Auf ein Bierchen mit Herzblut - der Sonntagsstammtisch

  • Schon gut, ihr Beiden - es war mir ein Herzensbedürfnis. Nach dem Studium eurer in die Tiefe gehenden Posts hatte ich hier vorm Verfassen fürs Erste sogar nen anderen Journalisten einer größeren überregionalen Zeitung aufm Schirm. Aber gut, das machts nicht besser, eher noch in Sachen unabhängiger Berichterstattung und Berufsethos trauriger. Sport frei, ihr Beiden!

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Warum fällt mir sofort des Uwes Karte ein ....

    Alles Schei*e Tours powered by SGD 2021 bis dato ....

  • Ja, den kann man dafür auch erwähnen, Geisler toppts aber in meinen Augen noch. Und wenn ich mir Fielo in den PK's genau in seinen Gesichtszügen betrachte, dann weiß ich, ich bin nicht alleine.

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    Einmal editiert, zuletzt von SGD-Herzblut ()

  • Nach dem Studium eurer in die Tiefe gehenden Posts hatte ich hier vorm Verfassen fürs Erste sogar nen anderen Journalisten einer größeren überregionalen Zeitung aufm Schirm.


    Die Überregionalen meinen es ja noch ganz gut mit uns, bzw. da haste ein paar - Peter Rossberg, David Joram vom Tagesspiegel, etc. - die auch genauer hinschauen. Wen meintest du denn?

    Nanakorobiyaoki

  • @Kampfkater - war gestern abend doch glatt auf der Couch eingepennt, die bei uns am Ende mal wieder sehr gut verlaufene Museumsnacht hat ihren Tribut gefordert. Drum erst jetzt meine Antwort:


    Ist immer gut, zweimal hinzuschauen, ich hatte beim Familiennamen Willeke (und evtl. gehts ja genau um den) erst jenen von der Zeit im Gedächtnis und mich schon gewundert, ob und weshalb der jetzt auch Gastbeiträge im Hannoveraner Blätterwald schreibt. Aber ihr habt ja noch jenen Gleichnamigen direkt von der NP, nur anderer Vorname. Vielleicht sind sie ja irgendwie verwandt, so häufig gibts den Namen ja nun vermutlich auch nicht. Mein Fehler, ist hiermit richtig gestellt.

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  • Wenn das Phileas Fogg wüsste!


    Am Stammtisch siehts aus wie auf nem Trödelmarkt. Man hat sich für heute wohl vorgenommen, die alten Abzeichen für gutes Wissen in der Schule, Unmengen von Fußballwimpeln und ungezählte Ansichtskarten gleich quer übern Tisch zu tauschen. Dazwischen liegen auch paar alte Märchen-CD's, die vor langer Zeit immer mal wieder auch in den einschlägigen Zeitungen beigelegt waren. "Wer brauch'n von euch paar Sportabzeichen? Ich hätt' da paar bronzene davon...zu mehr hats bei mir zum Sportfest nie gereicht, hihi. Nur mein Bummi-Abzeichen kriecht keenor hior, das bleibt am Mann!" Das Herzblut hat bei soviel Selbsteinsicht die Lacher gleich wieder auf seiner Seite und die Wirtin singt wie auf Kommando "Bummiiie, Bummiiie..." Und alle am Stammtisch im Chor dazu wippend "Bummie, Bummie - brummbrummbrumm" :D Man schaut auf die Märchencover, sieht die Hexe Baba Jaga und das singende, klingende Bäumchen und stellt alsbald fest, dass die neuen Märchenverfilmungen an die alten im Leben nicht mehr rankommen und dieses Kulturgut unbedingt zu bewahren ist. "Ja genau..." meint das Herzblut "...und ausgerechnet diese Boulevardblätter sind die mit wichtigsten Bewahrer! Hört ma, da hab'sch was zu erzählen..."


    Vor paar Wochen sitz ich am Sonntag aufm Weg zur Muddi im Bus, freu mich schon aufs Mittagessen und blätter wie immer in der Sonntagsausgabe der MoPo. Dynamo und unsre Schacht-Klette kurz vorm rettenden Ufer, Zwickau genauso, die SG Handwerk Rabenstein Tabellenführer und dieses widerliche GmbH-Treiben auf der Fischerwiese - der Sportteil kommt bei mir immer zuerst dran und war entsprechend schnell abgearbeitet. Ich blätter paar Seiten weiter vor...Werbung von oben bis unten... :was: "nu was is denn das hior...oahr, ich wer forriggd...nächste Woche muss ich unbedingt..."


    Von Zeit zu Zeit bringt die MoPo ja immer wieder paar CD's oder DVD's mit beliebtem Inhalt aus heimatlichen Gefilden oder aus dem NSW (Jahaha, liebe Leser von anderswo, was könnte das denn bloß bedeuten? :ohje: ) unter die begeistert in vielen Erinnerungen schwelgenden Leute. Die Zeitung kostet paar Pfenge mehr, macht nüschd - der Inhalt der beigefügten Silberscheibe ist es allemal Wert. Ob nun allerlei Doku's, Theaterkomödien, die Stumpi-Filme und sein Salto Postale, Pan Tau, die DEFA-Klassiker für Groß und Klein, unsre Agnes Kraus, Erich Kästner und die von mir als Kind so heiß geliebte "Fliegende Windmühle" - ich hab sie alle im Regal. Nicht zu vergessen unser Olaf Böhme, immer wieder gern gesehene und gehörte Erinnerungen, die bei mir so langsam an die 100 Silberscheiben ranreichen. Darunter ist auch mit "In 80 Tagen um die Welt" mit Jackie Chan ein mehrfach verfilmter Buchstoff aus der Feder von Jules Verne. Und so blick ich also auf die Reklame, was da die nächsten Wochen so erscheint: Hurra, unser Adolar is wieder da! "Spiel doch mal verrückt, wenn eine Laus dich zwickt..." - Heißer Draht ins Jenseits, die Kenner wissen, was ich meine. ;) Diesbezüglich ist unsereiner schon mit der kompletten Sammlung eingedeckt, aber obendrüber blitzte mich was Besonderes an.


    Diese beiden Zeichentrickfiguren unseres östlichen Nachbarlandes haben Geschichte geschrieben. Ich war damals schon der überglückliche Besitzer zweier Comic-Hefte mit ihren Abenteuern (Der Orinoko und Bisonjäger), niemand kam in seiner Kindheit bei uns an ihnen vorbei. Ich kann mich noch erinnern, Lolek und Bolek flimmerten manchmal am Sonntag vorm vormittäglichen Hauptfilm auf der Kinoleinwand. Sie liefen bei Tri Tra Trick und bei Alles Trick und wir wurden Zeuge einer besonderen Reise in 80 Tagen um die Welt oder in den wilden Westen. Und genau diese beiden Filme aus der Zeichentrickschmiede in Bielsko-Biala bot uns nun die MoPo in ihrer Sonderausgabe an. Am nächsten Tag gings für mich in den Zeitungsladen des Vertrauens und mit nem Dackelblick wurde eine Vorbestellung abgegeben: "Legste mir bitte die 2 Mopos zurück, büddä...nee, Adolar habsch schon...Lolek und Bolek, alle beedä...und ja nich vergessen!"


    Letzte Woche schlug mir nun die erste glückliche Stunde und ich wurde stolzer Besitzer von "Lolek und Bolek im Wilden Westen" (Bolek i Lolek na Dzikim Zachodzie). Am Abend kamen dann die Kindheitserinnerungen am Fernseher wieder hoch, der Gauner Jimmy Piff-Paff hatte auch nach so vielen Jahren keine Chance und meine Vorfreude stieg auf diese Woche. Und so steh ich also vor paar Tagen wieder im Zeitungsladen, die Verkäuferin strahlt mich an, die Hände hinterm Rücken versteckt "Welche Hand willst'n?" Ich: "De rechte un de linke, nu gäb mior schon die Zeitung...oahr - Heimat!" :lumidance: Hinter mir standen paar Einheimische und hatten ihren Spaß. Dazu auch noch zwei Herrschaften aus nem neu geschaffenen Ortsteil voller neureicher, überkandidelter Zugezogener, ihr Zweit-SUV wartete draussen schon ungeduldig und man wollte wohl schnellstmöglich wieder ins von ner Steinwüste, drei kleinen Koniferen und nem bedauernswerten Rhododendronkadaver umgebene Eigenheim zu Sprossensalat und Vollkorncräckern.


    Nu stand aber wie gesagt ich noch im Laden vor ihnen und es kam mit den anderen Anwesenden zu ner kurzen, intensive Diskussion über die wunderbaren Filme, die uns alle durchs heimatliche Leben begleitet haben. Die zwei Zugereisten konnten mit ostdeutscher und osteuropäischer Filmgeschichte mal so gar nix anfangen. Wollten sie sichtlich auch nicht und auch nach meinen Erklärungen zu diesen polnischen Zeichentrickhelden kam nur ne verständnis- und ahnungslose Reaktion dieser jungen Vertreter der scheinbaren Oberklasse. Für sie und ihre Vorfahren gabs und gibts vermutlich nur die schnellste Maus von Mexico, den Donald, die Schlümpfe und ein ausgeprägtes Nicht-Bild über uns. Ich klärte sie desdorweechn drüber auf, dass Lolek und Bolek auch nach England (dort als Bennie und Lennie) lizenztechnisch verkauft wurden und weltweit gut ankamen - der Gesichtsausdruck war auch da der gleiche, den wir schon seit nem Vierteljahrhundert kennen. Mit nem "Ich hätts Ihnen auch kürzer sagen können - das ist echtes Kulturgut, unser Kulturgut, so wie Jan und Tini, Arthur, der Engel, Nickeneck und unser Drehrumbum, der Runde" meinerseits und nem zustimmenden Feixen der anderen Leute im Laden entschwanden diese Fremden in der selbstgewählten Fremde wieder. Ohne Zeitung. Weil die hatte ich. Mit Lolek und Bolek. Eine Frau hatte ich wohl gesangstechnisch inspiriert, sie trällerte strahlend "Wenn Jan und Tini reisen..." und danach auch noch "Ich bin der Drehrumbum, der Runde..." vor sich hin. :klatsch: Ob ich diesen so Geflüchteten vielleicht doch den Horizont irgendwie erweitert hab, ich weiß es nicht. Aber wie heißts so schön bei Udo L. - Hinterm Horizont gehts weiter.


    Mein Horizont für diesen Abend war glasklar: Mein DVD-Abspielgerät fraß diese Silberscheibe förmlich auf und ich wurde visueller Teilnehmer von "Lolek's und Bolek's großer Reise" (Wielka Podroz Bolka i Lolka). 100 Minuten Spaß, 100 Minuten Eintauchen in die eigene Kindheit, 100 Minuten Heimatstolz. Dank der MoPo. Mal wieder. Man muss sie ja auch mal loben.


    Ich fahr jetzt zur Mutter und kauf mir dann erstmal bissl Buslektüre, ihr wisst schon was. Schönen Sonntag, euer Herzblut. :winke:

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  • Von blinden Fischen, leidenden Hunden und abgeschossenen Vögeln - (m)ein Saisonrückblick


    Das Herzblut kommt in den Biergarten vorm Stammlokal und schüttelt seine Birne: "Nee, keene Ehre im Leib, die Bande. Verkoofen ihre Seele, bejubeln sich als die Allergrößten und sollten eigentlich off de Barrikaden gehn." Der Stammtisch findet heute mal wieder draußen statt, die Amseln zwitschern, das Bier ist gut gekühlt und die Stammtischhools ahnen schon belustigt, worauf unser Barde des gewagten Wortes wahrscheinlich mit dicken Halsschlagadern reagiert. "Nu, was haste denn geechn de Bayern, freu dich doch, dasse diese Brut vermöbelt ham." Er winkt gelangweilt ab "Was interessiert mich dieser Dreck dort oben, wo se doch am Ende im gleichen Boot sitzen? Nee, diese selbsternannten Asozialen gehn mir so aufn Zeiger. Gestern Nachmittag im Zug, da saß der ehrlose Teil der Anhängerschar dieser durch feindliche Übernahme zustande gekommenen GmbH. Und belobhudelte ihren Vereinszerstörer und den abzockenden Sportchef, rülpste mal kurz was Richtung Dynamo...dort saß die geballte Dummheit und eventgesteuerte Ignoranz von absoluten Blindfischen." :shock2: Nun fällt bei den Anderen der Groschen "Ach so, du meinst das Sachsenpokalfinale gestern, wie wir dich kennen, haste doch bestimmt nich de Klappe halten können, hä?" Man kennt ihn sehr gut, denn er gibt zu Protokoll "Beim Aussteigen habsch so nem Viererplatz mit Mitläuferschwachköpfen den guten Rat gegeben, dass es für sie besser wär, aller 14 Tage nach Leipzsch ins ehemalige Zentralstadion zu defilieren. Weil - fährt jede Stunde ein Zug hin. Sie hams nich kapiert...Chefin, mach mir heute mal ein Steak mit ordentlich Zwiebeln und paar Kartoffelspalten dazu. Und bring mir noch ma ä Helles - ich hab een Durschd heute!" Man will nun natürlich von ihm wissen, obs das für heute schon war, oder ob er noch was aufzutischen hat. "Ja, hab ich - Saisonrückblick!"


    Liga 1 können wir uns eigentlich so ziemlich schenken, es langweilt halt, mit paar positiven Unterbrechungen. Freiburg ist auch weiter dabei, Düsseldorf war ein erstaunlich guter Aufsteiger, Nürnberg erschreckend schwach, ebenso Stuttgart, die morgen an der Alten Försterei evtl. Eisern in den Fahrstuhl geschickt werden. Wenn ich positive Unterbrechungen sage, sollte man auch Hannover 96 erwähnen. Also nicht dass ihr denkt, was hat'n der gesoffen :amkopfkratz: ...ich mein' nicht das Sportliche, da gehts zurecht ne Etage tiefer. Dieser mitunter groteske Wahnsinn mit und um die Vereinsgranden, deren explizite "Anhänger" und die hinterher schleimspurenden "Presse"-Vertreter haben aber nicht nur für mich zur positiven Gedankenwelt beigetragen. Weil da formierte sich Stück für Stück ne Opposition, die Vereinsbewahrer, die wahren Anhänger und jene Presseleute, die ihrem Job in kritisch-seriöser Weise nachkamen. Man hat Etappensiege gefeiert, die in der Öffentlichkeitswirksamkeit weit über den Tellerrand hinausragten. Und auch zum Nachdenken über Mäzene, Sonnenkönige, Glücksspieler und Vereinssverweser beitrugen. H96 ist sportlich ab- und was die Vereinshygiene angeht, etwas aufgestiegen. Deckel drauf.


