Auf ein Bierchen mit Herzblut - der Sonntagsstammtisch

  • Auch Höflichkeit ist eine Tugend - vom Alter bis zur Jugend


    "Mensch, gudn Daach heeßt das, wenn Erwachsene in ne Gaststätte kommen - de Gusche fällt von alleenä wieder zu!" Unser Herzblut stutzt beim Tür aufmachen ein gelangweiltes junges Ding mit aufgerissenen Jeans zurecht, weil sein gut gemeintes "Hallo" absolut keine Erwiderung finden wollte. "Du, solche Jeans, die hatten schon Oma und Opa in den Achtzigern an, geil nor Aldor?" Die junge Dame hats nich kapiert und wendet sich auf der Treppe wieder ihrem Smartphone zu. Das Stammtischgelächter lässt bei der Szene nicht lange auf sich warten und auch unsre Wirtin kichert "Du kannst's ähm nich lassen, immer lässt du zum Sonntag een gucken!" Man begrüßt sich lachend, das Bier steht schon auf der Bestellliste und beim geübten Blick auf die Tageskarte weiß das Herzblut sofort, heut gibts bei ihm Wellfleisch mit Weinkraut und Klößen in Meerrettichsoße. Sein Klopfen auf den Stammtisch bleibt auch heute nicht ohne wortgewandte Umrahmung "Einen wunderschönen Sonntag, mein hochverehrtes Stammtischpublikum, ich wünsche dann wohl zu Speisen." Einige erschrockene Blicke folgen "Was'n mit dir los, haste heut schon paar Bier gesoffen oder warum hast'n so'n Zierschnauzenkrampf?" Er ruft kurz zur Wirtin "Hior, die kriechn heute nüschd, die sin überhaupt nich höflich, gnihihie!" :D Und bei höflich:


    Diese Woche hatte ich wieder volles Programm auf Arbeit - die Kinder sind wieder in ordentlicher Klassen- und Kindergartengruppenstärke über mich gekommen. Je kleiner die Wänster, umso herzerwärmender wirds meistens, so auch diesmal. Die Höflichkeitsformen aus längst vergangenen Tagen kamen wieder gut an, auf mein "Gudn Morschn, liebe Kinder!" zauberte man mir mit "Gudn Morschn, Herr Lehrer!" sowas wie Musik in die herzblütigen Ohren. Nicht wenige staunten, was bei deren Ticktack-Oma's und Opa's (Uroma und Opa, Anmerkung der herzblütigen Redaktion) alles an Etikette und Benimm so richtig cool war und was die damals auch alle von ihren Eltern so mitbekommen haben. :afi: Angepinselte Fingernägel gabs da ebensowenig, wie Kaugummi kauen oder im Unterricht dauernd aufn Lokus rennen, nur Grade und Stille sitzen und nur den Mund aufmachen, wenn man gefragt wird oder ne Antwort geben möchte. Und wie meistens gabs das größte Erstaunen, als ich denen mit auf den kindlichen Weg gab, dass es vor 100 Jahren keine Mama und kein Papa gewagt hätte, in die Schule zu gehen und sich wegen ner schlechten Note zu beschweren oder gar um extra Kurzvorträge zu betteln, damit die Abschlussnote dann doch fürs zur Ramschware degradierte Gymnasium reicht...


    Ich will heut mal einem kleinen Jungen ein Denkmal setzen, was er sich mit seiner kindlichen Neugier und dabei so herzerfrischend ehrlichen Höflichkeit gegenüber Erwachsenen auch mehr als verdient hat. Er ist ein echter kleiner Sonnenschein und immer, wenn er mit seiner Mutter den Bus betritt, geht die Sonne auch am Abend auf und du vergisst komplett den tagsüber erlebten Stress. Dies immer mit dem möglichst gleichen Procedere: Sein Stammplatz ist in der ersten Reihe rechts, mit freiem Blick durch die Frontscheibe und dem fahrenden Personal mit dem hochinteressanten Arbeitsplatz links. "Hallo, gutn Tag Busfahrer" oder sowas in der Richtung - der Junge beginnt seinen Flirt immer mit der ihm anerzogenen Höflichkeit. Und keine Busfahrerin oder ihre männlichen Kollegen können diesem kindlichen "Grießä" widerstehn und ab da geht auch mir als genießendem Augen- und Ohrenzeuge regelmäßig das Herz auf. So wie auch letzte Woche: "Duhu Onkel, wie lange fährstn du heut noch mit deinem Bus?" Na wird er...ja er wird und lächelt den Kleinen kurz von der Seite an "Ich fahr noch ne ganze Weile und wenn ich Feierabend hab, dann schläfst du schon längst." Die Konversation nimmt ihren Lauf...


    Auch bei meinen Schülern achte ich grundsätzlich auf gewisse Umgangsformen und Höflichkeit. So sollte es ja auch in ihrer richtigen Schule sein und sowohl sie, als auch die Lehrer haben was davon. Pünktliches Erscheinen in relativ schulgerechten Klamotten, Mützen, Basecaps oder Kapuze ab, eine obligatorische Begrüßung, Melden vor der Antwort und nicht nach 5 Minuten den Kopf auf die Schulbank fallen lassen, weil am Vorabend mal wieder ewig lange Gedaddelt wurde. Wenn ich allein dazu die Berichte einiger Kinder über die Gepflogenheiten der Elternhäuser höre, dann stehn mir regelmäßig die nicht mehr vorhandenen Haare zu Berge. Von den Schmink- und Fingernagellackierorgien ganz zu schweigen...


    "Machst du dann an der Endhaltestelle erstmal Pause?" Der Mutter ist das jedesmal sichtlich peinlich und jedesmal gibts dennoch ne strahlende Antwort aus der Kanzel "Nö, so lange kann ich gar nicht Pause machen, muss nach 10 Minuten weiterfahrn, weiß du..." Derweile steigen paar andere Kinder mit ihren Eltern ein und man belöffelt sich Generationenübergreifend mit "Eh, du bist doch behindert...Nee, du bist behindert!" Der Junge nimmt vorne davon wenig Notiz, gibt Wichtigeres: "Und wenn du Pause machst, hast du da auch was zum Essen und Trinken?" Jetzt wirds spannend, trotz des Lärms hinten im Bus steigt die Anzahl der Zuhörer in unmittelbarer Nähe leicht an "Jahahahaa, ich hab meine Schnitten immer dabei und dazu trink ich nen warmen Kaffee...und du, was gibtsn bei dir heute Abend?"...


    Wenn ich bei manchen Schulen mitbekomm, was es da auch ernährungstechnisch für aberwitzige Gepflogenheiten gibt...mich hätte man in meiner Schulzeit des Klassenzimmers verwiesen, wenn ich mitten im Unterricht angefangen hätte zu Essen oder zu Trinken. Wobei Letzteres gar nicht erst infrage kam, Getränke wie man sie heute bei den Kindern mitgeschleppt sieht, waren bei uns tabu. Fragt mich doch ein Schüler diese Woche "Wann darf ich denn endlich was trinken?" Erschrocken wie ich war "Was jetzt im Unterricht, darfst du das in deiner Schule auch?" Die nickende Antwort bereitet mir Tage später auch noch heute Kopfzerbrechen. :stoehn: Ich sehs ja ein, wenns dafür auch gesundheitliche Gründe gibt, aber das soll auch sonst normal sein - ein Lehrer unterrichtet, stellt ne Frage und die packen lieber ihre Bemmen aus und nehmen nen tiefen Schluck? Ordnung und Sauberkeit sowie soziale Umgangsformen im Klassenzimmer, Respekt vor dem lehrenden Personal, die ihm aufgehaltene Tür...wo bitte ist die Zeitmaschine mit dem Rückwärtsschalter?...


    "Mama, was essen wir heute Abend? Und Onkel, fährst du morgen auch wieder den Bus hier, seh ich dich dann wieder?" Der Großteil der Kinder ist mitsamt deren Eltern im Bus meist von ganz anderem Kalliber. Ich kam mir auch an jenem Abend vor, als wär ich in der Endabnahme einer Kreissägenfabrik oder bei Deutschland sucht den Super-Smartphoner gestrandet. Und deren Kinder waren nich viel anders! Aufstehn, wenn alte Leute in der Nähe sind - is nich. Sich an diese wundersamen Bildchen mit den durchgestrichenen Flaschen und Pommes-Tüten an der Buswand halten - war auch diesmal nich. Einfach mal die Gusche halten oder zumindest einer gesitteten Phonetik fröhnen - nicht bei dieser selbsternannten "Behinderten"-Armada mit ihren zurechtgebastelten Freiheiten. Die Mutter unseres Kleinen schüttelte nur mit dem Kopf und es trafen sich mit mir ein paar Blicke, die das Gleiche dachten. :nuke: Eine einzige Katastrophe, wie viele heute mit ihrem bis zur Anarchie vergewaltigten Erziehungsauftrag unterwegs sind und dabei Schritt für Schritt gesellschaftliche Normen in die Tonne kloppen. Diese abendliche Busfahrt war wieder mal ein Paradebeispiel dafür. Die Mutter nahm ihren Kleinen an die Hand, er rief dem Fahrer nochmal "Tschüssie" zu und wie immer gabs draußen ein Winkewinke zwischen Fahrer und ihm. Er war auch an diesem Abend mal wieder das so ziemlich einzige normale Kind im Bus, freundlich und wissbegierig, gut erzogen und er wird zurecht dafür gemocht. :umarm:


    Der Junge mit seiner fürsorglichen Mama an der Hand geht mit Trisomie 21 durch sein Leben.


    Ich wünsch euch einen schönen Sonntag und trink auf euer Wohl. Prost, euer Herzblut. :bierkruege:

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  • Von den Freuden echter Hirnis


    "Oahr, wie das duftet, da leeft ehm ja dor Saft in dor Gusche zusamm'!" Das Herzblut wetzt schon draußen vor der Tür beim Anblick der Tageskarte und den Gerüchen von drinnen innerlich sein sonntägliches Kampfbesteck. "Oh du meine Virtuosin an Topf und Tresen - sach bloß, du hast frische Pilze zum Sauerbraten heute, das riech ich dor bis hierher!" Hat 'se unsre Wirtin, hat'se und sie freut sich, dass die Überraschung gelungen ist. "Grüß dich, ja die hamwer heut früh in ner guten Stunde gesammelt, wenn bloß die elende Putzerei nich wär." Die Essenswahl wär also für heute schonmal geklärt, der Stammtisch hält sich auch schon wieder in froher Erwartung an den Biergläsern fest und am Nachbartisch übt die jüngere Generation derweile die Feinmotorik beim Smartphonewischen. Es kommt bei dem Anblick alsbald die Diskussion auf, wie genial es doch wäre, wenn das Mittagessen Zuhause in Zukunft eine App kochen könnte, inkl. Bedienung und Aufwasch. Das Herzblut stöhnt für alle hörbar auf "Hört mior bloß mit dem App-Käse off, ich hab da vor paar Tagen wieder nen Streifen erlebt..."


