!" Schon im Sommer 2019 wählte man dieses Motto übrigens aus und ausgerechnet in diesen närrischen Tagen bekommt das in Thüringen jetzt noch so ein auch politisches und gesellschaftliches Futter - Punktlandung! :nuke: Und so kamen gestern also 9000 Schaulustige nach Wasungen, um Punkt 14.11 Uhr dem historischen Umzug mit 2500 Narren und über 90 Gruppen zuzujubeln. Besonders gefeixt wurde u.a. bei nem Wagen, auf dem ein Greta- und ein Trump-Double in nem überdimensionalen Wetterhäuschen stand und davor der Spruch "Bei Greta steigt sein Thermometer" Nicht nur bei ihm. Aber der Schweiß der karnevalistischen Vorbereitung hat sich echt wieder gelohnt, drum ein Hellau - oder wie man dort auch immer sagt - nach Wasungen. Bei euch hatten definitiv "De Fötz" keine "Egge", gute Arbeit, ich trink ein Bier auf euch, die Pfannkuchen werden bei mir ja eh schon die ganzen Tage verhaftet! Wer nochmal abseits der allseits bekannten Umzüge von Köln, Düsseldorf, Mainz oder Rottweil reinschauen will, bitteschön hier.


    So, da wünsch ich allen Narren die nächsten Tage viel Spaß und mögen morgen die Kamelle über euch kommen. Vielleicht habt ihr ja beim Festprogramm auch Glück und es wird nicht nur wieder ein Fremdgehn zu schlechter Musik. Dieser Reim war höchst beabsichtigt, so wahr ich auch dieses Jahr wieder nicht als Teufelchen verkleidet bin. Oder vielleicht doch? :teufel:


    Schönen Sonntag, Hellau, Allaaf und was weiß ich denn noch. Euer Herzblut, tätäää... :cool2:

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  • Immer wieder geil, die Plagegeisterimpfung ist dann aber doch etwas komplizierter (zumindest bei mir). Hat mich schon 4 Tage gekostet und wird mich im März noch zwei kosten ;) .

    24.09.2012 - 08.12.2012

    Danke an Wayne Simmonds (Philadelphia Flyers, 9 Spiele, 4 Tore, 10 Assists), Chris Stewart (St. Louis Blues, 15 Spiele, 6 Tore, 14 Assists) sowie Clarke MacArthur (Toronto Maple Leafs, 8 Spiele, 4 Tore, 6 Assists) im Trikot der Eispiraten Crimmitschau

  • Na hoj, da hast aber wirklich kein leichtes Los @SteffSn. Ich kann mich entsinnen, die letzte Impfung war bei mir in den ersten beiden Sitzungen innerhalb einer Woche, die dritte dann etwa 5 Monate später.

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    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Die ersten beiden waren bei mir im September und Oktober letzten Jahres innerhalb von 4 Wochen (ich glaube es waren 3 1/2). Danach hätte man laut Ärzten schon den vollen Schutz. Die dritte ist 5,7 Monate nach der zweiten zu verabreichen (das ist bei ir am 24.3.), aber sie ist quasi schon eine Art erste Auffrichungsimpfung. Da ich eh zu der Zeit in Jena weile, lässt sich das dieses Mal wirklich Klasse verbinden.

    24.09.2012 - 08.12.2012

    Danke an Wayne Simmonds (Philadelphia Flyers, 9 Spiele, 4 Tore, 10 Assists), Chris Stewart (St. Louis Blues, 15 Spiele, 6 Tore, 14 Assists) sowie Clarke MacArthur (Toronto Maple Leafs, 8 Spiele, 4 Tore, 6 Assists) im Trikot der Eispiraten Crimmitschau