    Liga 3 - und immer war auch ein vorsichtig blinzelnder Pleitegeier in der elften Auflage mit dabei. Dass keine U23-Truppe mit anwesend war, war genauso ein Novum wie die 4 Absteiger und die Einführung von Montagspielen für des Magenta-übertragenden Willen. Der VfL Osnabrück hatte in der Vorsaison das Abstiegsgespenst grad noch so abserviert und legte heuer eine formidable Runde hin, völlig zurecht mit dem Aufstieg belohnt. Nach brutalen Relegationserlebnissen durfte auch der KSC endlich wieder jubeln und es bleibt zu hoffen, dass man dort in Bälde das von der Obrigkeit gewünschte Dach überm Badner Kopf hat. Stichwort Relegation - es war ein Zweikampf zweier gleichwertiger Teams, es konnte nur einen geben und so stand der SV Wehen-Wiesbaden am Ende aufm Treppchen und der starke HFC kam unter ihrem neuen Trainer Ziegner auf Platz vier ein. Absteiger wie Ahlen und Fortuna Köln finden nochmal kurz Erwähnung, auch die flotte Lotte musste ins Gras beißen und dieser letzte Spieltag um den 4. Absteiger wird wohl in Großaspach, aber vor allen Dingen in Cottbus und Braunschweig noch lange in Erinnerung bleiben. Ein vermaledeites Törchen fehlte den Lausitzern am Ende und es bleibt abzuwarten, wie's für die in der Regionalliga mit all den anderen ostdeutschen Mitbewerbern weitergeht. Am Ende wartet für Cottbus gar noch ein zu öffnendes Hintertürchen namens Lizenzverweigerung bzgl. anderer Vereine.


    Drei Teams haben Gleiches geleistet, nämlich eine unglaubliche Aufholjagd - Jena und Braunschweig durften diese am Ende auch zurecht feiern. Ja und dann noch der 1. FCK: Mir fällt nach den zuletzt für jeden ehrbaren Anhänger der roten Teufel grausamen Ereignissen wirklich nur noch Herbert Grönemeier ein "Die Seele verhökert, alles Sinnentleert - keine innere Heimat, keine Heimat mehr". Ein Luxemburger Milliardär entdeckt nun dort seine Fußballiebe, das lässt diese fassungslos machenden Umtriebe dieses Zaren in Uerdingen schon fast erblassen. Mit nem grünen Teint im Gesicht :look: - Deckel drauf.


    Liga 2 - und Dynamo war auch wieder mit dabei. Und wie! Grottig, amateurhaft, zum Haare ausraufen, die Attribute lassen sich noch weiter ergänzen, bei dem, was uns da nicht selten von den eigenen Jungs um die Ohren gehauen wurde. Ralf Minge war grade von seiner Erkrankung genesen, da musste er schon zur unangenehmen Tat schreiten und den Sturkopf Uwe Neuhaus entlassen. Christian Fiel schnupperte vorerst nur kurz am Trainerstuhl, weil dann kam Maik Walpurgis. Sein Ruf eilte ihm voraus, also kam er, sah, und siegte zu selten. Was unter ihm gesiegt hat, war die Willenlosigkeit, die Selbstaufgabe und die sichtbare Vollendung einer Nicht-Gemeinschaft auf dem Platz, die uns zu leidenden Hunden machte. Dass jenes für uns negative Geschichte schreibende 1:8 von Köln ausgerechnet am 13. Spieltag stattfand, geschenkt. Es konnte nicht gutgehn, weils immer schlechter ging. Und weils irgendwann gar nicht mehr ging - der grade erst mit dem Trainerschein versehene Christian Fiel kam, sah, spielte unentschieden, verlor auch mal und siegte ausreichend für das einzig noch zu erreichende Klassenziel - den Klassenerhalt. :nuke: Und er siegte dort, wo's für uns am Schönsten, am Wertvollsten und letztendlich auch tabellarisch Richtungweisendsten war - im Schacht, bei unsrer ewigen Klette. Und die hatten uns Einiges voraus: Einen Goalgetter, der ausgerechnet von uns kam und zum "Zeitsoldat" wurde, mit Daniel Meyer einen Trainer über die ganze Saison (nur ein Co-Trainer wurde aus speziellen Gründen vom großen Anführer "aus dem Endkampf" genommen) und den Anführer selbst, der auch diese Saison seiner Aufgabe wieder auf besondere Art nachkam. Cerby hats zwar schon mal verlinkt: Wir hatten ja einen Spieler, der von seiner DNA sprach, aber Helge Leonhardt kann wie kaum ein Zweiter zur Weitergabe und Verinnerlichung einer Vereins-DNA ermutigen und dabei nen Vogel abschießen, seine obligatorische Weihnachtsansprache "Liebe Kameradinnen und Kameraden" hat er zum Muttertag nun noch getoppt, für mich bisher DIE Wortmeldung des Jahres von ihm. :klatsch:


    Der Rest ist schnell erzählt - die Größten der Welt entließen erst ihren Trainer Richtung Ostseeküste und blieben unterm neuen Coach dennoch im Abstiegssschlamm ihres Kartoffelackers stecken. :breitezunge: So bald muss man sich bitte auch nicht wiedersehn. In Sachen Trainerrochade hat uns nur noch das Ingoldorf mit 5 Übungsleitern überholt, irgendwie bleiben die nun wohl doch noch drin. Der auch von mir getippte Meister dieser Saison aus Köln stieg am Ende sehr souverän auf, die Paddelbirnen folgen ihnen nach ner starken Saison eines starken Trainers, der dritte Platz blieb den in der Hinrunde als einzige Profimannschaft ungeschlagenen Eisernen aus Berlin. Die Ausgangslage ist in der Relegation gut, um die Tränen der Enttäuschung in ungezählte Freudentränen umzuwandeln. Ja und dann gabs noch den HSV = H amburg S pielt V errückt. Ohne Worte eigentlich, sowohl die Trainerentlassung von Titz, als auch das teils desaströse Auftreten dieser viel zu hoch dotierten und bezahlten Spieler. Mit den Namen, den Möglichkeiten und dem Umfeld sowas auf die Alster und die Elbe zu pissen, ist für die Anhängerschaft eine peinliche Frechheit und lässt uns auf ein weiteres Aufeinandertreffen der Partnerstädte freuen. Drum auch hier Deckel drauf.


    Das wars für diese Saison von mir, ich dank euch allen für die Aufmerksamkeit und für eure Wortmeldungen. Mir bleibt jetzt nur noch, euch einen schönen und Urlaubsmäßig erholsamen Sommer zu wünschen, auch ich werde meinen Akku jetzt erstmal Stück für Stück aufladen, die Nadel ist ziemlich auf Reserve. Auf bald in der neuen Saison an diesem unseren Stammtisch.


    Schönen Sonntag für euch und liebe Grüße aus Karl-Marx-Stadt. Euer Herzblut. :winke:

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  • Ein dreifach Eisern Union!


    Eine leichte Brise weht unter die Sonnenschirme des Sommergartens unsrer Stammkneipe. Unsre Wirtin hat ordentlich zu tun, es sind Ferien und es ist an den Tischen allerlei Stimmgewirr aus aller Herren Bundesländer zu vernehmen. Nur am Stammtisch - da quarken se alle wie immer, einer fehlt noch. Ein braungebranntes Männchen mit Sonnenbrille und kurzgeschorenem Dätz stolziert um die Ecke, am Stammtisch wird getuschelt. Er nimmt seine Sonnenbrille ab und schmettert ihnen ein "Nu Grieße, iohr Lausewenzeln, habter eure Käsebeene och ma bissl in de Sonne gehängt - da binsch wiedor!" Die Freude und das Gelächter sind entsprechend und ihm wird zur Begrüßung mitgeteilt: "Mensch Herzblut, du bists - mir ham schon gedacht, dor Helge kommt ausm Schacht mit Sonnenbrille anmarschiert und will uns erzähln, dass de nie mehr herkommst, weil er dich als Zeitsoldat verpflichtet hat, muahahahaaa..." Seine feixende Reaktion ist eindeutig: "Iohr habt se wo ni mehr alle, soweit kommts nor, der General soll seine Schlachten mit andren Kämpfern führen...Glück auf!" Sein Weg führt ihn erstmal schnurstracks zur Wirtin "Oahr komm her meine Gute, muss dich erschtma drücken, lange ni mehr gesehn." Sie freut sich über soviel Zuwendung "Nee, un glei wiedor erkannt, was kannsch'n dior forn erschten Durschd bringen, was Blondes?" Seine Antwort ist eindeutig zweideutig: "Ja - und anschließend ä Bier, hähähäää!" :D Nachdem er sich gesetzt hat, werden erstmal die vergangenen Wochen aufgearbeitet, is ja viel Weltunbewegendes passiert. Auch im Sport, erst Recht im Fußball. Am Nachbartisch hört man preußisch angehauchtes Gebrabbel, ein Shirt mit nem eisernen Spruch ist zu erkennen. Und das nimmt unser Herzblut auch gleich zum Anlass, um in die neue Stammtischsaison ziemlich Union-like zu starten.


    Die Aufstiegsfreudentränen sind getrocknet und die Alte Försterei scharrt mit den Hufen, dass es doch bald Losgehen möge. Was braucht man für seine allererste Bundesligasaison? Herz, Frische, Mut, Spaß, Unbekümmertheit und nen passenden Kader. Und wenn ich so auf die Aktivitäten der Eisernen in den letzten Wochen schau - also alle Achtung meine Herrn, da hat man so richtig Nägel mit Köpfen gemacht! Und das für Bundesligaverhältnisse noch nichtmal unter Aufbietung der letzten finanziellen Körner. Ein Schmiedebach aus Hannover und ein Friedrich aus Augsburg geholt, dazu paar aus der eigenen Jugend und paar Ergänzungsspieler aus der zweiten und dritten Liga, da dachtest du schon, mit dem vorhandenen Kader und jetzt diesen Neuen noch - sieht ganz passabel aus. Und dann werden doch die Verpflichtungen von Ujah aus Mainz und die beiden ebenfalls Top-Karäter Subotic aus St. Etienne und Gentner aus Stuttgart (beide ablösefrei) vermeldet. Sie mögen vielleicht schon überm Zenit ihrer Leistungsstärke etwas hinaus sein, aber sie bringen für dieses gemeinsame Abenteuer verdammt viel Erfahrung mit. Und genau das kann der Schlüssel zum von Vielen vorab als unmöglich gehaltenen Klassenerhalt sein. Diese Truppe ist aufm Papier erstmal sehr intelligent zusammengestellt, es liegt am Trainerteam, an ihnen selbst und auch am Wir-Gefühl mit dem Fanlager, obs auch diese Saison süße Früchte zu ernten gibt. Eigentlich kann man es ihnen nur wünschen, bei all dem, was sich dort oben so an Einheitsbrei und Langeweile tummelt. Es werden sich so Manche an und in der Alten Försterei die Zähne ausbeißen, möge das "Eisern Union" ihnen noch wochenlang in den Ohren klingen. Viel Erfolg dabei! :nuke:


    Eisern Union gibts auch in Chemnitz. Nee, ich hab die Farben nicht gewechselt...ich meins im übertragenen Sinne. Vor 167 Jahren gründete hier David Gustav Diehl die Werkzeugmaschinenfabrik Diehl, 20 Jahre später entstand daraus die Werkzeugmaschinenfabrik UNION AG und ist damit die älteste Maschinenbaufirma der Welt. Begehrte Produkte und das Know How führten sie über viele Jahrzehnte zu Weltruhm, der sich auch nach Kriegsende fortsetzte. In der DDR wurde das Unternehmen ins Kombinat Fritz Heckert eingebunden, die Mitarbeiter verdienten richtig gutes Geld. Nach der Wende gingen viele Privatisierungsversuche (Treuhand :sleep: ) schief, das Know How drohte abzuwandern und dieser anderen im Weg stehende ostdeutsche Maschinenbau-Konkurrent wie so viele andere auch zu verschwinden. So nahmen die Mitarbeiter 1996 ihr Schicksal selbst in die Hand und führten ihr Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern einfach als Mitarbeitergesellschaft weiter. Dabei investierten 100 Beschäftigte die für damalige Zeiten hier verdammt hohe Summe von jeweils 10.000 D-Mark. Der Laden lief weiter gut, dennoch war aus Gründen seriöser Zukunftsaussichten aufm Weltmarkt eine Übernahme irgendwann unumgänglich und so wurde unsre "Union" 2011 von der Herkules-Gruppe aus Siegen/NRW übernommen. Und die ließen wie Herkules die Muskeln spielen, denn von da an gings bergab ins Reich der tiefroten Zahlen, 2017 warens 5,3 Mio Euro. Zuletzt zwang man Union sogar, die zur Produktion benötigten Teile lt. Union-Betriebsrat "teuer im Unternehmensverbund einzukaufen", nach seiner Aussage gabs offenbar gezielte Umleitungen von Geldströmen und im April Versuche, diverse Spezialisten für Konstruktion und Montage zu anderen Herkules-Werken abzuwerben. Am 21. Juni kam nun von dieser ehrenwerten Inhaberfirma eine lapidare Pressemitteilung, dass zum 30. November Union Chemnitz für immer dicht gemacht wird. Die 180 Mitarbeiter sind aber wie gesagt kampferprobte sächsische Anpacker und setzen sich auch mit Hilfe der Öffentlichkeit und der politischen Verantwortungsträger zur Wehr. Der Betriebsrat dazu: "Offensichtlich passen wir nicht mehr zum Portfolio der Unternehmensgruppe. Das werden wir aber hinterfragen und möchten um eine andere Lösung mit dem Arbeitgeber streiten." Passend zum vorherigen Thema bedruckten sie sich extra Shirts mit "Wir sind UNIONer.." und fuhren 50 Mann stark zur IG-Metall Großdemo mit 50.000 Leuten nach Berlin. Der Heimatsender hat das Ganze für die Interessierten hier nochmal ausführlich in der Mediathek zur Verfügung gestellt. Diese angekündigte Plattmachung wurde sehr offensichtlich von sehr langer Hand vorbereitet und wir kennen in unseren Breitengraden dieses Gefühl aus mehr als 25 Jahren Erfahrung nur allzu gut. Unter- und kleinkriegen? Uns? Niemals, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen - Eisern Union!
    :nobbi: Wir sind hier so, weil man uns so gemacht hat und einer Tiefenprüfung halten wir eher stand, als...