    Am Mittwoch hat mir mein Mutterherz wieder "frei" gegeben und so binsch nach der Arbeit in den Garten. Und wie's meinem Vater früher auch immer mal wieder ging (und wir uns öfters aufs seine Kosten vorzüglich drüber amüsiert haben), so traf auch mich mal wieder der Fluch: Schlüssel ins Schloß vom Gartentor, aufschließen, Tor hinter dir zuknallen - und es fängt an zu schiffen. Die 10 Meter bis zur Laube waren begleitet von zum Sonntag nicht auszusprechenden Flüchen und etwas dickeren Halsschlagadern. Laube auf, Wasserkocher an, erstmal ä Käffchen zur Beruhigung. Ein geübter Griff zur Keksdose :was: ...verf...Sch...wer hat meine Kekse angefressen? Unbestätigten Berichten zufolge haben sich die Mäuse vor Lachen eingepinkelt. Na da ähm nur das Stück mitgebrachten Unterleibskuchen - na ihr Nager, wer lacht nu zuletzt? Ein Blick nach draußen, der Regen hörte auf, an die eigentlich zu erledigenden Dinge war aber nicht zu denken. Weeßte was Herzblut, ziehste deine Gummistiefel an, schnappst dir deinen alten Pilzkorb und machst am Hintereingang zur Gartenanlage ne Gugge in den Wald.


    Das war DIE Idee der Woche, in nicht mal einer Stunde war der Korb voll. Der Waldboden ist noch warm, durch den Regen dampfte es - und die Pilze kamen quasi wie von alleine und regengeputzt aus dem Boden. :hurra: Rotkappen, Birkenpilze und vor allen Dingen Steinpilze (davon nicht einer wurmig) und jede Menge kleine Maronen durften die kurze Reise in den Garten zum Putzen antreten. Und wie jedes Jahr gabs auch diesmal Pilze, wo du grübelst - kannste den öfters essen oder nur einmal? Mal bissl was für die mykologische Bildung nebenbei: Der Fliegenpilz hat seinen Namen nicht, weil er wie derzeit wunderschön anzusehn, in Schwärmen quasi ausm Waldboden fliegt. Und schon gar nicht, dass man nach seiner Verköstigung in bewußtseinserweiteren Sphären schwebt. Neenee, als es vor Jahrhunderten noch keinen Kühlschrank gab, haben die Leute ihre Lebensmittel ja mitunter in Kammern und Löchern unterm Haus gebunkert, was ja auch Fliegen anlockt. Und clever, wie man damals war, hat man im Herbst Pilze gesammelt, einen Sud davon gekocht und diesen in Schälchen einfach aufs Fensterbrett gestellt. Die Fliegen sind wahrhaft "drauf geflogen" und dran zugrunde gegangen und die Pilze hatten ihren Spitznamen weg.


    Nun gibts da ja auch "Waldbesucher", die sowohl vom Wald im Allgemeinen und den Pilzen im Speziellen sagen wir mal vorsichtig nur einen sehr begrenzten Horizont haben. Und solche Prachtexemplare durfte ich mitten in meinem Pilzvergnügen auch noch erleben. Schon von Weitem ein Geschrei, dass die ersten Maronen sich vor Schreck unter ordentlich viel Laub versteckt haben. Und dann kamen sie - Mann, Frau und 2 vermutlich noch nicht allzu oft im Wald gewesen seiende Kinder im Grundschulalter. Und sie kamen in ökologisch speziellen Mainstream-Markenklamotten und sie kamen mit...Plastebeuteln...jene Errungenschaften, gegen die sie dann 2 Tage später wieder demonstriert haben. |-) Sie kamen ohne Pilzmesser, alles wurde gleich mit Laub und Erde rausgedreht und in die Beutel gesteckt. "Mama, hier is schon wieder einer, können wir den auch essen?" Und dann passierte was, dass mich 9 Birken und 2 Rotbuchen weiter fast ausm Gleichgewicht brachte und ich mich erstmal auf nen Baumstumpf gesetzt hab. Diese Mama zückte ihr Smartphone und begeisterte ihre Familie mit einer Pilz-App. Ja, einer Pilz-App! :balla: Und die scheinen mittlerweile auch wie Pilze ausm Netz zu wachsen. Also mal ehrlich: Für nen regelmäßigen Pilzgänger oder fortgeschrittenen Auskenner hat das durchaus auch ne unterstützende Daseinsberechtigung. Jedem Frischling aber kann ich davon nur abraten: Bei den Röhrlingen ist es ja noch realativ überschaubar, die Lamellenpilze haben aber mitunter derartig täuschend echte "Doppelgänger, dass mir meine Gesundheit dabei vor geht. Anderen offenbar in ihrer Blauäugigkeit nicht, denn wie ich letzte Woche im Bayerischen Rundfunk sah, war die Intensivstation der Uniklinik Regensburg schon Anfang des Monats sehr gut besucht. Und alle, weil sie die Pfoten nich vom Handy bekamen und einem digitalen "Helfer" mehr vertrauten, als nem Pilzberater, der halt nicht gleich am Waldesrand seinen Wigwam aufgeschlagen hat. Nee, ich komm gar nich drüber weg...Plastikbeutel UND Pilz-App...und das zum 50. Jahrestag des legendären Beatles-Album "Abbey Road", da wendet sich ein jeder Pilzkopf mit Grausen. Wenns denn wenigstens ne Pils-App gewesen wär...


    ...das Bekloppte daran ist, auch die gibts und noch viel Nutzloseres fürs Smartphone obendrauf. Es kann ja sehr hilfreich sein, du bist unterwegs und suchst an deinem Ankunftsort irgendwas Einheimisches in Sachen Gerstensaft. Mittlerweile solls dafür auch schon die eine oder andere ganz passable App geben, die dich zielgerichtet an die richtige Flasche führt. Aber, was man mir diese Woche dann noch beim inteessierten Nachforschen im Netz zeigte, das lässt mich in den Wahnsinn abdriftend und fassungslos zurück - eine "Virtuell Beer Simulation"! :stoehn: Himmel, dass da manche Zeitgenossen ihr Handy als Grundnahrungsmittel betrachten und dessen Inhalt regelrecht fressen, ist ja allseits sichtbar. Aber jetzt auch noch aus ihm saufen - Hirnrissiges für Hirnis, als App. Und es gibt schier keine Grenzen: Einen Grillsimulator oder auch nen Dönerspieß zum virtuellen Selberdrehn...ein Kuheuter, was auf Schnelligkeit gemolken werden will..eine Handwärmer-App, die den Handy-Prozessor derart auslastet, dass dir warm an den Batschehändchen wird...ein virtueller Rasierer, der schön brummt und vibriert und du siehst nach 3 Tagen trotzdem aus, wie der Stülpner Karl nachm Gepäckmarsch. Sollte mal der Handy-Akku fast leer sein, auch dafür gibts Apphilfe und man kann sich dann mit Leuten schreiben, bei denen das genauso ist. Wer hatte nicht schon mal seinen Spaß am Luftpolsterfolie ausdrücken - selbst das kannst du per App. Und so richtig fürn Arsch wirds mit dem Po-Keeper, dort erfährst du bei dem, was da hinten bei dir rauskommt sehr genau, was das letztendlich über dich aussagt. Wenn das dann erledigt ist, mit der Toilet Paper-App kann man in Höchstgeschwindigkeit die Rolle abrollen und hat nich mal was rumliegen, so wie in der Realität bei "Danke", "Happy End" oder der guten "Regina".


    Was soll man dazu noch sagen? Als ich mir das alles mal näher durchgelesen hab, kam grad im Radio, dass doch allen Ernstes diese Präkariatsheulbojen von TicTacToe wieder in die Mikros flennen und irgendwelche Bühnen zweckendfremden wollen. Und dass es dafür noch keine App gibt, die das vollumfänglich verhindert, sondern nur eine fürs abzurollende Lokuspapier - also das find ich so richtig schi-schi-schi-schi-schi-schi-scheiße! Ja und dort wo das alles rauskommt, also am Eingang dieser Sohle ähh Körperöffnung lass ich passend zum heutigen Tag nochmal die Pilzköpfe mit ner neuen Version von Yellow Submarine singen: :zugabe: "Schiebt den Schachtern die Hämmer in den Arsch, Hämmer in den Arsch..."


    In diesem Sinne, ich ap(p)ologize mich für heute so manch ungehörige Wort zum Sonntag und wünsch euch einen schönen Selbigen. Euer Herzblut :ohje:

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  • Oma's Hausmittel gegen Veisalga waren doch die Besten


    "Hior meine Kleene, kannste ma bissl leiser deine Kastanchn offlesen und nich wegen jeder so rumschrein? Dor Onkel hat näm'ch Kopfweh..." Das Herzblut bahnt sich seinen Weg zum Eingang unsrer Stammkneipe und umkurvt zielsicher die rumliegenden Kastanien und ihre Schalen. Dass heißt fast, also eine hat sich unter nem großen Blatt versteckt, er rutscht drauf aus und kann sich vorm auf die Fresse fliegen grad noch so mit nem Rest sportlicher Gewandheit am Geländer festhalten. "Fordammisch, das fehlte heut noch, dass'sch mior de gudä Hose einsau!" Begleitet von Kindergekicher entschwindet er im Lokal. Sein erster Gang gilt wie immer unsrer Wirtin, nach ner kurzen und herzlichen Begrüßung steckt er ihr mal wieder eine seiner geheimnisvollen CD's zu und flüstert ihr was ins Ohr. Sie nickt und wischt sich dabei ein Tränchen aus den Augen "Willst du das wirklich heute...?" Er nickt "Ja, das muss heute einfach sein." Am Stammtisch klärt er sogleich die Fronten "Wenn mich heute eenor anschreit, da wär'sch ietzsch. Gestern hatt'sch Klassentreffen und irgend ä Bier muss wo ordentlich Umdrehungen gehabt ham, ich hab än Nischl dran...kannste kee'm erzähln!" Nach der Ansage wird ihm zu Ehren die Stammtischbegrüßung heut etwas lauter - die Sausäcke wissen halt ganz genau, was zu tun ist. "Mensch, macht mich ni so ferdsch hior, ich hab Veisalga..." Das Gelächter nimmt kein Ende "Du altes Ferkel, von deinen intimen Problemzonen wolln'wer gar nix Näheres erfahren, Veisalga heeßt das also bei dir, muahahaha...." ;D Er kämpft sichtbar gegen feixende Windmühlen: "Nu hört ma wieder off zu Lachen...gnihihie...iohr sollt offhören, wie soll ich mich denn hier offs Wesentliche konzentriern, horscht nor ma zu hior!"


    Wenn einem die Rübe nach nem feucht-fröhlichen Abend wie zu erwarten brummt und du hast so ein perestaltisches Nach Oben-Gefühl im Bäuchl, dann spricht man land- und dorfläufig von nem ordentlichen Kater. Gibt dagegen so paar Hausmittelchen, manchmal auch die Tablettenkeule und außerhalb der Apotheke wohl auch ein Wundermittel namens "Anti Hangover Shot" und den "Anti Hangover Drink", was in Pulver- und flüssiger Form angpriesen wird. Man wirbt damit, dass die Katz erst gar nich kommt, es wäre "Natürlich bei Kater" und "Mit unserem Anti-Hangover-Drink führst Du Deinem Körper natürliche, antioxidative Pflanzenextrakte, Elektrolyte und Vitamine zu". :vogelzeigen: Dieses "Nahrungsergänzungsmittel" ging aber nu nem Wettbewerbsverein, der sich mit dem Einhalten der Werberegeln befasst, gewaltig gegen den Strich und man klagte vorm Landgericht Frankfurt, mit Erfolg.