  • Von Globazillierung, geheimen Tagebüchern und übervollen Premiumhosen


    Die Tür öffnet sich und unser wortgewandter Barde betritt die Manege. Ein kurzes Winkewinke zur Wirtin und ohne sich groß umzuschauen eilt er zum stillen Örtchen. Vom Stammtisch schallmeit's ihm feixend hinterher "Was'n mit dir los Herzblut - hast'n flotten Otto oder ist dir das offn Magen geschlagen, weil die nu alle de Bayern-Banner mehr beachten als eure, gnihihie?" Er winkt kurz ab und verschwindet. Nach kurzem Warten kommt er wieder und sein erster Weg geht wie gehabt zur Wirtin "So, grüß dich, meine Gudä - ich hab mir erschtma de Schlaghand desinfiziert. Ich komm ja mit der schlimmsten aller Buslinien hierher un mor weeß ja nie, wer da vor einem den Türöffner gedrückt hat. Nachher hat der noch Verwandte, die letzte Woche chinesische Faschingsrituale begangen ham..." Er öffnet seinen Rucksack und lässt sie mal kurz reinschauen "Darf ich das heute ma, das passt doch so gut? Ich zeig mich och erkenntlich, soll nich dein Schaden sein." Unsre Cheffin lacht sich ins Fäustchen ;D "Off sowas kannst och nur du kommen! Na gut, ich seh das zwar nich so gerne, aber weil du's bist ausnahmsweise...aber nehmt wenigstens meine Gläser dafür!" Er nickt ihr dankbar zu, überreicht ihr ein kleines Päckchen mit Selbstgebackenem, dann gehts ab an den Stammtisch. Dort ist man schon voll im Element, es gibt 2 Themen und zu einem zaubert unser Redner die passenden Getränke ausm Rucksack. Das Gelächter ebbt erst ab, als die Wirtin die Gläser bringt und alle ihr Corona ordnungsgemäß umgefüllt haben. Man prostet sich zu und bei dem Zug beginnt das Herzblut auch sofort mit seinen Ausführungen.


    Na wie siehts aus bei euch, seid mal ehrlich...wieviel Konserven, Kartoffelbreipäckchen und Wasserflaschen habter die letzten Tage dem weinenden, in seinem leeren Laden einsam zurückbleibenden Penny-Franchise-Verkäufer aus den zitternden Händen gerissen? Guggt lieber nochma mit mir zusammen auf die Liste: Drei Packungen Eier, zwei 40cm lange Jagdwürste aus Rostock, 10 Päckchen Bockwürste und Brühpolnische aus der Lausitz, von Sachsenmilch sechs Stück Butter, acht Becher Frischkäse mit und ohne Kräuter und fünf Kartons haltbare Moloko, sieben Becher Nudossi, vier Jumbopackungen Daschendieschor und Abbordbabbier aus Kriebstein, drei Flaschen Fit, zehn Tafeln Rotstern-Schokolade, vier Tüten Wurzener Erdnussflips, drei geschnittene Kraftmabrote, fünf Riesaer Nudeltüten und ausreichend Pivo - ich denk ma, ihr habt alles zusamm', nu kann dor Corona auch über euch kommen. :schwitz: Mensch, was war diese Woche in den Supermärkten los, ne einzige hysterische Hölle. Zur Unterstützung vermeldet das im Hintergrund eingespielte Privatradio neben grausamen Gedudel die neuesten Tickernachrichten der Boulevardjournallie, allen voran das Wurschtblatt mit den 4 großen Buchstaben. Ich denk mir immer bei diesen Aufruhrverursachern, sind die auch im wahren Leben so gottserbärmlich dämlich oder steht das nur im Arbeitsvertrag bei BILD und Co, dass Spuren von Hirn und journalistische Grundkenntnisse nicht erwünscht sind?