    ...wo ich schon bei "Tiefenprüfung" bin: In der Tiefe des heimatlichen Raumes befindet sich ja auch meine alte Heimat Chemnitz-Rabenstein. Und da die dortige schwarz-gelbe Handwerker-Sportgemeinschaft ja nu in der Sachsenliga bäbbelt und dort Hammer und Zirkel um den Ährenkranz wirft, werd ich jetzt auch immer mal was Sportliches oder ganz allgemein Dörfliches von dort am Stammtisch mit einfließen lassen. Heute auch mal mit Union, denn da hamwer nochmal ne gleichnamige Firma in Chemnitz - die Sächsische Großbäckerei Union GmbH, 1910 als "Sächsische Brotfabrik-Union Reimann & Kaden" von Emil Reimann gegründet. Ein für damalige Zeiten umtriebiger (eigenes Laboratorium) und hochgradig mitarbeiterbewußter (den Nachfolger seiner damaligen Stiftung gibts noch heute) Bäcker und Konditor, der sein Unternehmen in Rottluff (dort bin ich groß geworden und zur Schule gegangen, gleich angrenzend an Rabenstein) mit dem Kauf der dortigen Mühle aufbaute und erweiterte. Mitte der zwanziger Jahre gehörte sie zu den größten Bäckereien in Deutschand, später auch in der DDR. Mittlerweile ist der Hauptsitz in Dresden als Emil Reimann GmbH, dazu gibts eben jene Chemnitzer Sächsische Großbäckerei Union GmbH und in Sachsen sowie in Baden-Württemberg werden über 80 Filialen betrieben. Und bald gibts noch eine - im Rabenstein-Center, dies mit nem Ladencafe, was ich schon seit vielen Jahren frequentiere. Der Erstbetreiber, die ehemalige Bäckerei Hartwig, hat dort in Person des Chefs meiner Mutter damals zum 60. Geburtstag aufm Klavier ein Ständchen gespielt - sowas vergisst du nicht, meine Mutter vergießt noch heute Freudentränen. Danach wurde das Cafe von ner größeren Bäckereikette geführt, der ich nach allem, was ich über Jahre bei den armen Verkäuferinnen miterlebt hab - ich nenn den Namen nicht, wütende Grüße nach Annaberg :shock2: - auch mal ne richtige Tiefenprüfung wünsche. Ebenso dem Center-Management, dazu andermal mehr. Und nun vernehm ich vor paar Tagen am heißen Gerüchteküche-Ofenrohr die frohe Kunde, mein Cafe macht ab August wieder off und dor Emil Reimann kommt mit seiner Union-Bäckerei. Und seitdem drobbd mir dor Zahn - oahr, die Eiorschegge, där Bien'stich, die Makronentorte, där Stolln, das Kartoffelbrot und de Buddermilchbrodln..."Mensch, ich halts ni mehr aus...nu macht schon off, ä Bedürftiger steht vor dor Diere - ich kann dor ni ewig hoch zum Cafe Schmidt rammeln!" :motzen: Was ä echter "Raamschdeenor" is, där muss einfach so reagiern. Da isser Eisern, also bei Union.


    Ich wünsch euch nen schönen Sonntag und genehmige mir heut Nachmittag ä scheenes Stückl Heidelbeertorte aus eignem Anbau.


    Bis nächste Woche, euer Herzblut :cool2:

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  • Warum Ritter Harras bei "Sah ein Knab ein Röslein stehn" gleich ohne Pferd gesprungen wär


    Die Wiese vorm Stammlokal sieht ziemlich verbrannt aus, die sich bereits eingefunden habenden Freiluftgaststättenbesucher ebenfalls - dieses Wüstenwetter fordert bei allen Beteiligten nicht zu knapp seinen Tribut. Auch das Herzblut ist innerhalb ner Woche noch stärker pigmentiert, als geahnt. Unsre Wirtin hat heute offenbar wieder ihren Schlagertag, aus den Lautsprechern trällern se alle nacheinander was von Gefühlen, von Herzensbrecherei und anderen zwischenmenschlichen Annehmlichkeiten. Zwei der sichtbar der alternativen Gefühls- und Denklage zuzuordnenden jungen Hüpfer haben bei diesen Melodeien nur eines im Sinn - mit nem Kontrastprogram sich irgendwie die Eierschalen hinter den Ohren wegzusingen ... "und aus dem Raadioho, kommt ein Liebeslied und in der Fernsehschoho, singen sie ein liebes Lied." Das Herzblut frohlockt, es kann bei diesem ihm wohlbekannten Kulturgut nicht anders "Na und wie weiter? ... ah, wisster nich ... ich helf euch, den Parolen-Horizont zu erweitern: Vor deiner Tür, in deinem Ort. Ist Gerechtigkeit nur ein Wort. Befehl an alle „Bleibt besser klug! Schließt euch ein, macht die Augen zu! ... und jetzt dürft ihr wieder...und ausm Raadioho..." Sie wollen aber nicht, die Eierschalen sitzen wohl doch noch zu fest, man trollt sich eingenordet von Dannen. Hatter also mal wieder den Spiegel der Klarheit rausgeholt, das Feld gehört weiter den Platzhirschen - das Gejohle am Stammtisch ist von Weitem zu vernehmen. Unter Vorzeigen des :victory: und nem gewinnenden Lachen legt er nochmal Kohlen nach: "Nu was'n - mior stehn doch hier im Rang über denen und wenn man der Milchreisfraktion was beibringen kann, helf ich doch gerne! Chefin, bei deiner Musik heute drobbt der Herzschmerz ja wieder aus allen Rohren." Und weil das die Minnesänger hier schon immer so gemacht ham, vertiefen wir das gleich mal, oder ums mit Herrn Grebe zu sagen: Lass uns Volkslieder singen... - natürlich auf meine ganz spezielle Art und Volksliederzersetzende Weise, hähähä.


    Vor Jahren hab ich ein herrliches Fleckchen Erde zum Abschalten für mich entdeckt. Eigentlich isses Wasser, genauer das Ufer der Zschopau, dort lass ich unterhalb des Harrasfelsens immer mal wieder die Seele treiben. Zur Sage des Harras-Sprungs ist alles Wissenswerte hier besser erklärt, spar ich mir deshalb. An der Zschopau hatten vor 15 Jahren paar Leute die geniale Idee, die vielen Wanderwege zu Liederwegen umzufunktionieren. Sie fanden dafür Paten und so befestigte man auf großen Felsbrocken am Wegesrand Tafeln mit allseits bekannten (oder schon fast vergessenen) Volksliedern verschiedenster Prägung: Trink-, Kinder- oder auch Liebeslieder. Und auf dem Liebesliederweg gehts für mich immer entlang der Zschopau bis zum Harrasfelsen, so auch in dieser meiner ersten Urlaubswoche.


    "Wenn alle Brünnlein fließen..." - Wo ich mich immer niederlasse, plätschert 'n kleines Rinnsal aus dem Berg des Harrasfelsens direkt in die Zschopau. Ankommen und erstma die Pfoten ins kalte, klare Wasser - eene Wohltat! Zwei große Felsbrocken mitten in der Zschopau aneinander, die Zwischenräume mit Steinchen aufgefüllt, Decke droff - ferdsch war der herzblütige Thron. Die Wasserflasche wurde naturell gekühlt, die Beene ins kühle Nass, ein gutes Buch dazu: LMAA! Nebenbei gehst du innerlich auch die Texte der alten Liebeslieder-Schinken durch...so auch am Dienstag, die naturelle Geräuschkulisse war ein Traum, die Fische knabberten an den Füßen rum und das Ganze wurde nur von ner sich neben mir niederlassenden Frau mit ihrem badefreudigen Hund unterbrochen. Letztere knabberten natürlich nicht an meinen Füßen. Abends dann aua, Scheiße - Oberschenkel bärisch verbrannt...


    "Kommt ein Vogel geflogen..." - am Mittwoch zwitscherts hinter mir am Ufer, nee es räuspert sich ein..."Ähäm, ahäm - darf ich sie mal was fragen..." Der junge Mann, fürs Wandern in etwas zu feinen Zwirn getackert, wartete mein Nicken gar nicht erst ab, sondern kam gleich zur epochalen Sache: "Wenn schon überall geschrieben steht, dass die Evolution vor der Schöpfung kommt, was war dann zuerst da, das Huhn oder das Ei?" Bei den Worten hatte ich schon so ne Ahnung, wer mich da ausm Buch reißt. Schlagfertig wie ich bin, kam die prompte Antwort "Ja, das frag ich mich och. Hier jedenfalls war ich zuerst da." Seine Missionierungstour war noch nicht beendet: "Was lesen sie da eigentlich?" Da ich die Buchumschläge immer Zuhause lasse, hatte ich ein schwarzes Buch in der Hand, er hoffte wohl auf die heilige Schrift. Auf der Zunge hatte ich "Die Auflistung der Kindesmißbräuche der letzten 50 Jahre in der Kirche" antwortete aber wahrheitsgemäß mit "Das letzte Buch von Dieter Hildebrandt - Ich musste immer lachen" Es zeigte Wirkung, er verschwand eiligst, Mission not accomplished. Übrigens, kennt ihr den? Drei Wanderer sitzen in ner Kneipe und haben auch einen sitzen. Sie beschließen, ihren Frauen ne SMS mit dem gleichen Inhalt zu schicken: "Wenn ich ein Vöglein wäre, flög ich zu dir, da ich kein Vöglein bin, vögel ich hier." Die Erste schreibt sauer zurück: "Du warst schon Zuhause immer gemein und auch beim Wandern bleibst du ein Schwein!" Die Zweite: "Nachricht erhalten, glaub dir kein Wort - du konntest kaum hier, geschweige denn dort!" Die Dritte: "Da du kein Vöglein bist, sondern ein Wanderer, gräme dich nicht - mich vögelt ein anderer!" :D


    So erstma ein Schlückchen aus der Wasserflasche, weiter auf Seite 18 bei Dieter und ein Lied "Das Lieben bringt groß Freud..." - und von hinten nähern sich Leut. Wandersleute ohne jeden Akzent, also hochdeutsche Touris: "Sie haben es sich hier aber gemütlich gemacht!" Ich: "Ja is bomforzschionös, de Quanten in de Zschopau ze diddschen un die Ruhe erschd!" Der mitgebrachte Vater erzählte seinem Sohn was über die jungen hier im "Schkopau-Wasser" schwimmenden Hechte und ließ nebenbei sein Wissen über die mir bisher völlig unbekannte Lebensweise nicht nur meiner Generation in der Ehemaligen Revue passieren. Ein Täter oder Opfer geschichtsverändernder Denkfabriken. Hatte Ähnlichkeit mit den Leuten, über die mir auch Hildebrandt im Buch hinsichtlich seiner miterlebten, nachm 2. WK einsetzenden deutschlandweiten Amnesie berichtete. Da kam trotz Urlaub der Herr Lehrer in mir hoch und ich erstattete dem staunenden Kind Bericht, was es bei uns so alles zu Essen und Trinken gab, wie gut unsere Schule war und wie preiswert das Softeis, Bus und Bahn, das Kino oder das Freibad waren. Der Vater beeilte sich mit Schnappatmung, seine Wandergruppe zum Aufbruch zu bewegen und ich gab ihm noch mein "Übrigens ist Schkopau eine Gemeinde in Sachsen-Anhalt und ihre Hechte sind in Wahrheit Welse" mit aufn Weg. :yes: Wenigstens der Junge hatte endlich mal etwas innerdeutsche Bildung reeller Sorte erfahren. Ich kenn ja die "Schulbücher" aus seiner Heimat.


    Am nächsten Tag gings tierisch zu und ich durfte zwei badende Pferde, eine Entenmutter mit ihren 7 Jungen und Unmengen von an meinen Rennsemmeln knabbernden Fischen begrüßen und hab nach ewigen Zeiten wieder nen Eisvogel gesehn. Und zwei durch neuzeitliche Bildunk ahnungslose Verliebte, die, zu "My Heart will go on" gezeugt, mit "Ein Stern..." großgezogen und bei "Wenn Worte meine Sprache wären" vom ersten Kuss überwältigt wurden, über diese unbekannten Lieder auf den Steinen stolperten. Gestern bekam ich dann die volle Dröhnung in Form einer Wanderchorgruppe, die schon vom Harrasfelsen runter bläkend nervte und dann zu mir stolzierte. Singend. Die Liebeslieder singend. Ganz, ganz schlimm singend. :schreck: Das "Sah ein Knab ein Röslein stehn" war dermaßen Scheiße, dass die immer noch an mir beschäftigten Fische erstmal tiefer tauchten und das Wasser schäumte. "Röslein, Röslein, Röhöslein rot..." - Ab da habsch mir gedacht, wenn das der gute Harras so gehört hätte - er wär gesprungen. Ohne Pferd. Lachend. Und hätte auch so nen Abdruck am anderen Ufer hinterlassen. Dann wär er schreiend weggerannt.


    Und so ende ich mit dem Geradebiegen dieses so schönen altdeutsche Liebeslieds, trink vorher zur Ölung der Stimme nochn ordentlichen Schluck Bier und schmetter euch zum Abschied ein liebreizendes "Reeslein off dor Hahaheidä!" endgeechn. Übermorgen gehts wieder an de Zschopau...