    Die folgende Berufung bestätigte nun beim OLG Frankfurt dieses Urteil. Und weil das mitm Behördendeutsch so herrlich Katerfördernd ist, lass ich doch einfach mal die PM des OLG so stehen: "Informationen über ein Lebensmittel dürfen diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaft entstehen lassen"...Moment ma, hier wurde ich dann stutzig...der Kater nachm Bechern eine Krankheit? Die Richter waren tatsächlich der Auffassung, dass im Interesse des möglichst wirksamen Gesundheitsschutzes der Krankheitsbegriff weit auszulegen sei. "Unter Krankheit ist jede, also auch eine geringfügige oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers zu verstehen". Und es werde den "angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich vornehmlich um junge Verbraucher handelt, die beim Feiern Alkohol konsumieren, das beworbene Produkt sei zur Behandlung der Symptome eines Alkoholkaters geeignet beziehungsweise könne einem Kater vorbeugen" suggeriert. Die komplette PM mal hier zum Nachlesen. Und ich stelle damit fest: Brummt dir der Schädel nachm Saufen und im Wanst rummorts wie Schwein - dann musst du nur zum Onkel Doktor laufen, ihm deine Fahne zeigen und er macht dir'n Schein! :D Denn das ist wirklich eine Krankheit mit dem Namen "Veisalga". Meine Oma hatte für den Tag danach immer so gute Hausmittelchen parat, die auch immer geholfen haben: saure Gurken, Quark mit Honig und Früchten, paar Salzstangen oder auch ne Hühnerbrühe. Rollmops ging früher auch, heut liegt der mir mitsamt dem Kater schwer im Magen. Ach ja, unsre vergötterten Omi's...


    ...in ner Woche beginnen ja in Sachsen die Herbstferien, früher "Kartoffelferien genannt. Die Alten erinnern sich, für die Jüngeren: Da gings für viele Kinder mit den Ellis oder der Oma aufs Feld, um die Kartoffeln zu "stoppeln" und sie Zuhause einzukellern. Also die Kartoffeln, nich die Omi. Bei der gabs danach immer was zum Schnabbulieren und sie sang nebenbei oft gut gelaunt ein Lied ausm Radio mit. Ich schaute ihr nur allzu gern über die Schulter, wenn sie mal wieder was Leckeres kochte, wenn der Buttermilchgetzen in der gußeisernen Pfanne dampfte oder ein duftendender Kuchen ausm Backofen geholt werden wollte. Viele Rezepte von ihr nenn ich heute mein Eigen, nun bin ich der herzblütige Koch und Bäcker. Wenn dann alles bei ihr verspachtelt war und das Radio lief immer noch, konnte es passieren, dass meine so geliebte Oma paar Pirouetten tanzend durch die Stube drehte. Und was hatte ich viele Jahre lang einen Spaß mit ihr, ob nun im Garten, beim Federballspielen oder wenn wir Freitagabend zusammen aufm "Bayrischen" diesem kleinen Rotschopf mit seinem Meister Eder zugeschaut haben. Und was haben wir dabei gelacht! Und wie sehr hab ich es von ihr verinnerlicht, dass es meist auch die kleinen Dinge des Lebens sind, die einen wirklich glücklich machen. Ich konnte mit ihr immer Pferde stehlen, wir hatten keine Geheimnisse voreinander und beim gemeinsamen Äpfel schälen für den Apfelmus hab ich ihrer erzählten Lebensgeschichte immer mit viel Andacht zugehört. Am Ende wars eine Fügung, dass ich auf dem letzten Foto von ihr zu Lebzeiten neben ihr sitz. Na - habters raus, worums mir heute geht?" :O


    Das Herzblut nimmt unsre schluchzende Wirtin in den Arm, danach startet sie seine CD, welche leise im Hintergrund läuft. Unser Redner war genau auf diese Klangtapete aus: "Wenn man 120 Alben produziert, 50 Mio Platten verkauft und mit Preisen überhäuft wird, dann muss man wohl was aufm Kasten haben. Und wenn man zeitlebens nicht nur Sänger, sondern auch Komponist, Schauspieler und Hobbymaler ist, dann kann man von einem besonderen Menschen sprechen. Und wenn man es schafft, in zwei Weltanschauungen gleichzeitig erfolgreich zu sein, zeugt das von einem gewissen Etwas. Und wenn man dabei mehrere Generationen gleichzeitig begeistert und mit ihnen quasi zusammen durchs Leben geht - dann hat man im Leben eigentlich alles richtig gemacht und auch alles erlebt. Die goldene Stimme aus Prag, sie ist diese Woche für immer verstummt. Unser gelobtes Nachbarland hat eine seiner wundervollen Persönlichkeiten verloren, ihr in Tschechien so bezeichneter "Meister" ist gegangen. Was bleibt, ist sein riesiges Erbe, diese kleine Biene ist nur ein winziger Teil davon. Er war einer von uns, ihr hört ihn ja grad von unseren Babičkas singen. Ruhe in Frieden, lieber Karel Gott - so manche Träne hat deinen Liedern und diese Woche auch dir gegolten. Chefin, weil dieser Gott unter den Sängern ja in Plzeň geboren wurde, haste irgendwas Pivomäßiges unterm Tresen?" Sie hat, unser Herzblut erhebt sein alsbald gefülltes Glas mit dieser herrlichen Blume, schaut nach oben und ruft: "Na Zdravi Karel und Prösterchen geliebte Oma!" :bierkruege:


    Einen schönen Sonntag für euch und wenns heut Nachmittag zur Oma zum Kaffeetrinken geht: Genießt jeden Tag mit ihr, ob sie nun singt, kocht, tanzt, lacht, euch glücklich macht, mit euch Pferde stiehlt, Äpfel schält oder euch aus ihrem Leben erzählt. Grüßt eure Babička von mir und drückt sie gleich von mir ma mit. Euer Herzblut. :cool2:

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  • ...und dann noch zum Abend was Historisches von mir auf den Stammtisch gelegt:


    Es ist vollbracht - nach 6 erfolglosen Anläufen (und dabei noch nichtmal schlechten Auftritten) in der noch jungen Sachsenliga-Saison hat die SG Handwerk Rabenstein heute mit dem 3:0-Sieg über den Radebeuler BC 08 die ersten 3 Punkte errungen, Tabellenletzter ist jetzt Stahl Riesa. Erfahren hab ich das fast "hautnah" von einem siegestrunkenen und mir bekannten Zeitgenossen mit gaaanz schwerer Zunge und ner Bierflasche in der Hand neben mir im Heimwärts-Bus. "Dswolldschdor bloßma saachn...sou gewinntmor in Schwarz-Gelb dorheemä, misstornorlern hähähä..." Die Fahne bei dem gehauchten "hähähä" war beachtlich, Veisalga ist da morgen im absoluten Geltungsbereich. Den Rest der Fahrt hat der Kerl dann gar nich mehr mitbekommen, sondern friedlich neben mir mitm Nischl ans Fenster gelehnt geratzt. An der Zenti gabs dann den herzblütigen Weckdienst, man is ja kein Untier...SG Handwerk olé!

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  • Von Trennendem und doch Vereinendem...auch dort, wo de Weechn de Hardn besiechn


    "Nu gugge nor an, dor Herzblut macht een off Sommor oder sin de lang' Hosen alle in dor Wäsche?" Die Stammtischbevölkerung bewundert die immer noch tiefbraun gebrannten Beine unseres Redners, er kam heut gleich mitm Drahtesel in kurzen Sommerklamotten vorbei. Unsere Wirtin meckert leise vor sich hin, weil irgend so'n Griebel im stillen Örtchen mal wieder den Wasserhahn nich zugedreht hat. "Hior horscht ma, mir gehörn de Wasserwerke nich, so habsch's nu och nich!" Eine Oma stößt derweile ihrem Göttergatten in die Seite "Mensch du aldor Blaadsch, du hängst mitm Ärmel in dor Sauerbratensoße! Kannste glei nochmal offs Klo gehn!" :motzen: Bei des Opas roter Birne wird schnell klar, wer der Übeltäter am Wasserhahn war. Am Nachbartisch schimpft ein Vater mit seinem Sohnemann "Nu tu hior ni so rumdorwiern, du kriechst nachort schon dei Eis. Awor erschd wärd gegessn, die Dande hat dior so scheene Blinsn gemacht!" Einen Tisch weiter sinnert ein offenbar hier fremdes Ehepaar über diesen Wortschwall mit nicht verständlichem Inhalt "Weißt du, was ein Blaadsch ist, ob das was Unanständiges ist?" Ha - bei soviel Wissensdurst fühlt sich das Herzblut herausgefordert "Was ä Blaadsch is, wollter wissn? Nu ä Blaadsch is eenor, där sich immer ma wiedor rischtsch bleedä anstellt oder beim Gaffedrinkn de Blämbe off de frische Dischdeggä schwäbbord." Die Beiden schauen sich mit einem "Was will uns dieser fremdsprachige Mann nur sagen-Blick" an, das Herzblut lächelt milde und ist ihnen dabei dankbar, weil er so heut doch noch ein passables Thema ansprechen kann.


    Was wären wir ohne unsere Dialekte...ein armes, gleichgeschaltetes Volk. Unterteilt werden sie in hoch- und niederdeutsche Mundarten, wobei erstere nochmal in mittel- und oberdeutsche Dialekte gliedert werden. Und was gibts denn Schöneres, als wenn du auf Reisen bist und dir beim Bäcker oder Zeitungsverkäufer allerfeinstes Schleswigisch, Holsteinisch, Ostfriesisch, Märkisch Platt Limburgisch, Hessisch, Schwäbisch, Bairisch, Alemannisch, Fränkisch, Thüringisch, Obersächsisch oder Schlesisch-Lausitzisch um die verdutzte Nase wehen lassen kannst. Und du überlegst, was um Himmels Willen will uns der Aborigene-Künstler damit sagen? Wenn du jemandem am Weißwurstäquator zu blöde kommst, dann kanns schon mal zu Missverständnissen kommen, wenn dir freundlich mit auf den Weg gegeben wird: "Du...A Baggl Fotzn is glei afgrissn! ;) Ziehst du irgendwo im hohen Norden ne Gusche, weil dir manch einheimische Kulinaritäten nicht genehm sind, dann gilt wie fast überall in Deutschland "Wat de Buur nich kennt, dat frett he nich!" Und was wäre die Oberpfalz ohne ihr einfaches und in allen Lebenslagen angewandte "ou"? Fragt ein Oberpfälzer Landwirt seine Enkeltochter "Wou is de Mou?" Und die Kleine zeigt auf die Weide "Dou!" :D Sitzt du in einem Biergarten und man ruft dir zu "Hobb, Hobb, Hobb, de Schobbe in de Kobb.", also wenn du dann noch nich gemerkthast, dass du in Hessen gelandet bist, dann ist dir auch nich mehr zu helfen. Und sitzt du in einer urigen Kneipe, überall siehst du Trachten und unfassbar verzierte Eier liegen als Deko rum, dann schaust du auf die Speisekarte und fragst dich, was denn nur "eigemoalgerter Haarch un Aberne" für eine Köstlichkeit sein könnten - du bist a) ganz sicher in der Oberlausitz und hast b) bald ein herrliches uraltes Gericht frisch aufm Teller. Und wenn noch bissl Briehä übrig ist, vielleicht hat die Wirtin ja noch ä Rämpftl zum neididdschn...