    Und die Panikmache hat nicht nur bei uns Hochkojunktur iwoh! Seit paar Tagen können wir auch das grassierende Denkversagen von anderswo mitverfolgen, so auch aus den USA. Die Politik lass ich hier gleich weg, der Obercowboy sitzt verbal fest im Corona-Sattel und machte nur mal kurz mit "Es wird enden!"Peng. Nee, der Wahnsinn treibt auch dort ganz andere Blüten: Seit Tagen wird nun schon Dank des Marktanalyse-Unternehmens YouGov vermeldet, dass die Beliebtheit des Corona-Bieres von 75% zu Beginn des Jahres auf 51% Ende Februar gefallen sei. Auch die PR-Agenturen kamen durch Umfragen in ihrer Nutzlosigkeit zum gleichen Ergebnis - die Leute würden in immer größerem Ausmaß auf Corona-Bier verzichten. Frage: Wer ist blöder - der Fragende oder der Befragte? Ich mein, die Brühe hab auch ich vor vielen Jahren mal testweise in mich reingeschüttet...es gibt weitaus bessere. Dennoch, der Eigentümer dieser Biermarke musste gestern vehement jene Umfrageergebnisse in typisch amerikanischer Art zurückweisen "Unsere Gedanken und Gebete sind bei allen, die von dem schrecklichen Virus betroffen sind, doch das Geschäft mit dem Corona-Bier ist davon nicht betroffen." Und bei all der Panik und der fieberhaften Suche nach nem Impfstoff stellt mittlerweile kaum noch einer die sehr direkte und entsprechend unangenehme Frage, wo kommt diese neuartige Pestillenz denn her, was sind die Ursachen dafür und wie und warum wurde das weltweit verbreitet? Die Chinesen mögen einerseits eine Weltmacht sein, andererseits sind sie...es kommt der Virus und die in Fernost hergestellte Medikamentencharge...bestenfalls ufm gleichen Schiff...wir habens hier im wahrsten Sinne mit einer Globazillierung zu tun und baden das nun auch im Kampf ums letzte Nudelpaket beim Penny um die Ecke aus. :look: Eigentlich müsste man über die letzten Tage ein Tagebuch schreiben...


    "Liebes Tagebuch! Ich heiße Jürgen und muss dir mal was erzählen. Was ich die letzten 10 Wochen erlebt hab, das glaubt mir keine Sau! Nur Amateure, nur uncharismatische Sesselpupser um mich rum, die ständig nur rumschwindeln und einfach zu faul und blöde sind, ne hauptstädtische Übermannschaft auf die Beine zu stellen - ich möchte einmal mit Profis arbeiten!!! Das heißt, hab ich ja, 2006 war das, da haben unter mir der Franz, der Horst R., der Theo, der Wolfgang und mein Lehrling, der Jogi, höggscht charismatisch und leistungsorientiert an-, beiseite- und weggeschafft. Wir haben damals doch so schön "Was wir alleine nich schaffen, das schaffen wir dann zusamm" gesungen. Und so haben wir alle zusammen den Fußball geschafft, es gab so eine Leichtigkeit und Freude und jetzt? Nichts, aber auch gar nichts funktioniert hier, alle Spieler zu alt, zu krank und zu verletzt, der Sportdirektor und der Präsident sind ahnungslose und ständig nur verweigernde Nulpen. Niemand packt hier richtig mit an und ich mach mich hier nur noch zum Horst, liebes Tagebuch. Und drum übergeb ich erst mich wie so oft in den letzten Wochen und dann übergeb ich dich an den einzig charismatischen und weitblickenden Horst, nämlich den Windhorst. Dass der das mal mitbekommt, wie diese lausigen Amateure in meinem Schatten mit seinem schwer verdienten Geld umgehen und wie sie mich nun fertig gemacht haben. Und wenn er das irgendwie verdaut und bei diesem Amateurverein mal aufgeräumt hat, back ich uns einen leckeren Hefezopf und paar süße Rosinenwecken. Ich geh jetzt, dein Jürgen." :D


    Keine Spur von Mitleid mit der Hertha, kein Stäubchen davon! Wer sich den Deifel ins Haus holt, darf sich nicht wundern, wenns nach Schwefel riecht und heiß unterm A... wird. Und damit mein' ich nicht die Verpflichtung des Über-Ober-Supidupi-Sommermärchentrainers. Der hat nur das getan, was er musste. Und wollte. Er hat darüber ein simples Tagebuch geschrieben, sein Auftraggeber sollte auch bekannt sein. Und Konrad Kujau lacht sich grad auf seiner Wolke scheckig und ruft im tiefsten Sächsisch runter: "Hior, du Bäggorgesällä - da musste nor bissl üben, das muss nor spannendor aussähn!" :ohje: Die altehrwürdige Hertha hat sich auf ihre alten Tage verkauft und Klinsmann hat ihr hintergründig den entlarvenden Spiegel vors faltige Gesicht gehalten. Nee, stimmt ja gar nich, die Sportbild wars. Und die Verantwortlichen wissen jetzt auch, wie das mit dem Sprichwort "Hinter jeder Lüge liegt auch ein Fünkchen Wahrheit" gemeint ist.