    Schönen Sonntag für euch. Und singt ochma wieder ä altes Volkslied. Euer Herzblut :winke:

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    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Amsel, Biene, Drossel, Hummel und Meise - und die ganze Steinescheiße


    Das Herzblut is heut in Zeitdruck, der Garten wartet. Und so setzt er sich nach erfolgter herzhafter Begrüßung an den Stammtisch, das Bier hat ne gute Blume und seine Mitstreiter bemühen sich, ihn nach einem gewissen Spiel gestern und den himmelblauen sportlichen Ereignissen in seiner Heimatstadt nicht allzu sehr zur Weißglut zu bringen. Es gelingt so halbwegs, er lenkt sich bis zum Eintrudeln des Essens mit nem Gartenkatalog aus der Leseecke ab. "Nu guggt euch dor mal diesen Dregg hior an und guggt nor mal was der Mist och nor kostet! Überall siehste immer mehr diesen Schwachsinn." "Na Herzblut, was is dein Begehren, was bringt dich schon wieder so auf die Palme?" Wenn wenigstens ne Palme dort mit rumstehen würde, denkt er sich, aber wenn sie ihn schon um seine Eingebungen anbetteln, will er mal nicht so sein, er hats ja vor Kurzem schon mal anklingen lassen...


    Hach, was für'n Anblick in den Vorgärten der Chemnitzer Stadtränder: Hier ein Beet herrlich blühender Dahlien, dort wimmeln die Bienen und Hummeln in den Mädchenaugestauden, um sich danach in den Thymiansträuchern den Rest zu geben und sich anschließend besoffen in die Löwenmäulchenblüten zu verkriechen und den Schlaf der Gerechten zu schlafen. Und auch die Schmetterlinge schmettern in die Lupinen, dass es eine wahre Freude ist. ;) Man sieht einen alten Opi, der's seinem gärtnerischen Maulwurf-Untermieter nicht übel nimmt, sondern dessen Errungenschaften in nen alten verzinkten Eimel schaufelt und sich so über die frische, aufgelockerte Erde freut. Die Wiesen dazwischen sind trotz der Hitze noch als solche zu erkennen, piekfeinen Rasen sieht man hier erfreulicherweise nur sehr selten. Und überall duftende Rosenstöcke, prallvolle Tomatenpflanzen und jede Menge uralte Apfel- und Pflaumenbäume, in denen ein wahres Vogelorchester zur täglichen Aufführung kommen darf. Also Amsel, Drossel, Fink und Meise - und unten liegt dann die ganze Vogelsch....


    Ein wunderbares Bild, es zeugt von harter Arbeit, seelischem Tiefgang und Lebensfreude, von Sinn für Natur und Umwelt und auch von Heimatliebe. Und so läuft das Herzblut weiter durch den Stadtrand von Chemnitz und kommt...halt, was is das denn? Eine Siedlung voller neuer hingestellter Eigenheime mit eigener Ortsteilbezeichnung, ne Menge SUV's parken vor den Häusern, hier und da überbietet man sich auch mit gesehen werden wollenden Cabrios. Und wie das herzblütige Äuglein so durch Häuserzeilen nach den Wiesen, Bäumen und Blumen Ausschau hält - ja wo sind die eigentlich? Überal nur Steine, Schotter und "Pflanzgut", dem man nur den schnellstmöglichen gärtnerischen Gnadenschuss wünschen kann. Er sieht einige Leutchen in ihren Grundstücken, dabei paar junge Familien und erschrickt :was: : Moment ma - die kennst du doch vom Einkaufen, da sind die doch immer so umweltverträglich und fahren mit ihren Untersätzen manchmal fast die Treppen hoch und in den Bioladen rein. Ahja, die sind das also, wo sind eigentlich deren Kinder? Ach gugge an, die spielen lieber dort drüben im Feld, direkt neben meiner Gartenanlage. Is ja dorheemä außer nem ökologisch wertvollen Spielplatz für den neuen Ortsteil nichts weiter da, vor der Haustüre schon gar nich. Außer Steine. Und er steht beim Vorbeilaufen ziemlich im Matsch, das Regenwasser sucht sich halt mit so nem verdichteten Untergrund seinen eigenen Weg....


    Begründet wird das neue Lebensgefühl nur allzu oft mit Pflegeleichtigkeit, Ästhetik, Freiheit und mitunter auch künstlerischem Individualismus. Ein riesiger lukrativer Industriezweig ernährt sich mittlerweile vorzüglich davon, Berge von Katalogen sind voll mit diesem sprichwörtlichen Schotter.


    So - da kommt nun also so ein Brummer von Hummel angebrummt und hat bärischen Knast.
    Hier gibts aber nix zu fressen auf dieser seiner Rast.


    Nebenan verschwindet angewidert derweil' ne Biene.
    Auch ihr knurrt der Magen und sie verzieht ne traurige Miene.


    Und Frau Amsel tobt beim Anblick dieser Häuser voller Kies:
    Na diese Blindgänger sind nicht gut zu Vögeln, die sind einfach nur ignorant und mies.


    Das Herzblut, es kann sie gut verstehn
    es spuckt kurz aus und beeilt sich beim Weitergehn.


    Herford, Hanau, Fulda, Kassel, Großstädte wie Hamburg, Dortmund und München, aber auch im Ostteil unseres Landes - überall fängt man jetzt langsam an, all das zumindest zu überdenken, an den gesetzlichen Stellschrauben zu drehen, den Leuten (Nach)Denkhinweise zu geben und auch Fördermittel dafür auszupacken. Manche verbieten mittlerweile auch gleich vollends in ihren kommunalen Ordnungen derartige Auswüchse bei den neuen Eigenheimen. Verbote sind das eine - in den Köpfen muss aber auch was passieren. Weil dann freuts auch Hummel, Biene, Amsel und am Ende auch die Kinder...


    Gestern durften wir ein gar wunderbares Fleckchen Erde im quasi Grünen besuchen: Wir, das waren "Patrick" Sektione, "Patrick" Cerby, "Patrick" Herzblut und die "Patricks"...die Namen muss ich wohl noch lernen. :ohje: Eine grad in Feierlaune befindliche Gartenanlage als Umrandung und mittendrin - der Ground der SpVgg Dresden-Löbtau 1893 e.V. nebst einem formidablen Sportcasino. Und bei allem Gesehenen darf man ohne zu Übertreiben sagen: Da sind Profis mit viel Enthusiasmus am Werk, gestern halt auch mit Herzblut, der Selbiges mal hautnah miterleben durfte. Das Bier - gut gekühlt, das Essen - spitze, und die Bedienung - horr, das kleene Trinkgeld und das mündliche Kompliment habsch der gerne gegähm, horr! :D Gepflegter Außenbereich und ne Sportanlage, ohne alles zuzubetonieren und zu versiegeln, da schmeckt das Bier nochmal so gut. Und rundherum surrten qietschvergnügt die Bienen, Hummeln, die Schmetterlinge schmetterten ... und ne Amsel hat bestimmt gleich nebenan auch mal Jemandem ins Bierglas gekackt - war ja Gartenfest.


    Schönen Sonntag, euer Herzblut :winke:

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  • Und da es dir so gut bei unserem kleinen Verein gefallen hat, möchte ich auch mal den Gegenbesuch bei deinen Handwerkern antreten. Ob da Genosse Norbert-Patrick och Interesse daran hat? Also ich denke schon. :D ;)

  • Jo, jetzt wo dort das Abenteuer Sachsenliga losgeht, werd ich da auch mal die Lage und das Drumherum, evtl. ja auch das steigende Zuschaueraufkommen sowie das Kulinarische sondieren. Muss ja gestehen, durch den familiären Stress und die Arbeit am Wochenende war die letzten Jahre absolut keine Zeit dafür, obwohls direkt um die alte heimatliche Ecke is. Is halt lange her...wen ich da sehr wahrscheinlich auch mit sehe, weiß ich jetzt schon.


    Mir fallen dazu spontan auch noch Eiche Reichenbrand oder Fortuna Chemnitz ein. Bei Letzteren hat Dynamo mal vor etlichen Jahren glaub ich im Pokal gespielt. Und ich hab mir nebenbei zur Aufgabe gemacht, einige anreisende Fans damals zielsicher in Richtung und danach vom Stadion an der Beyerstraße zu lotsen. Grandiose Stimmung, die die danach dort vermutlich nie wieder so hatten. Nur die Eintrittskarte findsch ni mehr.


    Lasst mir bissl Zeit dafür, wir können das auf jeden Fall mal mit in Angriff nehmen, kein Thema. Die richtigen Vereinsfarben für Handwerk hamwer ja schon mal.

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  • Nu, mach in Ruhe Herzblut. Erstmal machmer am Sonnabend unsere kleene Ausfahrt gegen die Tassen aus dem Dorf in Zwickau. :nuke:

  • Zwischen "Dynamo Dresden" und "Abor 3:0 passt schon"


    "Che sara sara, die Dresdner sind wieder da. Besoffen wie jedes Jahr, che sara, sara." Ein Sichtbar gut gelauntes Herzblut entert laut singend und mit dunkler Sonnenbrille aufm Dätz unser Stammlokal. Alle sind sich sofort sicher, der hatte wohl gestern ne feucht-fröhliche Freizeitbeschäftigung. Hatte er und die Stammtischmeute weiß auch sofort, wieso. "Na, da habter euch ja nach der Blamage der letzten Saison gesteigert, zweete Runde is doch ne gute Kunde!" Der Schlachtenbummler winkt ab "Gewonnen ja, aber mit dynamischem Ruhm bekleckert - nee, war teilweise nich mit anzusehn. Geht nur mit viel Bier." Und genau das bestellt er sich erstmal und studiert die Karte. "Oahr Cheffin, Sauerbraten mit Klößen und Pilzen...wo hast'n die her, hier wachsen die doch bisher gar nich." :essen: Unsre Wirtin bemüht sich, das Pilzgeheimnis für sich zu behalten, sonst rammelt der Kerl gleich noch in den Wald und die geheimen Ecken unter Birke und Fichte sind abgegrast. Sein Mittagessen steht zwar schon fest, aber er stöbert noch weiter in der Karte und bei der Schweinshaxe..."Hört ma, habter das diese Woche mitbekommen, das hält doch keene Sau aus...


    Irgendwann gabs Anfang der Woche die Aufsehen erregende Nachricht, dass u.a. der Tierschutzbund die Einführung einer Fleischsteuer parallel zur CO2-Steuer fordert und man argumentiert mit nur wenigen Cent mehr pro Kilo Fleisch, Liter Milch oder den vollen Eierkarton. Damit könnten zum Beispiel die Ställe umgebaut werden, dass es Frau Huhn, Herrn Hausschwein und all dem anderen Getier endlich besser ginge. Die den Umweltverbänden offenbar zuviel abgasenden Kühe wurden ebenfalls mit in den Mehrwertsteuerring geworfen. Und eigentlich wollte ich mich jetzt noch umfangreich über Lobbyarbeit auslassen, dass die Bevölkerung endlich besser informiert und aufgeklärt werden sollte und dass der Tierschutz und das Konsumverhalten im eigenen Schädel losgeht, aber diese Rinderroulade gestern...


    "Rinderroulade is das Stichwort, liebe Leute - da habsch gestern ne Bomforzschionöse verspachtelt!" Es fuhren 4 Schlachtenbummler mitm Zug Richtung Zwickau in froher Erwartung. Der Gerstensaft gewordene Reiseproviant wurde von einem der 4 lustigen Gesellen in einen Beutel, den man sonst in der Farbgebung nur von Besuchern gewisser Ü18-Einkaufsläden kennt, vorsichtig gelagert. Und der Besitzer bekam mit Pornomann sogleich seinen Spitznamen weg, seine wichtigsten Worte dazu waren "Dynamo Dresden". Aus nicht näher darzulegen wollenden Gründen bekam das Herzblut außerdem den Zweitnamen Womanizer auf die Bemme geschmiert, er hats ebenso mit Humor genommen. :vorbild: Also raus ausm Zug und rein in dieses ehrenwerte Städtchen, wo gibts Bier? Nachdem die Frage umfangreich durch unseren selbsternannten Pivomann geklärt war, tat sich schon die nächste auf - wo gibts was Gutes zum Schnabbulieren? Im Brauhaus wurde man fündig, das Bier war gut und die hungrigen Mägen bekamen was zum Arbeiten. Diese Rinderroulade war so genial, wie noch vor paar Jahren in des Herzbluts Gartenkantine - eine Verheißung. So - und viel Bier heißt ja auch viel Druck auf der Düse, wo ist hier das Stille Örtchen? Es wurde alsbald gefunden, aber hoppala, es gab 4 rätselhafte Türchen: eine fürs schwache Geschlecht, zwei für "Privat" und dann stand auf der vierten nicht Männer, sondern "Divers". Da der Druck sekündlich divers größer wurde, entschied man sich für Türchen Nr.4. :ohje: So erleichtert suchte man erstmal den nächsten Discounter für das erneute Auffüllen der körpereigenen Leitungen auf, der Weg zum Stadion musste ja sinnvoll überbrückt werden. Natürlich stilecht in ner guten alten Tatra-Bahn, die von unserem Sektione-Pivomann sobald ehrfürchtig fotografiert wurde.