    ...und bei Rämpftl nähern wir uns schon einem meiner Lieblingsthemen, nämlich meinem auch von mir so glühend verehrten und verteidigten Sächsischen Dialekt. Wir Sachsen zelebrieren gemeinhin ja 4 regionale Dialekte: Obersächsisch-Meißnisch, Vogtländisch, Erzgebirgisch und Lausitzisch. Ungezählte Unterdialekte treiben selbst nem Einheimischen beim Versuch des 100%igen Verstehens die Schweißperlen auf die Stirn. Und Obacht - selbst in größeren Orten muss man nicht unbedingt ein und demselben Dialekt hinterher rennen, auch und schon gar nicht in meiner Heimatstadt. Die einen sagen "No", die anderen "Nu" und der selbe Sinn gipfelt in diesem Dresdner Singsang "Nunu". Eins haben aber bei uns alle gemeinsam: Die Abneigung dieser unnützen "harten" Konsonanten, wo's dor och so scheen "weech" aus dor Gusche nausloofen gann. Und so hat auch dieses Jahr wieder die Ilse-Bähnert-Stiftung - ihr ahnt sicher, was jetzt wie immer bei mir einmal im Jahr kommt - da hat also de Stiftung fon dor Bähnerdn de säggschen Wärdor des Jahres gesucht. Un mit viel Hilfe vom geneichdn Buhbligumm freilich och gefundn.


    Ich fang mal mit dem bedrohtesten Wort sächsischer Prägung an, diesmal wurde "Äscha" auserkoren und steht ab sofort unter Dialektschutz. Es stellt den Ausdruck von Widerspruch, einer gewissen Ablehnung oder des Erstaunens dar. Beispiel: "Du, im Schacht denkense seit 14 Dachn, se sin de Greeßdn!" Antwort: "Äscha."


    Weiter gehts mit ner erstmals geehrten Sonderkategorie des Koseworts des Jahres und da wählte man "Guhdsdr". Beispiel: Ein Erzgebirgler schwärmt im Zug von den aktuellen Erfolgserlebnissen einer Bäbbelbande in Lila und sieht einen gewissen fußballerischen Führungsanspruch in Sachsen. Antwort eines nicht näher genannt sein wollenden Passagiers ihm gegenüber: "Hior, mei Guhdsdr - äscha." :P


    Zum schönsten Wort des Jahres wurde diesmal "budzsch" auserkoren, was einen manchmal wunderlichen und merkwürdigen, niedlichen, aber auch bedrohlichen und besorgniserregenden Zustand beschreibt. Beispiel: Im Zug kommt einer im himmelblauen Gewande angelatscht, setzt sich auf die andere Seite und hört die angeregte Konversation über "Wer is nu dor Beste" unweigerlich mit. Sagt aber nichts dazu. Schaut nur desillusioniert zum Fenster raus. Darauf der Erzgebirgler zum nicht näher genannt sein wollenden Passagier ihm gegenüber: "Was'n das for Eenor... där is awor budzsch." :amkopfkratz:


    Ja und der Gewinner von 2019, also das beliebteste säggsche Wort dieses Jahr ist, tataa - de Bemme! Womit ich nochmal kurz zum Rämpftl komme. Das bezeichnet im geheiligten Sachsenlande das letzte kleine Stück eines Brotes, dort wo fast nur noch Rinde dran ist, manche sagen auch "dor Arsch" dazu. Eignet sich wie gesagt auch gut zum Diddschn. Die trockene Brotscheibe ist nach wie vor "de Schnidde" und wenn da droff noch bissl Buddor geschmierd wärd und ohmdroff noch ordndlich Schweinenougat, also Meddwurschd - dann haste ne bomforzschionöse Bemme. Beispiel: Der Erzgebirgler holt nen kleenen Wackelmann aus der Jackentasche, setzt an...so schnell gannsde gor nich guggen, nor. Der nicht näher genannt sein wollende Passagier verspürt Hunger und wickelt sein Pausenbrot von der Arbeit aus, was er nun endlich verspachteln kann. Der Erzgebirgler "Nu gugge an, da gibts was forn Ranzn - was hastn scheenäs off dor Bemme?" Und bevor der nicht näher genannt sein wollende Passagier ihm gegenüber eine sinnvolle Antwort geben kann, erwacht der im himmelblauen Gewande auf der anderen Seite aus dem desillusionierten Koma und ruft: "No, Bemme gennsch nu wiedor - John Bemme, bis Sechsnachzsch beim FCK und dann war där noch baar Schaare bei euch im Schacht. Jetzt hat där gloobsch ä Reisebüro." Der Erzgebirgler darauf "Äscha!" Der nicht näher genannt sein wollende Passagier ihm gegenüber "Budzsch!" Das liebe Leute, das is Saggsn...wo nähmbei och de scheensdn Mädchen waggsn. :applaus:


    Wie will man nach dieser mehr als nur nachdenklich machenden Woche mit diesem Stammtisch umgehen? Ihn einfach ausfallen lassen? Nich bei mir! Ich hatte bereits am Dienstag aufgrund eines Wahnsinns-Stresses durch Rumärgern mit den Auswüchsen dieses verabscheuungswürdigen deutschen Gesundheitssystems den heutigen Stammtisch mit ganz anderen Themen grob fertig. Dann kam der Mittwoch...und ich kam ins Grübeln. Irgendwas Trennendes und doch Verbindendes aus deutschen Landen, die geliebten Dialekte haben mich gerettet. Und es ist nebenbei traurig, dass unsere Jugend sich anschickt (und auch so getrimmt wird), in vielen Regionen Deutschlands diese so schützenswerte Identität der heimatlichen Sprache und ihre Werte zu vergessen und zu negieren. Schlimmstes Hochdeutsch gepaart mit Spackenslang. Aber das nur noch nebenbei, gab und gibt Wichtigeres. Ich denk und hoffe mal, ich hab doch noch was Erbauliches hier draus gemacht.


    Das Propagieren und Ausleben einer allumfassenden "Freiheit" und dazu noch das bewußte Abgrenzen zu einer Zweiklassengesellschaft, beides trägt für dieses Land ungenießbare Früchte. Mein aufrichtiges Beileid den Angehörigen der beiden in Halle so brutal und feige aus dem Leben gerissenen Menschen, sie mögen in Frieden ruhen. Und weil das hier ja ein Fußballforum ist - meine Anteilnahme gilt auch dem HFC und seinen Fans, vielleicht schweißt dieses grauenvolle Ereignis ja wirklich noch mehr zusammen. Auf dem Weg zum...


    Schönen Sonntag, euer Herzblut.

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

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  • Ordnung, Betragen, Mitarbeit und Fleiß - war früher gut, is heut nich schlecht - ganz ohne Scheiß!


    Unser Stammlokal bietet heute ein kunderbuntes Bild: Die Wirtin hatte die letzten Tage offenbar wieder ihren herbstlichen Deko-Wahn und auch die Gäste bieten jede Menge Farbenlehre. Paar geschniegelte Herrschaften schlabbern an ihrem Tisch grad die Vorsuppe, sind aber in der Minderheit. Viele Omi's und Opi's bevölkern rundherum die Sitzgelegenheiten, anbei ihre Enkelkinder aus aller Herren Bundesländer - es sind Oktoberferien. Das Herzblut meint zur Wirtin "Kaum sindse ausm Urlaub wieder da, rammeln se paar Wochen in de Schule und ham dann wieder Ferien. Danach gibts Projekte, Stundenausfall, Wandertag und schon steht Weihnachten vor der Türe und die Zensurenkonferenzen bringen de Lehrer ins Schwitzen." Die Wirtin "Was, Zensuren zu Weihnachten?" Er schüttelt kurz den Kopf "Neenee, da machen die so langsam schon die Zensuren fürs Halbjahreszeugnis ferdsch, kannste kee'm erzähln." Der Stammtisch hört derweile belustigt einer kopfschüttelnden Omi im Gespräch mit ihrem Enkel zu, es geht um den Unterrichtsstoff namens "Schreiben in Blockbuchstaben von Klasse 1 bis 4" und dass es bei ihm offenbar erst gar keine Zensuren gibt. Das Herzblut kommt hinzu "Nu lacht ma nich so drüber, da kann dor der Kleene nüschd dafür - das is eher zum Heulen, wie man woanders droff is!" Er kramt in seinem alten Dederonbeutel und holt ne Mappe mit hellbraunem Einband und ganz bestimmtem Emblem vorne drauf hervor. In froher Erwartung und mit ansteigendem Gelächter wissen die Meisten, der will uns wohl heut mal seine Schulzeugnisse untern Riecher halten. Die Mappe findet "reißenden" Absatz am Stammtisch "Na, da wolln wer ma guggn, was der junge Herr Herzblut so verbockt hat...ahja, "er könnte mehr aus sich rausgehn" gnihihie...soso, in Fremdsprachen war'er immer spitze...was saachn denn de Kopfnoten... :was: Himmel, wie hastn das die ganz'n Jahre hingekriecht, haste de Lehrerin mit dei'n Pfefferkuchen bestochen?" Das Herzblut lacht "Nee, bei mir herrschte halt noch Zucht und Ordnung. War halt immer schon so droff, geschadet hats mir bis heute nich. De Kopfnoten war'n mir schon als Kind immer besonders wichtig..."


    ...und die haben nach wie vor ihre Daseinsberechtigung. Und das hat beim derzeitigen Verfall von Anstand, dem respektlosen Umgang miteinander und ner sich breit machenden Verrohung und Skrupellosigkeit bitteschön auch so zu bleiben! Vor nem Jahrhundert waren diese 4 Noten nicht selten noch das Aushängeschild einer ganzen Familie, denn so manches Elternteil war seinerseits nicht so gut gebildet, weil deren Eltern mitunter kein Geld für Schulbildung hatten. So haben dann die Kinder vor allen Dingen mit den Kopfnoten ihr gesamtes Elternhaus in der Schule und der Öffentlichkeit vertreten. Damals hießen die Ordnungsliebe, Sittliches Verhalten, Aufmerksamkeit und Fleiß - heute sind Ordnung, Betragen, Mitarbeit und Fleiß draus geworden.


    Am Montag letzter Woche gabs ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden, was bei uns nicht nur aufhorchen ließ, sondern auch was den verhandelten Fall angeht, für massive Diskussionen sorgte. Nicht nur an den Stammtischen. Geurteilt wurde, dass die Ausstellung von Kopfnoten auf Zeugnissen rechtswidrig und für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung im Zeugnis keine Gesetzesgrundlage vorhanden wäre. Mit den Kopfnoten würde dazu in die Grundrechte des Schülers, besonders der Berufsfreiheit eingegriffen und die allgemeinen Persönlichkeitsrechte sowie - Hört Hört - das Recht auf elterliche Erziehung würden beeinträchtigt. :vogelzeigen: Die aktuelle Rechtsgrundlage wäre nicht ausreichend, weil eine genaue Regelung für die Bewertung fehlen (es steht im Schulgesetz nicht explicit der Begriff Kopfnoten, es gibt dafür eine Verordnung des Kultusministeriums) und die Kopfnoten nicht vom Begriff der "Fächer" umfasst würden. Dazu fällt mir nur ein: Hior horscht ma, es handelt sich um ein Schulzeugnis und kein "Fächerzeugnis", es handelt sich hierbei auch um eine allgemeine Einschätzung ALLER Lehrer einer Schule bzgl. irgend eines Schülers irgend einer Klasse. Nennt man Lernkonferenz. Hier mal die, was die Begrifflichkeit und Form der Benotung angeht, detaillierte Verordnung des Sächsischen Staatsministriums für Kultus.


