Der FC Carl Zeiss Jena steht vor dem finanziellen Aus, der Lizenzentzug droht, die Spielerflucht hat längst begonnen, manch Profi scheut nicht, Klartext zu reden.
Etwas verdutzt schaute Michael Gardawski schon, als er vor dem Spiel zur offiziellen Verabschiedung hervortreten sollte. Der Präsident und sein Adjutant kamen auf ihn zu, Carsten Sträßer musste den jungen Mann, der im Winter von Michael Born aus Köln geholt wurde, noch ermutigen, einen Schritt nach vorn zu machen, um den Blumenstrauß in Empfang zu nehmen. Gewusst hat er nämlich nichts davon, bis zu dieser Aktion der Vereinsspitze war für Gardawski das Kapitel FCC auch noch gar nicht beendet. "Ich fühle mich hier sehr wohl, bin gut aufgenommen worden und es hat Spaß gemacht, vor diesen Fans zu spielen. Wir haben den Kopf nie hängen lassen und können stolz sein auf das, was wir geleistet haben", sagt er. Gern hätte er das auch im kommenden Jahr weitergemacht - nur geredet hat keiner mit ihm. Stattdessen gibt es die unerwartete Verabschiedung.
Das passt ins Bild, das die Großkopferten derzeit abgeben. Zwischen Aufsichtsrat und Präsidium soll es tüchtig knistern, weil manch Aufsichtsrat gegen Rene van Eck als Trainer sein soll. Der beantwortete die Frage, ob er Trainer bleibe, mit einem vielsagenden "Vielleicht!". Er wolle wissen, welches Gesicht die Mannschaft im kommenden Jahr habe. Für ein Himmelfahrtskommando, bei dem er am Ende als Sündenbock herhielte, steht van Eck nicht zur Verfügung. Die stete Unruhe habe viel Kraft gekostet, auftanken will er über Pfingsten in der Schweiz mit seinen Kindern.
Zuvor steht am Dienstag die große Sponsorenversammlung an. Schon jetzt ist durchgedrungen, dass sich einige Geldgeber zusammentun wollen, um eine sofortige Neuwahl der Vereinsspitze zu fordern. Es wird den Töpel, Beyer und Co. schlicht nicht zugetraut, die Krise zu meistern.
Kontra bekommen die Bosse nun auch noch aus der Mannschaft. Tief enttäuscht zeigt sich auch Carsten Nulle über Indiskretionen der Verantwortlichen bezüglich seiner Freigabe für einen Vereinswechsel: "Grundsätzlich habe ich mich maßlos geärgert, dass es in der Zeitung gestanden hat. Es war ein vertrauliches Gespräch zwischen meinem Berater und der Vereinsspitze. Man hätte das diplomatischer lösen können, um dem Verein zu helfen. Wenn der FCC am Tropf hängt, kann man das besser machen. Mein Berater hat nicht geplappert." Nulles Quintessenz: "Die Lage ist nicht gut. Sie ist mehr als schlecht." Und ja, Carsten Nulle habe Angst um seinen FCC. "Im Berufsleben müssen Sie einen Plan haben, den müssen sie abarbeiten. Nicht, wenn es zu spät ist."
Ärgert Sie die Niederlage?
Ich bin enttäuscht. Wir wussten, wie es in Braunschweig steht, sind aber kopflos angerannt. Nach dem 1:0 hatten wir eine Phase, in der wir nicht gut gestanden haben. Halbzeit zwei war ein Spiegelbild dessen, wie wir in der Vorrunde manche Spiele bestritten haben.
Bleiben Sie in Jena?
Ich stehe hier unter Vertrag, will nach der Karriere in Jena leben, aber im Fußball geht es schnell. Die Spieler haben ihre Hausaufgaben gemacht, jetzt sind die Vereinsoberen dran.
Wurde mit den Spielern über die Lage gesprochen?
Ja. Da haben wir erfahren, dass sie mehr als schlecht ist.
Verstehen Sie, dass man Ihnen die Freigabe erteilt hat?
Ich habe mich maßlos darüber geärgert, etwas aus einem vertraulichen Gespräch zwischen meinem Berater und der Führung in der Zeitung zu lesen. Das hätte man diplomatischer lösen können, wenn man mich loswerden will.
Haben Sie andere Angebote?
Wir haben heute ein Spiel verloren...
Und haben Geld verschenkt.
Leider. Aber unsere Leistungen werden nicht gewürdigt: Wir gewinnen die Ostderbys, aber keiner kommt in die Kabine und zollt der Mannschaft Hochachtung. Wir haben in der Rückrunde nur dreimal verloren.
Offen ist auch, in welcher Klasse der FCC 2010/2011 überhaupt spielt. Dass man tatsächlich freiwillig in die Regionalliga will, die Lizenz zurück gibt, wie im Umfeld zu hören war, kann wohl nicht ernsthaft gemeint sein. Dagegen ist das Beispiel Kickers Emden schon bedrohlicher. Die Ostfriesen schlossen die Saison 2008/09 mit 59 Punkten auf Platz sechs ab kurz danach schickte der DFB Emden in die Oberliga der Verein war pleite.