    Der Einlass war als freundschaftlich-leger zu bezeichnen, was sich mit Spielbeginn auch durch so nette kleine Randerscheinungen bemerkbar machte, die jedem professionellen Feuerwerker die Tränen in die Augen treiben. Das Spiel war sch...schlussendlich mit 3:0 gewonnen, offiziell vor 5.673 Zuschauern, keine Ahnung wo die anderen in welcher Akte verbucht wurden. Dass der gastgebende Verein durch seinen mitgebrachten Stadionsprecher ab und an wohl vor Aufregung die Spielernamen verwechselte - Schwamm drüber. Allergrößten Respekt vor deren über 500km angereisten etwa 200 Fans, sie hatten wohl die Party ihres Lebens und wurden von allen anderen im Stadion auch für ihre Einlagen entsprechend beklatscht. Wir hatten nen perfekten Überblick, vor uns wars paar Nasen lieber, im Spiel dreimal wegen ner Wurst und Bier aufzustehn und hinter uns zauberte ein etwa 5 Jahre alter Junge den Leuten drumherum mit seinem geschwenkten Fähnchen und dem gesungenen "Ost-Ost-Ostdeutschland" ein Glitzern in die Augen. Und dann dieses Lied der Gastgeber, was uns fortan sehr speziell intoniert von unsrem Sektione-Pivomann nicht mehr loslassen sollte: "Dassendorf olé, Fußballkönigin, Dassendorf olé..." Raus aus dem Eckersbacher Tempel, die Frage nach Bier fand eine Antwort in Stadionnähe, unser Pivomann meinte nur "Dassendorf ole, Fußballkönigin, Dassendorf ole..." und auch der Pornomann kam mit nem einfachen "Dynamo Dresden" und "Abor 3:0 is schon in Ordnung" zur spielgerechten Schlußfolgerung. Wieder rein in die Tatra-Bahn, dort gabs ne phonetisch ordentlicher Begleitung eines Mobs mit ordentlich Blut im Allehol, einer belöffelte nen jungen Kerl auf hochamüsante Art und testete zu dynamischen Liedgut den Unterboden der Straßenbahn. :klatsch: Hinter mir sang der Pivomann "Dassendorf ole, Fußballkönigin, Dassendorf ole...", gegenüber antwortete der Pornomann mit "Dynamo Dresden" und Cerby und ich dachten bei allem Spaß, hoffentlich geht das gut. Die 2 mitgebrachten Kinder von denen haben vermutlich dabei viel fürs Leben gelernt und der Straßenbahnfahrer war sichtlich erleichtert, als seine tschechische Bimmelbahn wohlbehalten am Hbf ankam.


    So, lassen wir also den nächsten Zug aus, damit unsre Fachkräfte erstmal auf den Rückweg können. Dachten wir. Also wieder zurück in den Supermarkt zum Flüssigkeitsnachschub. Wildfremde Leute begrüßen einen, als ob du deren Nachbar bist, ein Blick auf die Uhr: Pivomann und Pornomann, wo bleibt ihr denne, sind die an der Kasse aufm Band eingeschlafen? Waren sie nich, aber so ganz langsam zeigten die Prozente in den Flaschen so ihre Wirkung. Der Weg zurück zum Bahnhof, Scheiße, oahr nee - unsre Stategen in ordentlicher Anzahl von ner Menge Sixpacks begleitet, was ham die so lange im Stadion rumgedambord, wir ham denen doch extra den Vortritt mitm Zug gelassen? Die Entscheidung, dass wir ihnen den Regionalexpress auch diesmal überließen, war die richtige. Teilweise schimmert noch das Grüne hinter den Ohren, aber zu blöd, relativ sinnvoll in den Zug zu steigen, wie der in Dresden angekommen ist, will ich lieber nicht wissen. Also gings für uns gleich nebenan aufm Bahnsteig in die Regionalbahn. Der Pornomann quittierte das mit nem locker-flockigen "Dynamo Dresden" und "Abor 3:0 passt schon", unser Pivomann antwortete mit "Dassendorf ole, Fußballkönigin, Dassendorf ole..." Bier war auch noch anwesend und eine käuflich erworbene Flasche eines asiatischen Likör-Getränks wurde vom Pivomann unter Absingen von "Uwe-Pflaume ole, Fußballkönigin, Uwe-Pflaume ole..." geöffnet. Neben uns ne Vierergruppe aus Pirna, die hatten wohl auch nich mit so ner Rückfahrt gerechnet. Irgendwann kam die mir bereits bekannte Zugbegleiterin und unser Pivomann schaffte es relativ unfallfrei, unsre Fahrkarte vorzuzeigen und mit schwerer Zunge zu erklären, wie schwierig das Eintragen der Namen der Mitfahrenden war. Die wie immer nette Dame stand sichtbar über den Dingen und hatte ihren Spaß und unser Fahrkarteninhaber beeilte sich auch sogleich ihr ein Kompliment, "Abor das muss'sch ihnen och nor sachn, dass sie och ä ganz scheenor Trüffel sind" entgegen zu schmettern. ;D Das Gewieher im Zug wird wohl keiner jemals vergessen und ich hab schon ne leise Ahnung, wie die Gespräche in Zukunft laufen, wenn die mich das nächste Mal im Zug nach der Fahrkarte fragt.


    Für mich war dann in Chemnitz-Hilbersdorf Endstation, eine kolossale Verabschiedung mit ner Verbeugung meinerseits, der Pivomann holte ein letztes Mal zu "Dassendorf ole, Fußballkönigin, Dassendorf ole..." aus und das Herzblut entschwand lachend aus der Blechbüchse und lief heimwärts. Und wenn ihr jetzt wissen wollt, was das alles für uns bedeutet und was das so einzigartig macht, also da lass ich zum Schluss am Besten unsren Pornomann mit der Flasche Uwe-Pflaume in der Hand nochmal zu Wort kommen: "Dynamo Dresden...3:0 passt schon"! :nuke:


    "Che sara sara, die Dresdner warn wieder da. Besoffen wie jedes Jahr, che sara, sara" - und schönen Sonntag, euer Herzblut-Womanizer. :winke:

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  • Bald bin ich ein Schulkind


    Oh, denkt sich das Herzblut beim Einbiegen Richtung Stammtischkneipe, da feiern wohl heute auch noch paar Schulanfang? Überall hängen kleine bunte Wimpel und Zuckertüten, unsre Wirtin hat aber auch keine Kosten und Mühen gescheut, selbst auf der alten Tafel mit dem Tagesangebot leuchtet ein "Herzlichen Glückwunsch allen Schulanfängern!" Na so musses sein denkt er sich und erinnert sich dabei an das in seiner Generation so be- und geliebte Buch "Bald bin ich ein Schulkind". Beim Betreten des Lokals sieht er die festlich gedeckten Tische, an der eine Familie mitsamt Verwandtschaft Platz genommen hat, ein kleiner Junge auf dem Ehrensitz. Ohne zu zögern ergreift er die Initiative und überbringt dem Kleinen seine herzblütigen Glückwünsche höchstpersönlich. Dieser beeilt sich auch gleich mitzuteilen, dass der Zuckertütenbaum in der Schule brechend voll war und in seiner sogar ne Schiefertafel drin war. Ha...Schiefertafel...Herzblut - das is dein Revier, denkt er sich: "Weißt du auch wie dieser kleine schwarze Stift heißt, mit dem man auf der Schiefertafel schreibt?" Der Junge schüttelt mit dem Kopf und bekommt sogleich die Antwort: "Das ist ein Griffel und der heißt so, weil der angegriffen wird. Immer schön weit unten angreifen, sonst zerbricht der und nicht so sehr aufdrücken, weil sonst quietschts, hähähä.." Der Stammtisch wartet geduldig, bis der Herr Lehrer seine guten Ratschläge an den Mann gebracht hat und die anschließende Begrüßung ist wieder mal kurz und schmerzlos. "Habter das am Donnerstag mitgekriecht - mior hamse wiedor alle in' Skat gedrückt, de Unbeugsamen sin' wiedor de Schlausten!" Man nickt zustimmend und weiß schon ziemlich sicher, was gleich kommt:


    Huhu, ihr da unten! Jaha, ihr! Da hamwers euch also auch diesmal wieder gezeigt, wer Ahnung von der Materie hat. ;) Und drum heißts auch zum 14. Mal in Folge: Spitzenreiter, Spitzenreiter, hei, hei! Am Donnerstag bekamen nicht nur die Kleinkinder und Schüler aller Bundesländer ihr jährlich ganz besonderes Zeugnis verpasst, sondern auch alle Lehrer, Erzieher, die Bildungseinrichtungen und Kindergärten und nicht zu vergessen die Kultus- und/oder Bildungsministerien. Kurzum, der Bildungsmonitor 2019 sparte auch diesmal nicht mit Lob und Kritik, den absoluten Spitzenplatz haben aber auch diesmal verteidigt - mior, de Saggsn! Die Zweit- und Drittplatzierten haben diesmal einfach nur ihre Treppchen getauscht und so ist diesmal wieder Bayern vor Thüringen. Berlin grüßt mit der roten Laterne.


    Was macht uns eigentlich auf dem Bildungssektor so stark? Ein nach wie vor sehr gutes Netz an Ganztagsbetreuung in den Grundschulen und Kindergärten, das fachlich hervorragende Personal, damit auch die Bildungsmethodik. Und dann noch was, wovon man bei uns auch jetzt noch mit sichtbaren Erfolgen zehrt - das Know How und das erstklassige Bildungsniveau in der Ehemaligen. Mitsamt ihren Erziehern und Lehrern, mitsamt ihren Schulbuchverlagen und dem ganzen Drumherum. Mitsamt auch dem Wissen um unsere Stärken. Da konnte uns keiner was vormachen und wir brauchten uns vor Niemandem verstecken - es ist bis heute so. Gibt halt gute Gründe, weshalb z.B. Finnland dieses Bildungssystem zumindest in Teilen so übernommen hat und weshalb so viele junge Leute aus unserer Heimat vor nem Vierteljahrhundert mit Kusshand in anderen Regionen als Arbeitskräfte genommen wurden.


    Was macht uns also auch diesmal so stark? Es ist die Schulqualität an sich, die von jeher auch für eine Vermeidung von Bildungsarmut sorgt. Es sind die schon angesprochene Ganztagsbetreuung in den Kindergärten und Grundschulen und die nach wie vor guten Ergebnisse der Schüler in Mathe, Deutsch und in den Naturwissenschaften. So haben beim frühsommerlichen Aufjaulen in vielen anderen Bundesländern bzgl. eines angeblich viel zu schweren Mathe-Abi’s nicht Wenige hier nur geschmunzelt oder herzhaft drüber gelacht. :D Desweiteren werden hier u.a. viele Ingenieure an den Hochschulen ausgebildet, besonders in Chemnitz gibt es sehr viele Studenten aus dem Ausland und ein Großteil der Berufsschüler lernt auch noch die eine oder andere Fremdsprache.


    Wo Licht, da auch Schatten - so müsste nach Meinung der Autoren noch mehr für den multimedialen Wahnsinn in den Schulen getan werden, die Meinung nicht weniger Lehrer und Erzieher und auch meine sieht da völlig anders aus, weniger ist aus nächster Erfahrung dabei kindgerecht mehr. Bemängelt wurde ebenfalls das vorzeitige Auflösen vieler Ausbildungsverträge, hat aber auch Gründe, die u.a. mit den Vorstellungen von täglicher Arbeit und dem Willen danach zu tun haben. Auch bei uns. Größter negativer Punkt ist auch weiterhin die Altersstruktur der Lehrer an allgemeinbildenden und Berufsschulen. Das leidige Thema hab ich ja schon mal ausführlich angeschnitten, unser Kultusminister äußerte sich diese Woche höchst besorgt über den massiven Lehrermangel mancherorts. Es ist sein Ministerium, was das nach wie vor zu verantworten hat. Mit Schuljahresbeginn konnten 916 von 1100 freien Stellen mit ausgebildeten Lehrern besetzt werden, dazu wurden noch 198 Stellen mit Seiteneinsteigern besetzt. In zwei Regionen siehts besonders heftig aus: In der Region Bautzen konnten nur 34 statt 95 Grundschullehrer eingestellt werden und in meiner Chemnitzer Region fand man nur 16 der 81 benötigten Oberschullehrer. Ein Großteil der Bewerber präferiert aber nach wie vor eh nur die Gymnasien in Dresden und Leipzig. Vorgestern wurden übrigens dem Landtag in Dresden 50.000 Unterschriften für einen Volksantrag zur Einführung von Gemeinschaftsschulen in Sachsen übergeben, eine herzblütige Unterschrift war aus voller Überzeugung auch dabei - Etappensieg. :hurra: Und jetzt sind andere am Zug, es gilt besonders auch damit, den Volkswillen zu berücksichtigen und auch so diesen verpflichtenden ersten Platz zu verteidigen.


    Die ganz Kleinen interessierte all das gestern überhaupt nich, die waren mit Mama und Papa, Oma und Opa und der ganzen Sippschaft in Schulanfangs-Feierlaune. Auch bei mir wieder auf Arbeit, es war auch für mich als Veranstalter wieder wunderschön. Und so waren auch gestern wieder alle kommenden Eensor vormittags in ihrer Schule und die Zuckertüten - die in Thüringen und Sachsen bekannterweise erfunden wurden und auch dieses Jahr wieder aufm Zuckertütenbaum gewachsen sind - waren bei vielen wieder größer als sie selbst und mit Geschenken zugerammelt, bis nichts mehr reinging. Auf meiner Fahrt auf Arbeit wieder viele fähnsende Mamas und Omas und überstolze Papas und Opas bewundert, überall geschmückte Vorgärten oder Gartenparzellen, alles freute sich hier wieder über diese nicht wegzudenkende Tradition zum Schulanfang mit. :nuke: Viel Erfolg, ihr kleenen Zappelphilippe und Zappelphilippinen und immer schön auf die Lehrerin und den Lehrer hören, denn auch ihr seid ein Teil unseres Bildungs-Erfolgsmodells. Über viele Jahrzehnte gewachsen - so sind mior halt, mior Saggsn!


    Einen schönen Start ins Schulleben allen Kleinen und euch einen schönen Sonntag. Euer Herzblut :cool2:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Der Beamer beamt und die Stammgruppe wird immer gescheiter - da freut sich besonders der Lernbegleiter


    Das Herzblut lacht "Chefin, mach mir erschtma ä scheenes Bier, nich ganz so kalt, aber mit ner strahlenden Blume, so wie du eine bist!" Sie denkt sich, na der is heut aber gut droff, hat der im Loto gewonn'? "Hört ma her, ich kann wieder kraftvoll zubeißen! Nach ner Woche zum die Decke hochlaufen haben die verschriebenen antibiotischen Pillen meine Beißerchen endlich wieder auf Normal gebracht, der Kiefer hackt nicht mehr bei jedem Schritt, das Ohr sticht nich mehr und auch das Auge flimmert nich mehr - was kostet die Welt?" Der Stammtisch erfährt zur Begrüßung, dass eine Woche nicht ein Bierchen angerührt wurde und man gibt ihm feixend den Rat "Na da kannste ja wieder loslegen wie seinerzeit der Dynamit-Harry!" ;) Am Nachbartisch sitzt ne weit gewandete Familie mit Schulkind beim großen Salatteller, man schnappt von dort die Worte "Arbeitsmappen", "Blockunterricht", "Lernhilfe" und "Projekttage" auf. Das Wort Projekt wirkt dabei wie ein Blitz ins herzblütige Denkzentrum, er setzt sich, nimmt einen tiefen Schluck - hurra, der Zahn hälts wieder aus. "Leute, jetzt drehnse ganz durch. Weil die Lehrer immer noch fehlen, wird einfach der Unterricht so weit ausgedünnt, bisses wieder passt. Aber das reicht denen noch nicht - hört also mein Wort zum Sonntag".