    Worum gehts eigentlich im konkreten Fall? Ein Integrationsschüler (Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung) wurde in nem Realschulbildungsgang an ner Oberschule sonderpädagogisch gefördert. Mit Ende der 9. Klasse gabs aufm Zeugnis von der Lehrerkonferenz für ihn in Betragen, Fleiß und Mitarbeit ne "3", für Ordnung ne "2". Mit dem Zeugnis wollte er sich bei paar Firmen bewerben und verlangte von der Schule, sein Zeugnis bitteschön ohne Kopfnoten auszustellen, da sie einen falschen Eindruck von ihm hinterlassen und ihm so Mitbewerber mit besseren Kopfnoten vorgezogen würden. Zudem wären für ihn Kopfnoten diskriminierend, verfassungswidrig und nicht im Schulgesetz "normiert". Er klagte und bekam im November 2018 vom VG Dresden per Eilverfahren erstmal Recht. Das Landesamt für Schule und Bildung hat daraufhin Beschwerde eingelegt und der Schüler setzte noch einen obendrauf und wollte auch sein Halbjahreszeugnis der 10. Klasse ohne Kopfnoten ausgestellt haben. Dort gabs in Betragen übrigens ne "4", in Fleiß ne "3" und in Ordnung und Mitarbeit ne "2". Im Mai diesen Jahres kippte das OLG in Bautzen das Urteil des VG Dresden und erklärte die Kopfnoten in Schulzeugnissen im konkreten Fall für zulässig. Dann gings zur Entscheidung zur Rechtmäßigkeit von Kopfnoten im Hauptsacheverfahren wieder zurück ans VG Dresden. Und die haben aber ihre Rechtsauffassung beibehalten, worauf das Kultusministerium letzte Wocheankündigte, gegen dieses Urteil Berufung einlegen und die Regelungen grundsätzlich vorm OLG Bautzen klären lassen zu wollen. Ich bin zwar überhaupt kein Freund des Kultusministers Piwarz, aber hier kriegt er von mir mal absolute Zustimmung: "Mir ist völlig unverständlich, wie man das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das spätere Berufsleben so wichtige Sozialverhalten infrage stellen kann." :nuke:


    Sehen auch die Berufsverbände Gott sei Dank so: Die HWK Dresden befragte "ihre" Unternehmen und 88% gaben dabei an, dass Kopfnoten bei der Auswahl von Lehrlingen sehr wichtig seien. Der Kommunale Arbeitgeberverband zieht Kopfnoten "vor allem bei der Beurteilung der Methoden- und Sozialkompetenz" heran und auch die Sächsische Landesärztekammer sieht darin "ein wesentliches Entscheidungsmerkmal". Der Sächsische Handwerkstag haut in die gleiche Kerbe "Aus Sicht ausbildender Handwerksunternehmer ist dieses Urteil völlig unverständlich...Es ist für uns in der Sache auch nicht nachvollziehbar, denn: Gerade Kopfnoten auf Zeugnissen, mit denen sich junge Leute um eine betriebliche Lehrstelle bewerben, sind für uns als Ausbilder doch - neben den regulären Schulnoten - ein erster Hinweis, inwiefern der Betreffende auch über soziale Kompetenzen verfügt." Die Landesregierung wurde nun aufgefordert, im Landesschulgesetz "zügig" für Klarheit zu sorgen. Dem schließ ich mich vollumfänglich an, der Sächsische Lehrerverband ebenso.


    Also Herr Piwarz: Hinsetzen, die eklatanten "Aufbauhilfe"-Fehler aus der Nachwendezeit bereinigen und eine stichhaltige Gesetzesnovelle verfassen, damit Betragen, Ordnung, Fleiß und Mitarbeit weiter benotet und wie bisher auf dem dafür vorgesehenen Textfeld im Zeugnis bei Bedarf noch ausreichend schriftlich begründet werden können. Denn merke auch hierbei - in der DDR war nich alles schlecht. Auch nich in der Bildungspolitik. Ich weiß, das tut in der Staatskanzlei mitunter weh, ihr dient aber uns und nicht euch selbst! :floet: Und die betreffenden Eltern, die damit befassten Anwälte, aber besonders jener Schüler sollte sich dringend mal Gedanken machen, obs nicht zielführender wär, sein Verhalten zu hinterfragen und entsprechend zu ändern. Anstatt zu klagen, wenn einem das von Vielen gemeinsam erstellte Zeugnis über die eigene Persönlichkeit nicht passt. Sie, Herr Schüler - Sie sind ein Lernender. Sie müssen lernen, ihre Schwachstellen zu erkennen und daran zu arbeiten, um für sich und Ihr Leben was erreichen zu können. Sie müssen Erwachsen werden! Also Irgendwann.


    Im Juni 2019 bekam jener Schüler übrigens das Abschlusszeugnis der Realschule. Nach den wohlverdienten Sommerferien besucht er seit August die Klassenstufe 11 einer Fachoberschule. Jetzt hat auch er Oktoberferien. Ganz ohne Kopfnoten.


    Schönen Sonntag, euer Herzblut :cool2:

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  • Von fragwürdiger und würdevoller Selbstbestimmung


    In der Spielecke unseres Stammlokals ist heut Hochbetrieb: Hozhäuser werden aufgebaut und zum Spass aller wieder eingerissen, die "Mätscher" rasen durch die Gegend, dass das Herblut aufpassen muss, nicht auf die Fresse zu fliegen. "Hior Chefin, ham die heut alle ihre Wänster bei dir geparkt oder was beißt mich da?" Unsere Wirtin begrüßt ihn mit den weisen Worten "Nunu, wir waren doch alle mal jung und Puppen sind heut ziemlich uncool." Das Herzblut stemmt seie Arme demonstrativ in die Hüften "Also wensch mit allem gespielt hab, aber nich mit Puppen!" Die Lacher vom Stammtisch und paar blöde Kommentare sind ihm sicher "Aber mit Teddis bestimmt, haste doch bestimmt ab und zu een zum Burzeldach gekriecht...Und alle: Kam ein kleiner Teddibär aus dem Spielzeuglande her..." Spätestens beim "Brummbrummbrumm" war dem gesamten Lokal klar, es geht einfach nich ohne Blödelei bei der Bande. Zwei Jungen spielen derweile Außerirdische mit Plastefiguren, die einen im Großformat Albträume bescheren würden: Verdrehbare Gliedmaßen, umfunktionierbare Eigenschaften und Fortbewegungen, auf Knopfdruck abartige Töne, bei denen jeder Cyborg Beifall klatschen würde. Unser Redner sinniert mit dem Bierglas in der Hand, ist das noch Spielzeug, oder sind wir nicht etwa schon paar Schritte weiter? :amkopfkratz:


    Diese Woche hat mich ein Bericht im Spiegel erst sprachlos gemacht, als ich die Besinnung wiedererlangt hatte, wollte mein rechter Zeigefinger einfach nicht mehr los von der Birne - Vogelzeigen im Akkord! Die Firma TUI ist allseits bekannt, sie hat als TUI Nordic auch nen Sitz in Stockholm und zwar dort, wo die Angesagten und von sich selbst komplett Überzeugten zuhause sind oder arbeiten. Der Stadtteil nennt sich Södermalm, mir juckts zwar in den Fingern, aber gewisse Wortspiele bzgl. eines gewissen Politikers erspar ich euch. 500 TUI-Mitarbeiter sind dort in Lohn und Brot und jeder Fünfte will wohl besonders hipsterisch daherkommen und hat sich deshalb entschieden, ein ersten kleinen Schritt vom Mensch sein zum Cyborg zu unternehmen. Wie das? Ganz einfach - sie haben sich chippen lassen, also nich mitm Tennisschläger eine fenstern, sondern einen sogenannten NFC-Chip einpflanzen lassen. Und mit diesem reiskorngroßen Wunderwerk können sie jetzt Spinde öffnen, Snackautomaten was ausspucken lassen, Türen öffnen, Drucker aktivieren und zukünftig wohl noch Einiges mehr. Bezahlt hat das Ganze TUI und dies sicher - auch, wenn die was Anderes zu Protokoll gaben - nicht ohne Eigennutz. Da lassen sich doch sicher noch ganz andere Dinge mit diesen Chips herausfinden, oder? Ach ja, gesundheitliche Schäden wurden bisher nicht beobachtet und wer irgendwann nicht mehr will, kann ihn sich auch wieder rausoperieren lassen. Über die Finanzen in diesem Fall wurde allerdings nix gesagt. Himmel, muss man denn jeden Scheiß mit- und sich zum Sklaven machen? Wenn ihr Nasen zuviel Geld habt, macht was gesellschaftlich Sinnvolles damit, spendets für todkranke Kinder...


    ...zum Beispiel für so berührende Fälle wie den kleinen John! Kennt ihr Sebnitz? Eine kleine Stadt in der Sächsischen Schweiz, weltbekannt für seine Kunstblumenherstellung, den Weihnachtsschmuck und bei allen Modelleisenbahn-Fans natürlich für die Spur aller Spuren - TT, hergestellt von der Firma TILLIG Modellbahnen GmbH & Co. KG. Und Sebnitz hat seit einiger Zeit einen ungewollt berühmten Sohn, den kleinen John. Der Junge hat mit seinen 7 Monaten eine sehr seltene Krankheit, "Spinale Muskelatrophie Typ 1". Es bezeichnet einen Defekt des Gens SMN 1, der dafür verantwortlich ist, dass Impulse aus dem Gehirn an viele Muskeln fehlen, es so zum Muskelschwund kommt und er auf Dauer nicht mehr atmen kann. Seine Lebenserwartung wird so auf 18 Monate geschätzt. Es gibt aber die Möglichkeit, diesem Kind zu helfen und sein Leben zu retten - mit Zolgensma, dem mit 2 Mio Euro teuersten Medikament der Welt (in den USA zugelassen), nur Novartis in der Schweiz stellt es her. Im September bekam bereits in Ludwigsburg ein einjähriger Junge dieses Medikament, mit in kurzer Zeit sichtbaren und unfassbaren Erfolgen. Das Medikament wird nur einmal gespritzt und ersetzt im Ergebnis das defekte Gen. Die Eltern des kleinen John baten nun den Anwalt, der bereits der Familie aus Ludwigsburg geholfen hatte, ebenfalls um Unterstützung. Mit Erfolg, jener Anwalt setzte sich mit der für die Familie zuständigen AOK Plus in
    Verbindung, die bekam alle notwendigen Unterlagen und kam letztendlich zum für alle Beteiligten glücklichen Schluss: "Aus den medizinischen Unterlagen geht hervor, dass speziell im Fall des kleinen John andere Behandlungen nicht mehr anschlagen und sein Überleben bedroht ist. Daher werden wir die Kosten für die Behandlung mit Zolgensma übernehmen." :nuke: Die fassungslose Mutter fand diese Woche jene Worte, die wohl viele, die von dem traurigen Schicksal des kleinen gehört haben, ebsno auf der Zunge haben "Wir sind fast sprachlos. Es ist die schönste Nachricht, die wir uns überhaupt vorstellen konnten. Wir sind dem Anwalt und der Krankenkasse so dankbar, dass John geholfen werden kann." Nun muss nur noch geklärt werden, wo die OP stattfindet, eigentlich ist das Medikament in Deutschland noch nicht zugelassen. Da es hier aber um den Faktor Zeit geht, sollte es ne Möglichkeit geben. Kämpfen John!