    Ach ja und weil ja dieses Wochenende vermeintlich Fußball-Geschichtsträchtiges im Premiumprodukt passiert ist, mal ne Passage aus meinem Tagebuch: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus und so haben sie sich zutiefst symbolisch 13 Minuten lang den Ball zugespielt. Sie haben in diesen 13 Minuten für ihr gemeinsames Premiumprodukt und für den Premiumpartner des Premiumverbandes gespielt. Sie haben für sich alleine, ihren zu wahrenden Besitzstand und die seelenlosen und nichts hinterfragenden Event-Klatscher gespielt, passend dazu hat der Himmel geweint. Und passend dazu gingen diese 13 Minuten 0:0 aus, also zwei große Nullen haben (un)entschieden "gewonnen". Den aufstehenden und nicht schweigenden Bannerideologen kann ich derweile nur mit aufn Weg geben - vergreift euch doch nicht an einem 80jährigen, der doppeldeutig austeilt, verteilt und auch einsteckt und sich bedient. Eure Wortwahl ist für eure Generation alltäglich, für seine unpassend. Greift dort an, wo's wirklich Wirkung zeigt, dann zeigts im Ergebnis auch bei ihm Wirkung. Und verwechselt nicht die Ursache mit der Wirkung, weil darauf wartet man doch nur. Eure Artikulation muss einfach woanders richtig weh tun, weil die wahren Täter, Regelbrecher und Zerstörer unseres Lieblingssports sitzen woanders. Sport frei! :nuke:


    Hopp, Hopp, Hopp,
    Mafia lauf Galopp!
    Über Regeln, über Schein',
    doch nicht nur in Hoffenheim.
    Hopp, Hopp, Hopp,
    Mafia lauf Galopp!


    Schönen Sonntag und bleibt gesund. Euer Herzblut :cool2:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Aus der Sprache ward Geschwafel - Adjeu, du gute alte Kreidetafel


    Die Tür geht auf "Oahr, hier isses schön warm hinne..." Das Herzblut ist sichtlich erleichtert, bei dem Grippewetter endlich unser Lokal betreten zu haben. "Nu Grießä alle zusamm', ich geb heut ma Keenem meine Schlaghand, irschndwie isses mior heute ni so...besser is besser. Cheffin, als Vorsuppe machste mior heute ma ne Hühnerbrühe un ä bissl Toast." Sie nickt ihm nach nem Begrüßungs-Winkewinke zu. "Wird gemacht, wärm dich erschtma off!" Er klopft aufn Stammtisch und nimmt Platz. "Mensch Herzblut, du hast aber heute dicke Oochenringe, hast wo glei de Nacht durchgemacht?" Er schüttelt missmutig den Kopf "Nee, scheen wärs, ich gloob, ich brüt was aus. Am Donnerstag nachm Einkoofen geschwitzt wie ne Sau, der Wind kam frontal von vorne...ich leg jetz ma fest, es is nich der Corona-Mist! Allzu lange haltsch mich heut desdorweechn och nich off hior. Was habter denne für Wünsche, mit was ich euch heut offn Geist gehn soll?" Die zwei allumfassenden Themen der letzten Woche, also den Virus und Hopp mit Rummenigge Hand in Hand im Regen und die Folgen beschließt man außen vor zu lassen. Zwei Tische weiter wischt ein noch Kindergartenkind auf nem rosa Tablet rum und interessiert sich nur entfernt fürs Essen mit Mama und Papa. Die Kleine stammelt zwar gut hörbar, aber nicht verständliche Wortfetzen Richtung ihrer Erzeuger, die in Sachen Ausdruck mit ihren Überredungskünsten ebenso unterwegs sind. Das Herzblut kann nicht widerstehn "Meine Güte...Hior du...kleines Mädchen du...machst du das Zuhause auch so...erstmal schön aufessen du, dann darfste spielen! Sonst schimpft dor Onkel und die Tante Wirtin is ganz traurig." Das halbe Lokal nickt, die Eltern schauen pickiert und die Kleine tauscht bei dem strengen Blick von dem großen Onkel mit wenig Haaren aufm Kopf und seiner Brille im Gesicht sofort das digitale Wischgerät mit dem analogen Esslöffel und schlabbert folgsam seine Spirelli. "Siehste Mädchen, so gefällt mior das schon besser, geht dor!" Er flüstert seinen Stammtischkollegen zu "Nu guggt euch nor ma die Scheiße dort an, ham grad ma mitm Krabbeln offgehört und könn' noch nichma richtig reden, aber Hauptsache, de Aldn brauchn sich nich um se kümmern un ham ihre Ruhä! Und wenn ich da so drüber nachdenk..."