    Anfang der Woche hats mich glatt vom Sockel gehauen, da bereit' ich die neue Unterrichtssaison vor und überleg, wie ich den Kleinen das relativ fehlerfreie Schreiben von früher sowie gewisse auch in der heutigen Zeit hochgradig wichtigen Normen und Regeln fürs allgemeine Dasein näherbringen kann. Hatte nebenbei die Schmiege fürs anstehende Reparieren ner alten Schulbank in der Hand und dann hör ich doch bei ner mittäglichen "Fuffz'n" im Radio, dass es doch noch Steigerungen für Schulmodelle mit im Unterricht tanzenden Kindern, Schreiben nach Gehör oder gar Schreibschrift erst ab 4. Klasse gibt. Und es gibt sie ab sofort bei uns in Sachsen, genauer an der neuen Universitätsschule in Dresden-Plauen mit 207 Kindern (130 Grund- und 77 Oberschüler), die sich mit paar politischen Fürsprechern auf die Fahne geschrieben hat, dass dies die Schule der Zukunft werden soll.


    Die Kinder gehen...in die Schule, soweit ist alles beim Alten geblieben, eine 36jährige Direktorin...halt Schulleiterin muss das heißen, hat man auch und der Maurer hat auch dort allerhand Löcher für die Türen gelassen, dazu gleich mehr. Man begutachtet also die Räumlichkeiten und denkt sich, eigentlich isses ja wie fast überall, gut bissl zuviel neumodischer Firlefanz, aber solange man's nich damit übertreibt...nu abor langsam wieder naus, der Unterricht muss doch gleich losgehn, man will ja nich stören. Aber wie im Radio zu hören is nix mit Unterricht und du denkst dir - oh, ham die durch den vielen Unterrichtsausfall und den Lehrermangel gleich ein neues Schulmodell draus gemacht? Nee, Unterricht gibts dort wirklich keinen, sondern je 5-6 spielende Kinder, die sich "Projekten" widmen. Hior horschd ma - hamwer schon, hamwer schon - also das mit den Projekten, an jeder noch so kleinen Grund-, Haupt-, Mittel- und Sonderschule und den Gymnasien! Und hattnwer auch schon früher in der Dädärädädä - erst im Unterricht und danach auch und da hieß das AG's! Wer hats erfunden?


    Matheunterricht findet deswegen auch nicht statt, das Wissen wird ihnen u.a. beim Zählen der Tore und Schüsse aufm Schulsportplatz beigebracht oder z.B. in einem Projekt "Floß bauen", wo die Stricke und Holzbohlen "abgezählt" werden. Die Schulleiterin bemühte sich um nähere Erklärungen "Jedes Kind soll individuell nach seinen Kompetenzen und Potenzialen im Lernprozess in den Stammgruppen und Projekten begleitet werden" und ich hab mich fasziniert gefragt, was denn nun wieder Stammgruppen sind. Die Antwort kam prompt: Die haben auch gleich die Klassen mit abgeschafft, stattdessen agiert man dort mit 10 jahrgangsübergreifenden "Stammgruppen" mit max. je 15 Schülern. Immer zu den Mahlzeiten treffen sich diese Stamm...ich schmeiß mich weg ;D ...also die essen alle zusammen, um beim Pflichtfrühstück und -mittagessen O-Ton "Ausgrenzung und hungernde Kinder zu vermeiden." Klassenzimmer, ich hoff, ihr könnt mir noch folgen, kennen die dort auch nicht. Die Kinder werden individuell begleitet in individuell gestalteten Gruppenräumen mit Bastelbereich und Couch-Ecke, flauschig weichen Sitzkissen und wer doch mag, paar Stühle fristen auch noch ihr trauriges Dasein. Und Tafeln mit Kreide, vergesst auch das - das gute, so schön deutsch klingende Whiteboard mit vielen kleinen Stiftchen und die Bildwer...ähh Beamer sind das Nonplusultra und Stammgruppen-Allheilmittel. Hior horschd ma - hamwer schon, hamwer schon - an so manch anderem (sich manchmal viel zu wichtig nehmenden) Schulmodell auch!


    Den Tränen war ich nah, als ich dann noch von nem "digitalen Kompetenzraster" hörte und rief "Abor jetzt übertreibt ihr, das gloobt euch dor keenor mehr!" Ich guck vorsichtig aufn Kalender im Büro, nee is doch kee April, mior ham nach wie vor August. Und so klärte man mich auf, dass an dieser Schule sämtliche "Tests" im Schulalltag absolut nicht benotet werden, sondern eben jetzt fürs kompetente Schulkind digital kompetent gerastert werden. Das Raster selbst orientiere sich - und da fand ich die Besinnung wieder - an man höre und staune den "Lehrplänen". Richtige Noten, also so richtig mit Zahlen oder evtl. auch in Worten gibts nur auf den Zeugnissen. Hior horschd ma - hamwer schon, hamwer schon - ham andere Individualschulen schon seit vielen Jahren!


    Da ich ja nun schon einige Jahre auch mit ungezählten Lehrer(innen) und ihren Schulklassen beruflich zu tun hab, kam bei mir die Frage auch, wer unterrichtet ähhh projektiert dort bloß? Was für einen Abschluss braucht man, um dort einen Fuß über die Schwelle der Gruppenräume machen zu dürfen? Kommen die direkt von der Uni, sind das gar junge Referenten, denen die Schule schon immer aufn Zeiger ging? Und wie reden die miteinander auf den Sitzkissen bei Beamer und individual kompetenter Rasterung - "Frau Projektlehrerin" und "liebe Stammgruppenmitgliederkinder"? Muahaha, besser - die so weich sitzenden Schüler werden von einem "Lernbegleiter" betreut, Lehrer gehören ab sofort nur noch in die Klassenzimmer und das auch nur noch außerhalb jener hipp-hochmodernen und zukunftsträchtigen Schule. Hior horschd ma - hamwer noch nich, hamwer noch nich, is eure Erfindung. Also patentieren lassen, auch die Begriffe!


    Apropos erfinden, irgend jemand hat dafür seine Gedankenblitze ordentlich einschlagen lassen, auch das verriet man mir. Eine TU-Professorin hat das Schulkonzept wohl auf die Beine gestellt und will auch diese Entwicklung als Achtung O-Ton "Lernbegleiterin der Lernbegleiter" :ohje: weiter ausbauen. Für 2024 träumt man von 750 Schülern. Ab da war mir alles egal, ich hab die Schmiege in die Ecke geschmissen und trotz meiner Zahnschmerzen schallend gelacht. Dass ich noch vernahm, die schreiben nur noch anfangs auf Papier und wenden sich schnellstmöglich Tablets zu, war dann nur noch die Kirsche auf dem Schultörtchen. Unweigerlich fiel mir zum Tablet noch ein: Hior horschd ma - hattnwer schon, hattnwer schon - vor über hundert Jahren. Nannte man Schiefertafel. Hat man auch schon drüber gewischt. War der Uropi von eurem Tablet!


    Ich zitier nochmal die Schulleiterin: "Lernen funktioniert am besten, wenn es einen Lebensweltbezug gibt, über Erlebnisse und Emotionen." So, da kommt nun also ein groß gewordener, digital gerasterter Stammgruppenschüler mit seinen Erlebnissen und Emotionen zum Bewerbungsgespräch in ne Tischlerei. Der Tischler: "Können Sie mir ausrechnen, wie das hier zu sägen ist und was das dann kostet...mit nem einfachen Dreisatz sollte das zu schaffen sein." Der Bewerber überlegt "Was'n das für'n Projekt, wo is die Stammgruppe, auch kein Tablet in der Nähe...was ist ein Dreisatz?" Dass er auf einem Bein drei Hüpfer durch die Werkstatt macht und laut "Floß, Strick, Holzbohlen" ruft, is jetzt zugegeben zuviel des Guten, vielleicht antwortet er ja auch "Ich stand beim Projekt "Fußballtore und Schüsse zählen" immer im Abseits" - ganz sicher wird man aber in der Werkstatt in den Ecken ein leises Kichern hören. Das sind hundertpro die Holzwürmer, der Tischler beißt derweile mit lautem Knacken in die Werkbank. Nich gut für die Zähne, hatter so wie ich letzte Woche Aua! :D Es geht hier zuallererst um Fördermittel. Um viele Fördermittel. Die z.B. für Förderschulen verdammt viel Kraft und Nerven kosten, um die erstmal zu bekommen. Was bei einer Uni-Einrichtung natürlich viel einfacher ist.


    Diese Woche stand bei mir auf Arbeit zum Start ins neue Schuljahr das Telefon nicht still, dutzende Schulen haben bei mir schon wieder den historischen Unterricht gebucht. Und so sprach man hier und da nebenbei auch über jenes neue Schulmodel. Ich sags mal so - neben den gehörten Erwiderungen "Wahnsinn", "peinlich", "das Rad neu erfinden", "Hörn'se mir bloß mit dem Mist auf" und "Wird Zeit, dass die Gemeinschaftsschule kommt" gibts unendlich viele Lehrer(innen), die heilfroh sind, von ihren Schülern UND den Eltern noch als genau solche bezeichnet zu werden, in Klassenzimmern für Schulklassen, mit Schulbänken und Stühlen, mitunter noch der großen Kreidetafel, einem unkaputtbaren Polylux, mit Heften und Füllern und weils der Hype so will, auch mal mit Tablets. Welche die Schulkinder ja meist eh schon besser bedienen, als ihre Lehrer. Naja und die Projektkinder müssen ja auf dem Weg ins Projekt namens "Welt da draußen" nebenbei nicht nur Stammgruppengeeicht und Tabletisiert, sondern auch erzogen werden. Und zu dem Thema komm ich dann Gymnasial gesehen nächste Woche.


    So, meine liebe Stamm(tisch)gruppe, genießt den Sonntag, ich wünsch euch einen schönen Selbigen. Euer Herzblut. :winke:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

  • Da herrschten noch Zucht und Ordnung


    Die Wirtin schaut heute ziemlich genervt, weil paar Gäste mitsamt ihren Kindern einen Lärmpegel an den Tag legen, dass einem das Essen vergehn kann. Als dann die Kinder auch noch ein Essbesteck-Fechtturnier veranstalten und die Alten neben ihrem monotonen Smartphoneblick nach unten auch noch Spaß dabei haben, schreitet ein gewisser Stammtischgenosse zur guten Tat. Er stellt das herzblütige Bierglas vorsichtig aufn Untersetzer und pflanzt sich vor jenem Tohuwabohutisch auf: "Nur falls Sie's noch nich gemerkt ham, Sie befinden sich hier in einer Gaststätte und nicht in ner Begegnungsstätte für Schwererziehbare. Würden Sie evtl. mal auf ihre Kinder etwas einwirken, wie man sich hier zu benehmen hat, oder ist das bei Ihnen so üblich? Wäre günstig, wen wir hier alle relativ in Ruhe essen dürften..." Es hämmert nicht nur aufm Stammtisch zustimmend, sondern im ganzen Lokal inklussive aufm Tresen der Wirtin. Und siehe da - es kehrt sowas wie sonntägliche Ruhe an den Esstischen ein. "Cheffin, mach mir nochma bitte ä Schwarzbier zum Abreagier'n ferdsch, was ich gleich erzähl, weiß ich nu auch schon:"


    Letzte Woche gings für die Wochenendeinkäufe der Komplexität halber gleich in ein Einkaufszentrum in der Nähe des herzblütigen Anwesens. Nun haben ja diese Einkaufs- und Fresstempel die Eigenart, dass die Schwingtüren am Eingang mitunter nur unter ordentlich Kraftanwendung aufgehen. Ich also im Eingangsbereich, die Pfoten am Türgriff und zack - erstmal eine ordentlich gefenstert bekommen, weil ich wohl wieder mal so richtig geladen war. Also elektrostatischerdings. Mein "Himmelarschundzwirn" bekam ein kleines Mädel mit und gab mir mit "Onkel, das sagt man doch nich!" und demonstrativ verschränkten Armen etwas Weiterbildung in sprachlichem Benimm. :kuzze: Ihre Mama stand mit nem Sportkinderwagen daneben und da wollte ich mich doch glatt für diese kindliche Erziehungsmaßnahme revanchieren. Und wie früher gelernt, so funktioniert das auch heute noch wunderbar mitm Tür aufhalten. Die Leute rundherum - alles glotzte blöde, nur ne ebenso von mir noch mit reingelassene alte Omi meinte zu mir erst "Danke, junger Mann!" und flüsternd dann zu ihrem Göttergatten "Wenigstens eenor mit Anstand und Respekt." Drinnen angekommen das gleiche Bild wie in letzter Zeit fast immer: Alle sich vor Allem für die älteren Semester bietenden Sitzgelegenheiten sind vom Einkaufsvolk aus mehreren Generationen mit allerlei Beuteln und Taschen belegt, so dass es Omi Paula und Opi Gustav zum Ausruhen an eine in etwa gesäßhohe Blumenampel zog. Keiner, nicht einer kommt noch auf die Idee, was die Bänke für ne eigentliche Bestimmung haben und dass man sein scheiß Shoppinggedöns oh Wunder evtl. auch mal zwischen die Rennsemmeln klemmen könnte, damit andere auch noch ihr Plätzchen finden.