    "Viele Leute fragen mich, wie es möglich ist, dass ich so gute Ergebnisse erziele und trotz all der Schmerzen und Medikamente lächele. Für mich ist Sport, der Wettkampf im Rollstuhl, eine Art Medizin." Nun kann man auch durch viel eisernen Willen bei scheinbar ausweglosen Erkrankungen sportlich aktiv und mit nem entsprechendem Ehrgeiz auch erfolgreich sein. Marieke Vervoort hat in ihrer Kariere so ziemlich alles erreicht: 2006 und 2007 wurde sie Weltmeisterin im Paratriathlon und siegte beim Ironman auf Hawaii. Gold über 100m, Bronze über 200m bei den Paralympics in London 2012. Vier Jahre später gewann sie in Rio de Janeiro Silber über 400 m und Bronze über 100 m und wurde daraufhin aufs Silbertreppchen zum Sportler des Jahres in Belgien gewählt. Dies alles seit 2000 im Rollstuhl, eine brutal schmerzhafte und unheilbare Muskelerkrankung machte dies nötig. Während den Paralympics in Rio gab sie der BBC ein aufwühlendes Interview: "Es kann sein, dass ich mich sehr, sehr schlecht fühle, dass ich einen epileptischen Anfall bekomme, dass ich weine, dass ich schreie vor Schmerzen. Ich brauche viele Schmerzmittel, Valium, Morphium." Vor zwei Jahren offenbarte sie sich dem englischen Telegraph: "Ich habe so starke Schmerzen. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr leiden...Jetzt schwindet auch mein Sehvermögen immer mehr. Bei einem Auge liegt die Sehkraft nur noch bei 20 Prozent, beim anderen bei zehn Prozent. Mein Arzt sagt, er könne nichts machen." Sie führte weiter Regie über ihr Leben, auf eine seit 2002 in Belgien erlaubte Art und Weise. Entsprechende Dokumente hatte sie seit 11 Jahren und bezeichnete diese als ihren "Seelenfrieden" und "Ich weiß, wenn es genug für mich ist, habe ich diese Papiere." Alles, was sie noch tun wollte, hat sie auch noch getan: Sie schrieb 2 Bücher, war Bungee jumpen und ließ es sich auch nicht nehmen, in nem Lamborghini über die Rennstrecke von Zolder zu donnern. All dies ließ sie auch den Umgang mit dem Tod überdenken: "Für mich ist er etwas Friedliches." Am Dienstag hat sie sich im Kreise ihrer Familie, Freunden und mit ihrem Labrador an ihrer Seite mit 40 Jahren durch Sterbehilfe aus dem Leben verabschiedet. Sie hat es getan, wie unsereins den Geburtstag begeht - mit einem Glas Sekt in der Hand und mit den Lieben angestossen. Ruhe in Frieden, Marieke Vervoort - auch dort oben werden Rennen gefahren. Ganz sicher. Eine überaus starke Frau. :schnueff:


    Schluss mit diesem anmaßenden Wahnsinn auch im Namen von Religionen, dass man nicht der selbstbestimmende Herr über Leben und Tod sein darf! Schluss mit diesem Eingriff in Menschenrechte und Menschenwürde!


    Einen schönen Sonntag für euch alle. Euer Herzblut :winke:

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  • Black books and Yellow Madness


    "Oahr nee ... und ich hatte gehofft, der Rotz is endlich wieder vorbei!" Beim Anblick gewisser Devotionalen eines mangels eigenem Antriebs eingeschleppten "Brauchtums" wird unserem Herzblut mit Betreten des Stammlokals leicht unwohl. Auf den Fensterbrettern - immer noch ausgeschnittene Kürbisse, auf dem Tresen - eine Fledermaus und ein Zauberhut und auf der Angebotskarte - "Halloween-Super-Sonntags-Menü". Zwei zusammengestellte Tische werden von den entsprechenden Endverbrauchern jenes "Events" vom Donnerstag bevölkert, sie haben die gleichen Fetzen am Wanst, wie am 11.11. und im Endstadium der närrischen Tage. Deren Schutzbefohlene laufen derweile durchs Lokal und erwarten auch heute noch entsprechende Gaben bei Androhung körperlicher Unbilden. Am Stammtisch werden grad die Bestellungen aufgenommen und das Herzblut gibt für jene Eltern gut hörbar ihren Kindern zu Protokoll "Was, Süßes oder Saures wollt'er? Dann geht ma schnell nüber zu den Elli's, die solln euch ma nen Teller Flecke oder saure Kartoffelstückeln bestellen. Danach gibts bestimmt noch ä Dessert." Er lässt sie noch nicht verdaddert von Dannen ziehn "Wisst ihr eigentlich, was Kurrendekinder sind, was eine Mettenschicht, Neinerlaa, die Bergparade oder in 8 Tagen das Martinssingen ist?" Sie schauen fragend zur Wirtin, noch fragender zu ihren Erziehungsberechtigten und Letztere werden heut noch viel zu Erklären haben. :amkopfkratz: Wenn sie's denn in ihrer Erklärungsnot können...


    ...in Erklärungsnot geraten alljährlich viele andere von sich selbst Überzeugten auch. Einmal im Jahr deckt der Bund der Steuerzahler die Absurditäten des Umgangs mit unser aller Geld auf, niedergeschrieben im gefürchteten, weil für die Angesprochenen oftmals entlarvenden Schwarzbuch. So durfte man auch diese Woche wieder ungläubig den Kopf schütteln, wie so manche Kommune, Behörde oder auch manch "Einzeltäter" die Knete teils völlig sinnfrei verschleuderte. Sämtliche Fälle darf man hier ausführlich bewundern, ich hab mal 4 Beispiele rausgesucht und fang mal mit dem Sachsenlande an.


    In Adorf im Vogtlandkreis wurde 2013 ein Teilabschnitt des Elsterradweges auf 1,7 km Länge gebaut, es entstand ne neue Brücke und ein bereits existierender Weg wurde verbreitert und asphaltiert. Die Kommune dachte an alles, nur nicht daran, dass der Radweg durch ein naturschutzrechtlich besonders geschütztes Gebiet führt. Ein Planfeststellungsverfahren sowie ne Umweltverträglichkeitsprüfung gabs erst gar nicht und es kam, was kommen musste - ein Naturschutzverband klagte und vorm VG Chemnitz kam dann die kleinlaute Einsicht, dass der neue Radweg nich so ganz legal wäre. Daraufhin gabs weitere Verfahren bs zum BVG und es wurde geurteilt: Keine Genehmigung = keine Nutzung. Im Nachhinein strengte der Vogtlandkreis nun ein Planfeststellungsverfahren an, Erfolgsaussichten eher mau. Will heißen, der neue Teil des Elsterradweges muss sehr wahrscheinlich zurückgebaut werden. :stoehn: Die Baukosten beliefen sich übrigens auf 275.000 €.


    Schauen wir mal zu den niederen Sachsen nach Hannover. Dort gibts seit 2010 die sog. O-Tonne (orangener Deckel), insgesamt etwa 45.000 Stück in der gesamten Region Hannover. Gedacht ist die Tonne für wiederverwertbare Materialien, also Textilien, Kunststoffe oder auch Metalle. Man dachte sich dabei, dass in einem noch zu verabschiedenden Bundesgesetz die Trennung von Verpackungen und Wertstoffen aufgehoben und die einheitliche Sammlung in einer gemeinsamen Wertstofftonne vorgeschrieben würde. Und dass so zuallererst der kommunale Entsorgungsträger zum Zuge kommt. Jahaa, denkste! Der Gesetzentwurf vom Bund sah 2016 aber keine einheitliche Wertstoffsammlung vor, es wurde bei Weitem nicht so viel "orange" gesammelt, wie gedacht, das jährliche Minus wuchs auf zuletzt 1,5 Mio €. Der Bund der Steuerzahler forderte daraufhin die Abschaffung der Tonne, die Verantwortlichen wollten aber lieber die Tonnenentwicklung weiter "beobachten". Nach umfangreicher Beobachtung beschloss man nun im Juni diesen Jahres das Aus zum Jahresende. Die vermeidbaren Kosten für die Haushalte belaufen sich auf 12 Mio € seit 2010. :nuke:


    In Mecklenburg-Vorpommern wurde im Sommer 2016 kurz vor der Landtagswahl ein 7,5 Mio schweres "Heimatprogramm" von der damaligen Landesregierung beschlossen. Darin inbegriffen auch die Suche nach ner Hymne. Ein Jahr später gabs dafür nen Wettbewerb "So klingt Mecklenburg-Vorpommern", plötzlich war aber nur noch von nem zu kürenden "Landeslied" die Rede, im Protokoll ist nämlich eine Landeshymne gar nicht vorgesehn. Wieder ein Jahr später übergab eine Fachjury einer Ehrenjury die besten 8 Lieder, welche wiederum 4 Lieder zur öffentlichen Abstimmung wieder 1 Jahr später raussuchte. Im Frühjahr 2019 gewann der Titel "Mein Mecklenburg-Vorpommern“ und wurde bei ner lausig besuchten Preisgala mit 20.000 € prämiert, er soll nun auf Veranstaltungen des Heimatverbandes dargeboten werden. :ja: Weder eine offizielle Übergabe an den Landtag ist bisher erfolgt, noch ist sie überhaupt geplant, von ner Hymne für MeckPomm ganz zu schweigen. Kostenfaktor für das Geträller = 40.277,20 € aus Kulturfördermitteln des Landes.


    Und auch der Bund soll zum Zuge kommen: Das Kraftfahrt- Bundesamt schrieb ab November 2018 bis Januar 2019 ca. 1,5 Mio Dieselfahrzeughalter mit Karren mit nicht grade neuesten Abgasnormen an. Informationen über saubere Luft und allgemeines Blabla standen drin und zusätzlich der grandiose Werbe-Hinweis, man solle sich für weitergehende Fragen direkt und ausschließlich an die Autohersteller BMW, Daimler und VW wenden. Im Briefkopf hatte man gleich die Kontaktdaten der 3 Großen mit abgedruckt. Die Folge war ne enge Krawatte beim Kraftfahrtbundesamt und beim Verkehrsminister und nach mehrmaligem Nachbohren musste schließlich auf ne kleine Anfrage im Bundestag hin die Bundesregierung antworten, dass insgesamt für Porto-, Material-, Personal- und Druckkosten 613.000€ Steuergelder verbrannt wurden. :sleep: Schönes Feuer, Madness inklussive...