    Diese Woche wurde ich im Bus Zeuge einer erregten Diskussion einer Omi mit ihrer erwachsenen Tochter. Es ging ums Enkelkind, bei dem in der Vorschulgruppe des Kindergartens wie zu hören erhebliche sprachliche Defizite festgestellt wurden. Und nun sollte das eine Fachkraft für Logopädie auf dringendem Anraten der Kindergartenleiterin richten, die Omi wollte das unbedingt, die liebe gute Kindsmutter nur mit erheblichem Widerwillen, weil sie sich in "ihrer Erziehung von dieser alten Bitch im Kindergarten nichts vorschreiben" lassen wolle. :look: Die hatte ordentlich Schaum vorm Mund und es hat nich viel gefehlt, dass ihr die durchgezogenen Ringe in der Unterlippe auf der Stelle gerostet wären. Die Wallungen wurden irgendwann von einem grausam spackigen Klingelton ihres Smartphones unterbrochen, das folgende Gespräch mit einer ihrer Freundinnen ließ mich dann aufgrund des sprachlichen Nichts erschaudern und den Kopf schütteln. Ich sags mal so - Klingonisch ist dagegen eine äußerst sanfte Sprache. Neben mir saß eine nette ältere Dame und die schüttelte mit mir irgendwann simultan das Köpfchen. Als jene Oma nebst ihrer "fürsorglichen" Tochter endlich ausgestiegen war, meinte die Dame neben mir: "Also wenn die schon solches dummes Kauderwelsch am Telefon quatscht, will ich nich wissen, wie schlimm ihre Tochter redet. Das arme Kind!"


    Nun gibt es Logopäden ja nicht wie Sand am Meer, auch in Chemnitz nicht, auf dem Land erst recht nicht. Der Grund ist mal wieder hausgemacht: Einer mehr als anspruchsvollen Ausbildung und Tätigkeit folgen ein nicht gerade zielführendes Einkommen, miserable berufliche Perspektiven und von beruflicher Wertschätzung durch die Entscheidungsträger kann auch keine Rede sein. So gelten z.B. erst seit Juli 2019 in ganz Deutschland die gleichen Vergütungssätze für eine Behandlung durch den Logopäden, vorher konnte man in unseren Breitengraden vom Westniveau nur träumen. Selbst die Agentur für Arbeit muß mittlerweile die Hände heben und diesen Beruf als "Mangelberuf" deklarieren, weil keiner davon wirklich leben kann. :( Und der Bedarf ist hoch, denn auch wer nach einem Schlaganfall oder mit ner Parkinson-Erkrankung wieder halbwegs stimmlich auf die Beine kommen möchte, der küsst solchem Fachpersonal bei entsprechenden Erfolgen die Füße. Der mir bisher unbekannte Verband der Logopäden berichtete diese Woche dem geneigten Radiohörer, dass es in Deutschland derzeit etwa 29.000 Logopäden (90% sind Frauen) gäbe und die Hälfte von ihnen würde in Teilzeit arbeiten. Und die haben auch in Sachsen jetzt langsam wieder alle Hände voll mit Sprachtherapien zu tun, die Einschulungsuntersuchungen z.B. lügen nicht. Derzeit gibt es 12.000 sächsische Vorschulkinder, bei denen Sprech-, Sprach- oder Stimmstörungen festgestellt wurden. Eine davon ist die Kleine, von der ich im Bus hörte und ich wünsch ihr, dass ihre Omi den längeren Atem hat, als ihre gut beringte und tätowierte Mama. Gestern war der europäische Tag der Logopäden und auf diesem Weg wollte ich denen mal ne dicke fette "1" auf die gute alte Kreidetafel schreiben.