    Im Supermarkt selbst - auch so ne Marotte: Ist es denn zuviel verlangt, dass man Dinge, die man in den Einkaufswagen legt, um dann in fast Kassennähe zu realisieren, dass man das doch nicht alles brauch, wieder in die dazugehörigen Regale stellt? Und nicht den wahlweise rechts- oder linksdrehenden Joghurt einfach bei den Kosmetikartikeln bis zum baldigen Vergammeln endlagert? Ja Himmelarschundzwirn - die Kleene hört mich ja jetzt nich - also nochmal Himmelarschundzwirn, bewegt eure stinkend faulen Gräten und setzt die Schnitzelfriedhöfe in Gang bis zum eigentlichen Bestimmungsort! Und hört mal mit der penetranten Telefoniererei an der Kasse auf, es interessiert so gut wie Keinen, wer in eurem Dunstkreis grad mal wieder Diarrhoe hat und schon gar nicht das degenerierte Ausdiskutieren sämtlicher Whatsapp-, Twitter- oder Faselbuchbotschaften. :look: Und wenn man bezahlt hat, fällt einem auch kein Zacken aus der Krone, der grad noch wie ne Kaputte das Obstregal einräumenden und per Durchsage eiligst mit hochrotem Kopf zur Kasse Nr.4 gebetenen Kassiererin ein kurzes "Danke, scheen Daach noch!" oder sowas in der Richtung zu wünschen. Ja Himmela... bin ich denn nur noch von selbstgefälligen Ignoranten und bis zur Unkenntlichkeit verzogenen Kindern umgeben? Raus aus dem Palast der Egomanen...


    ... und rein in die Bahn. Wieder der gleiche Mist mit den Taschen und Beuteln, wieder dieser unerträgliche Wahn des Handy-Mitteilungsbedürfnisses. Ein gut gemeintes "Wie siehtsn aus der junge Herr, neben dir hier müssen alte Leutchen stehn, Dawei - bewegste dich ma nach oben?" meinerseits und siehe da - es herrschte mit zwar höchst erschrockenem Blick dieses Justin, Chester oder auch Quentin am Ende dann doch sowas wie Zucht und Ordnung. Die alten Leute konnten endlich sitzen und meinereiner wurde wegen dieser noch nie gehörten warmen Worte auf jungerwachsene Art regelrecht mit Blicken durchbohrt. Dann stieg die Kontrolle zu und so einige Jungerwachsene ganz spontan aus, alles wie immer. Die Bahn näherte sich der Endhaltestelle und eine gewisse Unruhe machte sich beim auf dem Heimweg befindlichen gymnasialen Jungvolk breit: Wer schaffts zuerst raus, wer donnert den anderen Passagieren besonders gut die Schulranzen in die Knochen und hält so ne Bahntüre auch 3 zukünftige Elitestudenten mit handwerklichem Ungeschick gleichzeitig aus? Die Tür hielt, ein älterer Herr auch, nämlich seinen Atem mit "Gehts euch zu gut oder was?" an, nur die Angesprochenen hielt nichts mehr aufm Weg zur daneben befindlichen Bushaltestelle. Weil die wollten ja alle mit. Mit dem Minibus für max. 20 Leute. Nebenbei erfährt man so auch viel über gymnasiale Wichtigtuerei, über kindliches Obrigkeitsdenken gegenüber Hauptschülern und den elterlichen Irrglauben, ihre Zöglinge werden später alle mal Manager, Professoren oder Chefsekretärinnen. Eine ältere Dame neben mir schaute schon so ängstlich beim Anblick dieser ichbe- und verzogenen Gören und Bengel, wie sie sich demonstrativ direkt am Bordstein mitsamt all ihren Taschen und Beuteln aufbauten. Mir war bereits klar, was da bald kommen würde - also zuerst der kleine Bus um die Ecke und dann ein respekt- und anstandsloser Feldzug der jungerwachsenen Meute. Tür auf und alle auf einmal...nee, nich rein, weil drinnen saß ja auch noch der Fahrer aus ner ehemaligen Sowjetrepublik. Und dieser Wolodja fluchte und schimpfte wie'n baltischer Kesselflicker, dass sogar ich Probleme bekam, seine weisen Worte ins Deutsche zu übersetzen :motzen: - wir dachten aber haargenau das Gleiche.


    Ich ergriff die Initiative: "Hior, wie siehts'n aus, ihr Fruchtzwerge - bewegt iohr euch gefälligst ma zur Seite und lasst die alten Leute zuerst einsteigen und setzen? Was habt iohr bloß für Eltern, bring' die euch denn gar nix mehr bei?" Die Blicke verrieten mir, dass soviel öffentliche Gegenwehr im elterlichen Erziehungsprogramm absolut nicht vorkommt und so tat ich das einzig Richtige: Hab mir die Einkaufsbeutel der Omi geschnappt, die Omi an die Hand genommen und uns unter sanftem Druck nach rechts und links einen Weg in den Bus verschafft. Dabei schnappte ich von einer vorlauten Gymnasiastin den Satz "Wir haben gute Eltern" auf, was von mir umgehend wortgewaltig ins Reich der Fabeln verwiesen wurde. Wolodja meinte mit erhobenem Daumen zu mir "Charascho - guter Mann!" :nuke: , die Omi setzte sich und bedankte sich kopfschüttelnd bei mir: "Wo solls auch herkommen, so respektlos und dumm wie die Alten, so sind dann auch die Wänster...keene Zucht und Ordnung mehr wie früher." Die Machtverhältnisse waren also für die Fahrt gradegerückt, beim gemeinsamen Aussteigen ein letzter Versuch in meine Richtung "Und wir haben doch gute Eltern", außer Lachen fiel mir dazu nix mehr ein. Ein Großteil dieser Sargnägel für jeden Ethiklehrer lief übrigens genau zu jener neuen Siedlung, die ich vor paar Wochen hier schon angesprochen hab - Volltreffer! Dass ich einen diese Woche mitsamt seinen Eltern beim Einkaufen wiedererkannt und denen nach deren Drängeln und Nörgeln im Kassenbereich was über Respekt, Anstand und Rücksichtnahme mit auf den Weg gegeben hab, war dann nur noch die herzblütige Zugabe. Und eine Hommage an die letzten Worte dieser Trainervorstellungs-PK in Aue Anfang der Woche. Und diese Worte konnte nur einer so aussprechen - "Und jetzt zu den Waffen!" ;D Also bei dem herrscht auch heute noch Zucht und Ordnung!


    Also ihr, mögen die Wahlprognosen und dieses sinnbefreite "Ich danke zuerst mal den Wählern für ihr Vertrauen" über euch kommen. Und heut Nachmittag nich wieder jedes Stückl Kuchen in de Gaffeedasse didschen und so laut rumschmatzen - mior ham schließlich Sonntag! Einen schönen Selbigen, euer Herzblut. :cool2:

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  • Nicht so stürmisch, Herzblut. Gibt es denn in Sachsen keine automatischen Drehtüren? Die brauchste doch gar nicht anfassen. :D


    Ja, diese Telefonierer an der Kasse finde ich auch ganz schlimm. Die schaffen's noch nicht einmal diese Plastiktrenner auf's Band zu packen. :motzen:


    Zur LTW in Brandenburg und Sachsen: Hoffe, das sich die Prozentzahlen von den Vorwahlumfragen nicht bestätigen werden und einige dann doch noch zur Besinnung kommen. Es gibt auch noch andere Parteien, die man wählen könnte, um den Volksparteien einen vorm Bug zu hauen. Nur dann müßte man sich mit dem Wahlthema auch mal ein bisschen intensiver auseinandersetzen. Kann doch nicht so schwer sein. MDR bietet zum Beispiel ab Seite 820 umfassende Infos dazu an, aber das nur mal so am Rande.


    Die ersten Hochrechnungen sind besorgniserregend. :( Möchte es dabei belassen, es gehört hier nicht her.

    3 Mal editiert, zuletzt von Bear ()

  • Ich wollt ich wär ein Huhn...


    "...ich hätt nich viel zu tun. Ich legte täglich nur ein Ei und Sonntags auch mal zwei." Oh, unsre Wirtin hat heut zur Abwechslung mal die ganz alten Platten aufgelegt und es steht prompt die Frage im Raum, wer denn hier noch so alles was mit dem Namen Willy Fritsch anfangen kann. Das Herzblut, es kann und als die Eier alle im Lautsprecher gelegt und ausgebrütet sind, fängt er gleich danach mit der Wirtin im Duo an zu trällern und Arm in Arm zu schunkeln "Ein Freund, ein guter Freund, das is das Beste was es gibt auf der Welt..." Die Jugend schaut ob dieser nicht elektronisch verzerrten Stimmen und auch ganz ohne Spacken-Rap fassungslos durch die Kneipe, nur am Stammtisch, da weiß ein jeder, wie's weitergeht "Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenfällt." Man ist sich einig, das war noch des Begriffes Musik würdig, unser Büttenredner hält sich hungrig das Bäuchl, bestellt das obligatorische Begrüßungsbierchen und überlegt "Oahr Chefin, weil der Willy vorhin zum Sonntag glei zwee Eier gelegt hat, guckste ma in deine Küche, ob da noch zweeä oder dreiä rumliechn? Und machste mir heute da dorvon ä scheenes Bauernfrühstück, so richtsch mit nem kleengeschnittnen Bauern und ordentlich Frühstück dazwischen?" :D Sie nickt lachend, die anderen Bestellungen werden auch schnellstens abgearbeitet, zwei ihrer leckeren Broiler finden heut auch wieder ihre Abnehmer. Und das Herzblut kommt bei all den Fressalien vom Hühnchen ins sonntägliche Grübeln. "Hior horscht ma, unsre Chefin bekommts ja direkt vom Bauernhof und das is ja och sein Geld off dor Speisekarte wert, abor..."


    Wenn man in good old Dschörmänie so in die Kühlregale schaut, bekommt man eine Ahnung, wie groß der Preisdruck bei den Bauern und Erzeugern nach wie vor ist. Besonders auch bei allem Fleischigen, was vor nem Tag im tierischen Gefangenenlager noch irgendwie auf "Gackelhuhn" hörte. Ich eß zwar auch ab und zu gerne mal nen richtsch feddschen Broiler mit so ner Haut, die zwischen den Zähnen leicht knuspert und einem die Brühe rechts und links aus den Mundwinkeln nausloofen lässt. Und bei nem gut gefüllten überbackenen Hähnchenschnitzel sach'sch och ni nee. Aber diese abartigen Preise - da ruft doch jedes Kücken: "Hört off mit där Scheiße!" Immer öfter kauf ich deshalb im Hofladen des Vertrauens ein und wenns die Zeitnot nicht anders zulässt, dann kräht jeden Donnerstag gegen 16:30 bei meiner Mutter vorm Haus der gute alte Eiermann. Also nich er selbst, sondern dieser Hahn vom Band, wenn das Gefährt mit den Hofladenköstlichkeiten um die Ecke biegt. Das Fleesch und die Wurschd - als ob een ä Engel in den Schlaf liebkost! Der Eierlikör - du musst schon ordentlich Muckis ham, um den aus der Flasche zu kloppen, die verdünnte Brühe in den Supermärkten sollen andere saufen! Und die Eier erst - Riesendinger, die tanzen regelrecht in der Pfanne und jeder Kuchen wird derart locker, dass die Stückln quasi in de Gusche schweben. :mampf: Und all das kostet bissl mehr, aber es ist dennoch zu ermeckern - und es ists auch jede Woche aufs neue Wert.


    Schauen wir mal viel weiter östlich, nach Asien. Wie ich diese Woche im Radio vernahm, hat auch in Indonesien der Preisverfall des Hühnerfleischs immer heftigere Züge angenommen. So ist dort nach den Angaben des Hühnerzüchterverbands der Kilopreis von vor paar Wochen mit umgerechet 1,22€ auf jetzt grad mal so umgerechnet 58 Cent gesunken. Himmel, acht'nfuffzsch Euro-Pfenge für ä ganzes Kilo Huhn, da drückt doch die emanzipierte Henne vor Wut den Bürzel zusammen! Und da das in den Augen der Politik so nicht mehr weitergehn soll, hat das dortige Landwirtschaftsministerium mit den Worten "Es gibt ein Überangebot an Hühnern. Das wollen wir reduzieren" an die Züchter appelliert, ihre Hühnereier in ner Größenordnung von 10 Millionen zu vernichten. Man vergisst aber dabei, dass ein Großteil der Bevölkerung mit paar Euro am Tag leben und auskommen muss. Am Donnerstag haben in Jakarta hunderte Hühnerzüchter vorm Präsidentenpalast protestiert und Hilfe von der Regierung verlangt. So, nu vergleichen wir mal die Lage mit Deutschland, Ei-nig Vaterland: Unser Land hat genügend finanzielle Möglichkeiten, um diesen Preisdruck einzudämmen, um Bauern wieder einen ertragreichen Sinn ihrer täglichen Arbeit zu geben und um diese Wegwerfmentalität (die wöchentlich vollen Biotonnen lügen nicht, auch grad nicht bei landläufig so bezeichneten unteren Gesellschaftsschichten) wenigstens auf ein erträgliches Maß zu drücken. Es geht uns nach wie vor gut, wir sehens nur nicht immer und wir verdrängen es mit manchmal viel zu wenig Sinn und Wissen um Ernährung. Wems nicht gut geht, sind die Küken, die Hühner und auch dem, der sie ab und zu tritt, damit das Ovale ausm Hinterteil kullert.


    Kikeriki - und damit entführ ich euch mal nach Frankreich...korrekt muss es ja dort eigentlich Cocorico heißen. An der Atlantikküste gibts ne wundervolle Insel, die auf den Namen Oléron hört. In den Herbst- und Wintermonaten sind die Ureinwohner mit 23.000 Leutchen quasi unter sich, in den Sommermonaten wird aus deren Heimat eine Ferieninsel mit dann durchaus über 200.000 dort wohnenden Menschen. Und so kam auch dieses Jahr wieder ein gut betuchtes Rentnerehepaar aus der Stadt auf die Insel, um sich in ihrer Eigentums-Ferienwohnung die Idylle des Landlebens gefallen zu lassen. Nach nem guten französischen Landwein schlummerte man sanft durch die Nacht, die Sonne kroch langsam über den Atlantik nach oben..."Cocorico, Cocorico, Cocorico!" - der gallischste aller gallischen Hähne, er hört auf den wohlklingenden Namen Maurice, begrüßte so wie immer auch diesen neuen Tag, der Stall für ihn und seine Frauen befindet sich paar Meter vom Schlafzimmer der zugezogenen Städter entfernt. Ja und denen passte das täglich wiederkehrende Morgenlied überhaupt nich, nee - sie wollten ihren städtisch ahnungslosen Trotzkopf durchsetzen und klagten gegen Hahn und Besitzerin, er müsse binnen 2 Wochen seinen Hühnerstall auf der Insel verlassen. Deren Anwalt gab zu Protokoll, seine Mandanten wollten "nur Ruhe und Frieden" und es handle sich schließlich "um eine Wohnsiedlung, wir sind hier nicht auf dem Land." Woran mich das alles nur erinnert - ich komm einfach nicht drauf. ;) Was folgte, war ein Aufschrei im Lande des französischen Wappentiers, allen voran die regulären Inselbewohner selbst. Die erschienen im Juli zur Gerichtsverhandlung mit ihren eigenen Hennen und Hähnen und forderten mit "Das Land lebt und macht Lärm - der Hahn auch" eine umfassende Solidarität mit Maurice ein.