    Die Yellow Madness hat aber diese Woche alles getoppt. Der gute @Cerby hatte, bevor wir uns Pivomäßig hier verewigt haben, auf seiner Signatur "Ehre. Stärke. Dynamo." stehen. Sie sollte am Mittwoch Wirklichkeit werden. Man nehme 35.000 spezielle Menschen mit nem sehr speziellen Verein im Herzen aus den entlegendsten Winkeln dieses Landes und platziere sie unter sehr speziell lockeren Einlasskontrollen des Veranstalters im größten Stadion der Bundeshauptstadt. Man organisiere dies nahezu perfekt und gebe den Ordnungshütern so gut wie keinen Anlass auf ein bekanntes Dudu, man lasse sie einen "ruhigen" Abend in besonderem Fluidum verleben. Man lasse den Verband und seiner anhängenden, rektal kriechenden Presse in ihrer Enttäuschung, nicht das zu bekommen, was man herbeisehnt, alleine und man genieße und sauge auf. Gut, beim DFB verzählt man sich bestimmt jetzt noch mit den Fingern, wieviele Pyro's denn nun über 120 Minuten brannten (1000€ Strafe pro Stück, wenn ich mich nich irre). Und gut, der wie wir wissen schon von @Kampfkater und @Hannoi1896 so "geliebte" Sportbastart legte sich ne eigene DFB-Schleimspur, rutschte in der Überschrift kurz drauf aus und leckte sie wieder artig auf, aber sonst - man schwieg medial ob des Miterlebten oder kam man etwa gar ins Grübeln? Dieses Schweigen war so entlarvend laut! Man lasse ein Spiel beginnen, mit dem Keiner rechnen konnte, schon gar nicht mit der Dramaturgie. Man lasse die Verrücktesten des Landes ihrer ohrenbetäubenden und augenreibenden "Arbeit" nachgehn, man lasse sie an diesem Abend einen deutschen Rekord für ein Auswärtspflichtspiel aufstellen. Man lasse sie, clever durch Verteilen der aktiven Fanszene im weiten Rund, einzigartig diese altehrwürdige Hütte zum Beben bringen, man lasse sie toben, man lasse sie leiden. Man lasse sie in Erinnerungen an das und das und das schwelgen und lasse ihr "...Alle Dresdner im Block sangen nur ein Lied für Dich. Oh Elbflorenz - Ihr kämpft für uns, wir für dich!..." erklingen. Und justament genau zu dem Zeitpunkt, an dem ihr Koné sein 1:0 reintrudelt, lasse man sie alle, die 35.000 im Stadion, die an den Fernsehgeräten und die so wie ich arbeitsbedingt mit dem Ohr am Radio, diese zärtlichen Weisen hier ab 9:45 anstimmen. :zugabe: Für alle die dort waren, war Berlin diese eine Reise mit Sicherheit Wert. Werbung für Dynamo, den dort Gewesenen wars ein innerer Vorbeimarsch, den Medienschaffenden und dem Verband diese Werbung um die Ohren zu hauen. Mit aller Ehre, Stärke und für Dynamo. Unser Sektione hat ja gestern schon ausführlich davon berichtet, hier auch mal was Ähnliches ausm Netz dazu. Einzigartig, gibts nich nochmal in diesem Land.


    Mit viel Stolz dynamische Grüße an euch und schönen Sonntag. :winke:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


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  • Wie sieht es eigentlich mit Tickets für Außenstehende aus? Nach über 20 Jahren möchte ich mal wieder Dresden besuchen und den Tipp mit einem Dynamo-Heimspiel verbinden. Kommt man da leicht an Tageskarten ran oder ist es eher schwierig?

  • In der bisherigen Saison ist es kein Problem an Karten zu kommen für die normalen Spiele. Da reicht die Tageskasse aus. Die Aktuellen Vorverkäufe kannst du auf http://www.dynamocounter.de verfolgen.

  • Kleinvieh macht auch Mist


    Vor unsrem Stammlokal siehts aus wie in ner Waschküche und irgendwie wills heut gar nich so richtig hell werden. Dem Herzblut fröstelt leicht und er dampft beim Ausatmen aus der Gusche, wie ein Rennpferd nachm Zieleinlauf. Sein Ziel ist auch erreicht, es geht in froher Erwartung die Treppen hoch, er öffnet die Tür und ist ... blind. Auf die blöden Kommentare a la "Panzerglas in der Sauna" und "Mattscheibe" kann er liebend gerne verzichten, er putzt seine Brille und geht zur obligatorischen Begrüßung zur Wirtin. An nem Tisch in der Ecke erblickt er einen regelmäßig hier auftauchenden mittelalterlichen Mann, an dessen Seite ein viel jüngeres Ding der Marke "persönliches Schwungrad". :anmach: Aber einwas fehlt heute bei ihm - na gugge an, der hat wohl seinen Ehering Zuhause gelassen, der wird doch wohl nich...die Blicke der Beiden sind eindeutig. Unser Sonntagsredner grübelt innerlich "Sach ich was oder halt ich besser die Schnauze?" Die Wirtin ahnt das, zwinkert ihm zu und meint "Nee, lass ma, hier sind zuviele Kinder mit hinne." Er folgt artig und wendet sich seinen Stammtischgenossen zu. Dort wird grad ne kleine Spendenbox rumgereicht, auch das örtliche Tierheim is bald in froher weihnachtlicher Erwartung. Und so zückt auch das Herzblut sein Portemonnaie, dabei geht das Fach für die Münzen auf und es kullert Cent- und Euroweise fröhlich durchs Stammlokal. Als er denkt, alles wieder aufgelesen zu haben, kommen zwei Kinder zu ihm. "Hior Onkel, das haben wir noch gefunden." Er strahlt ob soviel kindlicher Ehrlichkeit und meint "Was habter denne...zwee Fuffzschor und vier Zwanzschor...hmm, wisster was? Das is euer Finderlohn, teilt euch rein!" Die ehrlichen Finder dampfen jubelnd ab, ob sie sein hinterhergerufenes "Kleinvieh macht och Mist" noch vernommen haben, ist nicht belegt. Er sortiert seine Münzen und stopft sie wieder zurück ins Portemonnaie und bei den vielen Cent-Stücken "Liebe Leute, habt ihr das letzte Woche mitgekriecht, wie in Amerika so ne von ihrem Mann beschissene Frau zum 10-Cent-Gegenschlag ausgeholt hat? Noch nich, na dann will ich mal:"


    Kennt ihr Brandi Lee? Nee, keene Ahnung? Dann muss ich euch sagen, diese Amerikanerin ist mittlerweile nicht nur in ihrer Heimat ne Heldin. Sie hätts so schön haben können: einen Mann mit gutem Einkommen, zwei kleine Kinder und zwei Farmen im Besitz. Das Problem an der Idylle - ihr Alter, also mittlerweile der Ehemalige. Ein echter Schlüpferstürmer, denn der Drecksack stieg nicht nur vor der Hochzeit mit der Frau eines seiner Kumpel in die Kiste, sondern fröhnte diesem außerehelichen Matratzensport auch noch nach der Vermählung. Unsre Brandi fand das heraus und gab auf Faselbuch zu Protokoll: "Der Mann, mit dem ich verheiratet war, hat entschieden, mir den größten Gefallen meines Lebens zu tun und mit der Frau seines Freundes zu schlafen. Die Frau, die zu meiner Hochzeit kam, mich mit ihm händchenhaltend sah und wie ich ihm in die Augen schaute und ihm meine ewige Liebe versprach – alles während sie wusste, dass sie mitihm schlief." Die Scheidung war bereits eingereicht, aber nun hat ja Amerika auch so seine gerichtlichen Besonderheiten. Und so wurde Brandi nach dem Scheidungsverfahren per Gerichtsbeschluss dazu verdonnert, ihrem Ex 7500 Dollar (6700 €) aus dem gemeinsamen Vermögen zu zahlen. Schweren und traurigen Herzens akzeptierte sie das Urteil, nur hatte sie beim schriftlichen Urteil so nen kleinen Teufel auf der Schulter und der widerum nen Geistesblitz: "Aber der Gerichtsbeschluss sagt nur, dass ich die Summe von 7500 Dollar zahlen muss. Das war's. Da steht nicht, wie ich sie zahlen muss." Und so schritt die so Gedemütigte zu ihrer Bank, berichtete von ihrem Schicksal und bat die Bankmitarbeiter, ihr die Knete in 10-Cent-Münzen zu geben, sie wolle ihm keinen Cent überweisen, sondern den Gesamtbetrag bar bezahlen. Irgendwo lagen in der Bankfiliale noch paar Umzugskisten, zehn an der Zahl, rum und die Angestellten taten, wie ihnen gehießen. Als die Kartons rappelvoll waren, ging unsere Brandi zur Post und schickte ihrem Ex ein paar wunderbare Care-Pakete. :klatsch: Beim Auspacken hat er sicher geschaut wie ein Dagobert Duck für Arme. Brandi's Hintergedanke war ein völlig nachvollziehbarer: "Während er das Kleingeld rollt, soll er sich in Ruhe überlegen, wie mein Leben mit zwei kleinen Kindern und zwei Farmen an der Backe nun aussieht. Er ist mitsamt seinem Einkommen gegangen, doch die Rechnungen und die Arbeit bleiben an mir hängen." Denn rollen wird er nun müssen...also nicht nur über die Strapsmeduse, über die er schon regelmäßig vor und während seiner Ehe gerutscht ist, neenee - die Bank akzeptiert dort das Kleingeld nur, wenns vorschriftsmäßig gerollt wurde. Also ich finde, die Frau hat was. Nur einwas hat sie leider, wie alle Mitfühlenden, nicht: "Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen."


    Der Kerl wird sich mit wundgerollten Griffeln sicher bald wünschen, er wohnte auf der Ostfrieseninsel Wangerooge. Denn dorthin sollen künftig nach Aussage der Volksbank Jever von ihr keine 1-, 2- und 5-Cent-Stücke mehr geliefert werden. Der Transport wäre zu teuer, also im Bankendeutsch "nicht mehr wirtschaftlich", O-Ton: "Wir müssen Rollengeld auf die Insel bringen und das Geld dann in Säcken in zweistelliger Tonnenzahl jedes Jahr wieder von der Insel fahren - und das als einzig verbliebene Bank auf der Insel." Es rollt also auf Wangerooge bald nicht mehr nur kein Auto, sondern auch absolut kein Rubel und wirklich dann nur noch die Radfahrer auf 9 km Länge und 2 km Breite. Allen Geschäftsbetreibern wurde bereits empfohlen, die Endbeträge an ihren Kassen einfach auf- oder abzurunden, die Hauptferienzeit wäre ja jetzt vorbei und da könnten sie schon mal ordentlich fürs nächste Jahr üben. Jeder Kunde muss dabei übrigens von jedem Ladenbesitzer ausdrücklich drauf hingewiesen werden, dass es mehr oder weniger Wechselgeld gibt. :augen: Das genaue Abrechnen wäre künftig nur noch mit EC- und Kreditkarte möglich, man beruft sich dabei auf andere Länder, wie Finnland, Italien oder Holland. Im Radio hörte ich diese Woche dazu, dass es wohl am Niederrhein in Kleve schon mal einen derartigen Probelauf gab. Auch dort mussten wohl die Händler den Kunden den Hinweis des Auf- und Abrundens geben. Nachdem das relativ gut gestartet war, wurden die Kunden aber sagen wir mal immer öfter unruhig und es gab gehäufte Beschwerden. Der GF des dortigen Einzelhandelsverbands meinte dazu: "Auf die Erklärung, dass sich das auf Dauer ausgleicht, haben viele gesagt: Mag ja so sein, aber ich will trotzdem mein Geld zurück. Wenn sie mehr zurückbekamen, haben sie sich natürlich nicht beschwert." Jaja, so isser halt, der Deutsche. Und um auf jene Volksbank dort oben zurückzukommen, fällt mir nur noch passend dazu ein - Wie das Land, so das Jever! :D Nur bei dem Gedanken an jenes Bier, also da fall ich wie in der Werbung auch um, mangels Düne eben auf die Couch. Und hole mich mit nem frischen Feldi, Köstritzer, Marx-Städter, Porter, Breznak oder Krusovice wieder ins Leben zurück.