    Denn ich hab noch (nicht nur) eine auf Arbeit, so wie Gott sei Dank die allermeisten Schulen in Sachsen auch. Diese Woche war beim Genuß des Heimatsenders mal wieder das Raufen der nicht mehr vorhandenen Haare angesagt, denn mit viel überkandideltem Tamtam wurde die zweite "kreidefreie Schule" in Sachsen "gefeiert". Die erste ihrer nur noch digital daherkommenden Art gibts seit 2013 mit ner Oberschule in Plauen und nun zog die Georgius-Agricola-Grundschule in Freiberg mit ordentlich Fördermitteln aus dem Digitalpakt Sachsen nach. Anstelle der bisherigen grünen Wandtafeln hat jetzt jedes Klassenzimmer nen interaktiven Bildschirm und ein Whiteboard, sowie Laptop-Klassensätze, die im Unterricht ergänzend eingesetzt werden. Die Schulleiterin - ehemals Schuldirektorin genannt, auch wieder so'n fragwürdig weggewischter Begriff - ist der Meinung, dass die Schüler mit der digitalen Technik auch an Medien herangeführt und auf Gefahren hingewiesen werden sollen: "Man kann ihnen auch Internetadressen zu geben, wo sie was nachschlagen können oder wo sie was daraus lernen können und davon wegkommen nur zu daddeln oder Spiele zu spielen." :D Muahahaa, das hieß vor noch nich allzu langer Zeit Duden, Lexikon, Nachschlagewerke und nach der Schule an der frischen Luft spielen, oder Oma und Opa beim Rausschmeißer rausschmeißen, ne Eisbahn auf Nachbars Fußweg anlegen oder um die Wette zum nächsten Sportplatz radeln. Die Schulleiterin beharrt auf ihren Standpunkt: "Wir arbeiten gern damit und es macht den Kindern Spaß. Die Vorbereitung ist etwas umfangreicher, aber es gibt so viele Möglichkeiten, mit den Tafeln zu arbeiten. Man kann Lieder einspielen, man kann Filme einspielen, man kann zeitgleich mit den Kindern arbeiten." Hach, so ein Trallalla aber auch und viereckige Augen inklussive, mit denen man dann nebenbei und irgendwann mal in die Hefte und Bücher schaut, die es erleichtenderweise weiterhin in dieser Schule geben soll.


    Nun gibts da aber 2 Problemchen: Das erste wären die technischen Probleme, es würde laut jener Schulleiterin "nicht immer alles laufen." Ja wo laufen sie denn hin, die interaktiven Bildschirme, wo laufen sie denn? Sie hätten aber ne Firma, die die Schule betreuen würde und schnell vor Ort sei, "um die Technik zu richten." Zu richten? Ein Schüler ruft nach vorne: "Herr Lehrer, das Whiteboard hängt schief, we need an Technical Handwerker!" Und das zweite Problem führt uns Madame auch noch vor Augen: "Die Digitalisierung der Schule erfordert eine ständige Weiterbildung der Lehrer." In Sachsen? Bei dem Lehrermangel? Ständige Weiterbildung? Wenn ein Lehrkörper nicht selten und nach wie vor bei geöffneten Klassenzimmertüren durch den Gang hirscht und bei mehreren Klassen gleichzeitig "Unterricht" macht? Muahahahaa, jetzt weiß ich endlich, weshalb hier soviel Unterricht ausfällt - die machen alle Weiterbildung. Auch die, die's nach wie vor gar nich gibt. Und mit dem Wissen stürzen sie sich und die anvertrauten Schulkinder ins digitale Nirvana. Nu is aber die analoge Praxis nix mit Nullen und Einsen, sondern da musste noch unter Umständen mit den Händen arbeiten und deinen eigenen Augen und Ohren trauen und nicht dem Onkel Google und seinen gesteuert "allwissenden" Verwandten. Und wenn du großes Glück hast, brauchst du dafür nur bissl Eigenantrieb, paar mitdenkende Gönner und kannst sogar auf nen Logopäden verzichten. :nuke:


    Isch wiensch oisch ainen scheenen Sondakh. Ojor Härdsbluuhd.

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

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