    Damit aber nicht genug: Einem Bürgermeister, dem stellvertretend für viele Franzosen die vermehrte Klagewut der Städter gegen den ländlichen "Lärm" gewaltig aufs Baguette geht, stellte daraufhin beim Kulturministerium den Antrag auf "Schutz ländlicher Geräusche" und bekommt dabei nun auch Unterstützung in der Nationalversammlung. Jener Bürgermeister schrieb dazu noch einen offenen Brief an die mit "mehrheitlich städtischer Herkunft" aufs Land Ziehenden, welche "dort entdecken, dass Eier nicht auf Bäumen wachsen." :klatsch: Und einmal in Fahrt will er auch gleich noch das Einigen auch nich passende Läuten der Kirchenglocken schützen lassen "Wer Glocken angreift, greift ein ganzes Dorf an...Wenn ich in die Stadt fahre, verlange ich ja auch nicht, dass Ampeln und Autos entfernt werden." Man darf gespannt sein, wie weit man bei unseren Nachbarn bereit ist, das nationale Kulturerbe zu verteidigen. Maurice aber - der darf sich höchstrichterlich angeordnet auch weiterhin Morgen für Morgen das Gefieder putzen und sich schon mal die Weiber raussuchen, auf die er heute wieder rauf...und er darf nach Herzenslust krähen, sorry singen. Am Donnerstag entschieden die Richter nämlich, dass Hahnenschreie zum ländlichen Leben auf Oléron gehörten und deshalb nicht verboten werden könnten. Und Urlauber könnten den Bewohnern der Insel Oléron nicht ihre Ruhevorstellungen diktieren. Und so schreitet also Maurice vor den Stall, ölt seine Stimme und ruft ganz laut "Cocorico, Cocorico, Cocorico!" Dann stellt er sich breitbeinig wie CR7 vor seinen Hennen auf "Na, in welche Ecke soll der nächste Freistoß?" :anmach:


    Naja und bei Cojones...er sieht wahrlich nicht aus wie Christiano Ronaldo, aber er macht auf seine Art auch ganz gewaltig einen auf dicke Hose. Nur in einer derart rüpelhaften Weise - und mit ganz schlimmer Donald T.-Gedenkfrisur - dass er selbst in seinem Heimatland im Fußball längst vom Platz gestellt und geteert und gefedert ausm Stadion gejagd worden wäre. Sogar sein Bruder hat sich diese Woche gesagt "Was tut der Kerl bloß unsrer Familie an!" und ist zurückgetreten. Dieser vom Volk nicht gewählte Premier führt ein ganzes Land an der Nase herum, er gibt es auf vermutlich lange nicht mehr zu korrigierender Dauer der Lächerlichkeit Preis. Und das schon weit über ein Jahr, dies mit aberwitzigen Irreführungen in Richtung der Einwohner seines Landes. Diese Woche gabs nun für ihn auch mal ne Lehrstunde für Parlamentarismus und gelebte Demokratie, weil er bekam mal in aller Weltöffentlichkeit ordentlich paar auf die Nuss (sein Mitstreiter, Herr Rees-Mogg hat das leider gleich im Saal verpennt), man könnte es auch als parlamentarische Preisverleihung bezeichnen. Und keiner kann dafür eine bessere Laudatio halten, als Oliver Kalkofe höchstselbst (ab 2:18) mit "Gerade die dicksten Eier trifft man oft am Leichtesten".


    So, während die Wirtin grad noch bissl Petersilie auf mein dampfendes Bauernfrühstück streut, leer ich inzwischen mein Bierglas, bestell mir ein Neues und wünsch euch Ei-nen schönen Sonntag. Kikeriki, Cocorico und Gagagag - euer Herzblut. :winke:

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  • Mein Freund der Baum...


    Die ersten bunten Blätter burzeln von den Bäumen vor unsrer Stammkneipe und zwei Kinder sind eifrig damit beschäftigt, paar Eichenblätter und Kastanien einzusammeln. Das Herzblut begrüßt unsre Wirtin, bei ihr ist heute mal wieder hörbar Schlagersonntag der Sorte 60er und 70er Jahre, grad läuft bei ihr "Am Tag, als Conny Kramer starb". Unser Büttenredner kennt dazu auch noch nen anderen Text, er verkneift ihn sich aber innerlich schmunzelnd, es könnten ja auch königsblaue Knappen unsere Kneipe besuchen, man will ja schließlich gut zu seinen Gästen sein. :ohje: Das Bier ist wie immer sehr flüssig und beim Essen bestellen - heut gibts Hirschgulasch - trällerts aus den Lautsprechern "Schön ist es auf der Welt zu sein" und die Wirtin trällert mit dem Herzblut mal wieder schunkelnd mit. Ein älteres Ehepaar betritt mit nem Körbchen das Lokal, drauf liegt ein kleines Wischtuch. Das Herzblut hat schon ne leise Ahnung und geht zu den Beiden "Scheen gudn Daach, darf'sch ma reinlunzen, wieviel habt'ern gefunden?" Sie winken ab "Wird wohl nüschd mehr dieses Jahr" und er meint bei dem Anblick nur kurz "Macht euch nix draus, war bei mir diese Woche nich besser." Derweile erklingt diese schon von seinem Vater so verehrte Frauenstimme aus den Boxen "Mein Freund der Baum ist tot" Er setzt sich wieder und schüttelt traurig den Kopf "Ach Alexandra, da sachste was!" Hört ma, wenns denn bloß een Baum wär, aber...


    Diesen Mittwoch hatte ich nachmittags endlich mal wieder für mich Zeit und so gings mit der RB 29+1 zwei Stationen nach Flöha, wo mein heißgeliebter Struthwald mit seinen hoffentlich wieder zahlreichen Pilz-Bewohnern auf mich warteten. Unterwegs musste ich natürlich noch mal abbiegen, das Eis, ihr wisst schon...4 Kugeln wurden auch diesmal verhaftet. So gings gestärkt in Flöha die steile Nebenstraße hoch bis zum Wald. Dort angekommen sah ich schon von Weitem die vielen Holzstapel am Hauptweg und hatte ne innere Unruhe, wieviel Schneißen denn der Sachsenforst diiesmal wieder in den Wald getrieben hat. Ein erster prüfender Blick - is mein Baumstumpf am Eingang noch da und die Birke daneben auch? :schwitz: Luft holen, sie waren es beide noch und so wurde mein Rucksack auch diesmal dort abgestellt und die Wald- und Wanderbotten ausgepackt. Ein kräftiges Schlückchen aus der Wasserpulle und abergläubig wie ich bin, das Körbchen in die linke Hand und das alte DDR-Pilzmesser in die rechte und los gings...


    ...aber nicht so, wie all die Jahre vorher. Überall riesige Spurrinnen mit stinkendem Wasser drin, die Überreste von offenbar verstärktem Harvester-Einsatz in den letzten Wochen. Und überhaupt - überall nur noch rumliegende Äste, die vom schweren Gerät als Fahrbahn quer durch die Baumschonungen genutzt wurden und man bekam die leise Ahnung, da wird selbst in 10 Jahren noch nichts wieder wachsen. Dennoch ein erster Erfolg keine 50m weiter: Zwei kleine Birkenpilze und daneben ihr großer Kollege. Diesen hab ich dann so wie jedes Jahr als erste Trophäe fotografisch verewigt, das Bild wandert auch diesmal wieder in den Fotokalender für Muddi nächstes Jahr. Beim Putzen dann die Ernüchterung, der große Birkenpilz war fast komplett von Würmern zerfressen, wenigstens die 2 anderen waren Güteklasse A. Weiter gings und mein einst so herrlicher Weg wurde immer beschwerlicher, meine Fresse, was ham die mit dem Wald gemacht...


    Vor paar Wochen schlug der sächsische Umweltminister völlig zurecht ausgerechnet in der Nähe von Flöha Alarm: "In den sächsischen Wäldern spielt sich eine Katastrophe ab, die ihresgleichen sucht...Die Zeit läuft unerbittlich gegen uns." Da das Staatsunternehmen Sachsenforst mit der Beseitigung der aktuellen Waldschäden auch personell völlig überfordert ist, bat der Minister nun bei der Bundeswehr um Amtshilfe. Nach Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes ist dies mit technischer Unterstützung wie Unterbringung, Versorgung oder Transport auch möglich, die Kosten dafür trägt wie zu vernehmen der Freistaat. Wie konnte es zu dieser auch für mich sichtbaren Katastrophe kommen?


    Unsere Wälder sind nicht nur eine grüne Lunge, sie sind auch Gelddruckmaschinen für die Forstbetriebe, eigentlich. Ein guter Förster hat nicht nur aufs Wohl und Wehe von Damm-, Rot- und Schwarzwild zu achten, ab und zu mal "Peng" zu machen und sich anschließend nach "Sau tot" mit "Waidmanns Heil" belobhudeln zu lassen. Er hat auch für die gesunde Balance seines oder seiner Wälder zu sorgen und zwar auch mit den Baumbeständen. Nur leider betrachten einige Forstbetriebe, so auch in der Vergangenheit der Sachsenforst, die Wälder zuallererst als Wirtschaftswälder, danach kam bei nicht selten erst die Natur und die Reinigungsfunktion des Waldes. In und um Chemnitz war dies besonders mitzuerleben, es wurden riesige Schneißen in intakte Wälder geschlagen, Holz ist ja auch ein gut gehendes Baumaterial und zudem CO2-neutral. Die Folge davon waren das ungezügelte Treiben solcher Stürme wie Kyrill oder letztes Jahr Friederike, die verbliebenen Bäume hatten weniger Schutz und machten so die sprichwörtliche Mücke. Da verdienten die Forstbetriebe noch ordentlich dran...


    ...jetzt aber nicht mehr, man zahlt immer mehr drauf, weil die Holzpreise in den Keller gehn. Sehr viel Holz der Sturmschäden ist noch nichtmal abtransportiert, weil sowohl das Personal als auch die Technik in der benötigten Menge fehlen. Für die Renaturierung eines Waldes eigentlich ganz gut, wenn da bissl was liegenbleibt, aber nicht in den Mengen. Obendrauf hat man schon das zweite Jahr hintereinander mit bisher unbekannten Dürreperioden hier im Osten zu kämpfen, die einige Baumarten gar nicht gewohnt sind und die Gefahr von Waldbränden steigt und steigt. Wenns doch wenigstens wieder regelmäßiger regnete! Aber wie soll das Regenwasser im Wald bleiben, wenn die Waldwege mit Schotter immer häufiger derart verdichtet werden, dass sich das Wasser mit Sturzbächen seinen Weg ins nächste Dorf am Waldesrand sucht? Kein Wasser bedeutet in den Fichten kein Harz...und das freut nun wieder diesen nimmersatten Käfer, der seinen Namen von dem Ort hat, an dem er am liebsten wohnt, in der Borke. Und er frisst. Und vermehrt sich. Und frisst weiter. Und vermehrt sich...bis zu 3 Generationen werden so in einem Jahr groß - das hält der stärkste Baum nich aus. :(


    Und dafür rückte nun also auch die Bundeswehr mit ordentlich Personal und Technik in meinem naturellen Einzugsgebiet an und half, den immensen Schaden wenigstens nicht noch größer werden zu lassen. Hab mich letzte Woche mit nem Förster kurz unterhalten, der meinte mit traurigem Blick, aus den sächsischen Wäldern ist bei den Schäden über viele Jahre so gut wie nichts mehr rauszuholen. Die wichtigste Aufgabe der Förster und Forstbetriebe wäre hier jetzt das sinnvolle Wiederaufforsten von vermehrt auch wieder Mischwäldern und die Suche nach robusten und später trotzdem ertragreichen Baumarten. Aber auch da tut sich das nächste Problem auf, der Markt für Baumsetzlinge ist derzeit ziemlich leergefegt, auch das ist ne Geldfrage. Und dieses Geld will und muss nun auch länderübergreifend in die Hand genommen werden, nach vorsichtigen Schätzungen beläuft sich die derzeitige Summe auf etwa 2 Mrd. Euro. In der Politik hat man nach anfänglichem Kleinreden diese Naturkatastrophe nun vollumfänglich erkannt, so verabschiedeten vor Kurzem die Forstminister bei uns in Sachsen die "Moritzburger Erklärung“ und die Umweltministerin Fr. Klöckner lädt zum hoffentlichen Nägel mit Köpfen machen am 25. September zu einem Waldgipfel. Ja und bei Waldgipfel...auch ich war irgendwann am Gipfel angekommen, ein Blick auf die umliegenden Wälder - der gleiche traurig-deprimierende Anblick. Und der Pilzkorb war...bis auf noch 3 dazugekommene Maronen leer. Hatte ich noch nie mitten im September und auch den bisher so geliebten dichten Strutwald werde ich wohl nie mehr in der Form wiedererleben. Mein Freund der Baum ist tot, ich sah ihn liegen im Abendrot.


    Einen schönen Sonntag für euch und macht vielleicht auch mal wieder nen schönen Waldspaziergang. Solange er noch steht. Euer Herzblut. :cool2:

    Drei Buchstaben, zwei Farben, eine Gemeinschaft

    Pivotechnik ist kein Verbrechen
    :drink:


    Lerne Schweigen ohne zu Platzen

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