    In diesem Sinne - Prost, liebe Sonntagsgemeinde. Und nicht vergessen: Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Taler nicht Wert! Euer Herzblut :bierkruege:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Härtslich Wielkomen in Herzoginaurich


    Das Herzblut kommt mal wieder gleich beim Gang die Kneipentreppen rauf in Wallung. Die Kopf-nach-Unten-Jugend hat jede einzelne Stufe okkupiert, eine Schweine-Mugge beleidigt die Ohren der eintrudelnden Mittagsgäste und die dreistreifig Trainingshosen tragenden Sargnägel eines jeden Deutschlehrers bewerfen sich verbal mit irgendwas Außerirdischem, nur nicht mit Deutsch. "Platz da, bewegt eure faul'n Ärsche zor Seite - hior kommt dor Landvogt mit Gefolge!" Er macht den beiden alten Leutchen hinter ihm eine begehbare Schneiße frei, das Jungvolk kann wie gehabt mit solch direkten Ansagen nix anfangen und labert nach kurzer Schreckensphase einfach degeneriert weiter. "Und Gudn Daach heeßt das, wenn Erwachsene de Treppen hoch loofen!" Das Herzblut schließt die Tür heut etwas hörbarer, drinnen duftets nach Gänsebraten und er ist sogleich mit tropfenden Lefzen wieder besänftigt. Die Wirtin brauch ihn bei dem Anblick gar nicht nach seinem Essenswunsch zu fragen, er lässt nur durchblicken, dass er dazu nen schönen Rotwein zu trinken gedenke. Ein Großteil des Stammtischs hat die gleiche Idee und so wird unsre Chefin heut mal als Gänsewirtin betitelt. Das Begrüßungsbier ist wieder von unglaublich schneller Verdunstung gesegnet und irgendwann geht die Tür auf und unsre Treppensitzer betreten die Arena. Man nimmt an den jeweiligen Elterntischen Platz - und quarkt weiter lautstark diesen Mist. Als so 2-3 Kneipengästen das so aufn Senkel geht, dass sie kurz vorm Klößeschmeißen sind, ertönt vom Stammtisch "Ruisch meine Lieben, ganz ruisch - in paar Jahren müssen die zum Bewerbungsgepräch und dann sacht dor Lehrmeister: "Eh Aldor, is ja scheen, was du alles schon für Projekte mitgemacht hast, abor wo dor Maurer 's Loch gelassen hat, das Projekt lernste jetz bei mior!" :D Nachdem das Gelächter etwas abgeklungen ist, wird die Vernichtung der deutschen Sprache zum heutigen Fachsimpeln erklärt. Das Herzblut stimmt mit ein: "Wenns denn nur an der Aussprache liegen würde, aber wenn du das dann auch noch optisch zur Schau stellst, dann falln dir aber die drei Streifen vor Schreck von der Trainings-Ausgehhose."


    Und die drei Streifen haben uns diese Woche einen Streifen präsentiert, der nen ganz bestimmten Oscar verdient hat, nämlich den der Peinlichkeit und des Dilletantismus und zusätzlich noch nen Spiegel vorm Gesicht. Am Montag präsentierte der "Verband" mit dem Ausrüster Adidas die neuen Trikots für seine "Mannschaft" anlässlich der Europameisterschaft nächsten Jahres. Das Design treibt so manchem Noch-Anhänger die Schweißperlen auf die Stirn und den bereits Abgewendeten erstklassige Lachfalten ins Gesicht. Dass man offiziell noch gar nicht qualifiziert war - geschenkt und milde drüber gelächelt. Die Fetzen kommen in weiß daher und dünne, schwarzen Querstreifen gehen über die Ärmel bis auf den Rücken, die Ärmelenden haben dickere Streifen in den Farben von Dschörmänie. Adidas beeilte sich auch gleich zu einem Statement "für Werte" und "für eine moderne, weltoffene und bunte Gemeinschaft und die integrative Kraft des Sports." Herr Bierhoff faselte daraufhin was von "Es freut mich, dass wir die deutsche Flagge wieder deutlicher in unser Erscheinungsbild aufgenommen haben" und Herr Gnabry gab ein kurzes, schmerzfreies und unverfängliches "Das Trikot hat Style. Auch die Streifen in Schwarz, Rot und Gold gefallen mir sehr gut" zu Protokoll. Der Lappen kostet übrigens läppische 129,95 €. :nuke:


    Nun soll es ja auch noch so 3-4 Fans dieser "Mannschaft" geben. Denen nicht nur der Sinn nach Klatschpappe, vorgefertigtem Liedgut und Pseudo-Choreos und in halbleeren Stadien unter Seinesgleichen zu sein steht, sondern die's bei ihren Lieblingen regelmäßig so richtig krachen lassen und im Fummel ihrer Angebeteten rumlaufen wollen. Und so frequentierten sie sogleich den umwerfend hippen Onlineshop von Adidas und konnten sich gar nicht satt sehen. Und bei den Beflockungen sind dann wohl einigen die Klatschpappen aus den Händen ge- und die Gesichtszüge entglitten. Wer um Himmels Willen ist den der Spieler Waltschmidt und woher hat denn der Jogi unter höggschter Geheimhaltung den Spieler Hecktor gezaubert? Wird der Kader komplett mit noch Unbekannten umgekrempelt? Heißt der Jogi am Ende gar nicht so? Frage über Fragen...die Rektionen im Netz und bei der Presse waren entsprechend. Und entsprechend peinlich berührt und noch peinlicher in der Begründung trat dann ein Adidas-Sprecher aufn Plan, dass man alle erforderlichen Schritte in die Wege leiten würde, "um technische Fehler :klatsch: wie diesen in Zukunft zu vermeiden." Und die "Tippfehler" wären mittlerweile behoben. Gut, man kennt sich halt nich so aus im bundesdeutschen Fußball, gibt ja auch nur einen Bundesliga-Club, der sich mit den drei Streifen ausrüsten lässt.


    Und wenn man denkt, in Herzogenaurach war nachm Abtupfen der Stirne alles wieder dreistreifig gut - weit gefehlt. Denn die rüsten ja auch noch die eine oder andere Nation aus, u.a. auch Russland seit übrigens 12 Jahren. Ja und die ham dort vielleicht blöde geguckt sach ich euch, da wirds wohl verdammt viel Schto Gramm zur Beruhigung gegeben haben. Denn bei deren Trikots war auf den Ärmeln nicht die Weiß-Blau-Rote Flagge, sondern eine Rot-Blau-Weiße zu sehen - und die gehört dann dummerweise zu Serbien. Einige Spieler erklärten "Ich chaben keine Vertrag mit Adidas und in das Trikot ich nich wollen auflaufen, du sluschaet?" Der russische Verband meinte daraufhin "Charascho, Towarischtsch" und entschied, dass ihre Nationalspieler gestern nochmal in den alten Trikots antreten müssen und man gleichzeitig mit dem Ausrüster verhandele. Dieser zeigte sich mit enger Krawatte "zuversichtlich", mit dem russischen Verband eine Lösung zu finden. Sonst steht der bei denen Russe vor der Tür... :ohje:


    Ja und die guten Nachrichten von und über diese ehrenwerte Firma rissen diese Woche einfach nicht ab. Der Jahrestag des Mauerfalls durfte auch bei ihnen nicht fehlen, obwohl auch sie absolut nix damit zu tun hatten. Und so startete man eine Kampagne namens "Breaking Walls" und brachte dazu eine limitierte Jacke raus, genauer eine Wendejacke. Ob die auch für die Wendehälse gedacht ist, war nicht zu ergründen. Vornedrauf paar Namen der damals getrennten Berliner Straßen und mit Zipper fachgerecht wieder verbindbar, hintendrauf steht "Breaking Walls”. Wendet man das Ding, dann erblickt der edle Käufer die Länge der Mauer, die Anzahl der Wachtürme und die Zahl erfolgreicher Fluchtversuche. :vogelzeigen: Damit aber nicht genug der peinlichen Anbiederung, denn zusätzlich brachte man noch das sogenannte "No Walls Needed"-Footwear Pack mit zwei Paar "ZX8000-Schuhen" raus, die in ner dafür entworfenen "Berliner Mauer-Box" auf den glücklich-hippen Latschentreter warten.


    Ihr seid mich für heute gleich los, aber einen hab ich noch: 2015 startete Adidas im fränkischen Ansbach und in Atlanta die hochautomatisierte Produktion in sogenannten "Speedfactorys", um wie es damals hieß, möglichst schnell auf neue Trends vor allem in der Laufschuh-Technologie und -mode reagieren zu können. In Ansbach fanden 160 Mitarbeiter Lohn und Brot, für Adidas ergaben sich kurze Transportwege und auch geringe Kosten in der Lagerhaltung im Gegensatz zur Hauptproduktion in Asien. Damit ist nach 5 Jahren nun wieder Sense, denn sowohl die Fabrik in Asbach als auch die in Atlanta wird von Adidas spätestens April nächsten Jahres dichtgemacht und auch diese Produktionsform Richtung zweier Zulieferbetriebe in Asien verlagert. Im Unternehmensdeutsch heißt das dann, man verspreche sich davon "eine bessere Ausnutzung bestehender Produktionskapazitäten und mehr Flexibilität in der Produktgestaltung". Außerdem könnten künftig auf die Art auch mehr Varianten der Speedfactory-Schuhmodelle angeboten werden. Also nix mehr mit "Made in Germany"...wenn man böse wär, könnte man jetzt schon die Beschriftung der weitgereisten Schuhkartons erahnen - "Mäd in Ahsien".


    So, da wünsch ich der dreistreifigen Ausgehfraktion ein stylisches Sunday-Walking. Und euch anderen natürlich einen schönen Sonntag.
    Euer Herzblut. :cool2:

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  • Das Produktionstätten nach Asien verlagert, zum Teil sogar Kinder hinter Nähmaschinen sitzen und diese Teile für Billiglöhne zusammennähen müssen interessiert doch keine Sau. Hauptsache die Weltmarke mit den drei Streifen sitzt gut auf der Haut.

  • Und genau da drauf wollt ich auch hinaus @Bear - es machen sich viel zu wenige Gedanken. Und weil das so ist, wird geheuchelt und bis zum Vernebeln promotet, dass die Schwarte kracht. Unter anderem auch mit 129,95€.


    Edit meinte übrigens, ich solle meine "Rächtschraibfälor" vom heutigen Stammtisch ja nicht nachträglich korrigieren...es würde so schön zum Thema passen. So sei es denn, gnihihie.

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    Einmal editiert, zuletzt von SGD-Herzblut ()

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